Corona-Virus: Mit Mundschutz ins Meeting

Die Sorge um das Corona-Virus treibt die Menschen um. Dies gilt nicht nur im privaten Bereich, sondern auch auf dem Arbeitsplatz. So manch ein Arbeitgeber fragt sich, welche Sicherungsmaßnahmen er treffen kann oder sogar muss.

Kann „Quarantäne“ durch Homeoffice angeordnet werden?
Eine typische Weisung seitens des Arbeitgebers kann lauten: „Außendienstmitarbeiter, die aus Risikogebieten zurückkehren, arbeiten die nächsten 14 Tage im Homeoffice.“
Dieser Weisung muss der betroffene Arbeitnehmer dann nachkommen, wenn in dem Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem anwendbaren Tarifvertrag das Recht auf Anordnung von Homeoffice geregelt ist. Existiert eine derartige Bestimmung nicht, ist eine Versetzung ins Homeoffice vom gesetzlichen Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt. So jedenfalls die geltende Rechtslage (siehe etwa das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg  – Az. 17 Sa 562/18).
Nach hier vertretener Ansicht muss jedoch etwas anderes gelten, wenn die Weisung erforderlich ist, um gefährliche Infektionskrankheiten zu verhüten oder zu bekämpfen. So erlaubt das Infektionsschutzgesetz den zuständigen Gesundheitsbehörden die Absonderung (Quarantäne) von infektiösen oder vermutlich infektiösen Personen. Diese Absonderung soll so lange aufrechterhalten werden, bis der Verdacht geklärt ist oder von dem Erkrankten keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht. Problematisch an dieser Stelle ist zunächst, dass Arbeitgeber keine Gesundheitsbehörden im Sinne des Infektionsschutzgesetzes sind und weiterhin in der Regel (noch) nicht wissen, ob der betroffene Außendienstmitarbeiter infiziert ist oder nicht. Demnach hätte die Weisung präventiven Charakter. Der Arbeitgeber kann an dieser Stelle die zuständige Gesundheitsbehörde konsultieren und das weitere Vorgehen abstimmen. Weiterhin kann der Arbeitgeber argumentieren, dass er nach der sog. Fürsorgepflicht gem. §§ 242 Abs. 2, 618 BGB zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen und zur Risikoeliminierung verpflichtet ist. Diese Fürsorgepflicht gilt auch gegenüber dem Rest der Belegschaft. Bei Infektionserkrankungen wie dem Corona-Virus, welches hochansteckend und schlecht behandelbar ist und einen schwereren Krankheitsverlauf haben kann, wird man nach hier vertretener Ansicht dem Arbeitgeber daher zugestehen müssen, dass er präventiv Homeoffice anordnen darf. Dazu muss er jedoch auch die notwendige technische Ausstattung dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellen. Sollte es an der technischen Ausstattung mangeln, wäre eine andere Möglichkeit, den betroffenen Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen und, unter Hinweis auf die hohe Infektionsgefahr, ein ärztliches Attest zu verlangen. Der Arbeitnehmer ist allerdings nicht verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung zu dulden. Wir verweisen diesbezüglich auf unseren Beitrag „Der Beschäftigte will nicht zum Betriebsarzt – was nun?“

Darf ich Händeschütteln, Umarmungen oder Begrüßungsküsschen verbieten?
Ja. Das Verbot wäre als Weisung des Arbeitgebers einzuordnen. Diese Weisung muss dem „billigen Ermessen“ entsprechen, d.h. der Arbeitgeber muss ein berechtigtes Interesse an der Weisung haben und die Abwägung der evtl. gegensätzlichen Interessen (betriebliche Interessen und Interessen der Beschäftigten) darf nicht unverhältnismäßig sein. In Ansehung dessen darf der Arbeitgeber Hygiene-Maßnahmen anordnen, die sinnvoll und geeignet sind und die Beschäftigten nicht übermäßig beeinträchtigen. Etwa 80 % aller Infektionskrankheiten werden laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Hände übertragen. Das Verbot von Händeschütteln, Umarmungen oder Begrüßungsküsschen stellt daher grundsätzlich eine Maßnahme dar, welche das Infektionsrisiko senken kann. Auch hier kann sich der Arbeitgeber auf seine Fürsorgepflicht gem. §§ 242 Abs. 2, 618 BGB berufen. Eine evtl. Beeinträchtigung der Beschäftigten muss hinter dem Interesse (= Senkung des Infektionsrisikos) zurückstehen.


Muss ich meinen Beschäftigten einen Mundschutz stellen?

Ein Mundschutz ist eine sog. persönliche Schutzausrüstung (PSA). Welche PSA erforderlich ist, wird durch
die Gefährdungsbeurteilung bzw. die erforderlichen Schutzmaßnahmen ermittelt. Beim berufsbedingten Umgang mit Viren regeln die BioStoffV und die technischen Regeln zu biologischen Arbeitsstoffen (TRBA), welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind, hier spielen insbesondere die TRBA 250 und die TRBA 100 eine große Rolle.
In der Regel ist der Mundschutz als persönliche Schutzausrüstung nur in bestimmten Branchen, wie z.B. in Krankenhäusern erforderlich. Erfordert die berufliche Tätigkeit an sich keine persönliche Schutzausrüstung in Form eines Mundschutzes, muss der Arbeitgeber auch keinen stellen. Dies gilt vor allem für Branchen, bei welchen die Beschäftigten während der Ausübung ihrer Tätigkeit keiner größeren Gefahr durch das Corona-Virus ausgesetzt sind, als im Privatleben.

 
Ein Arbeitnehmer ist erkrankt – was ist zu tun?

Aufgrund der Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um ein Infektionsrisiko anderer Mitarbeiter auszuschließen. Diese Maßnahmen können sein:
•    Konsultation des Betriebsarztes
•    Kontaktaufnahme mit der zuständigen Gesundheitsbehörde
•    Unterweisung/Aufklärung der Beschäftigten über typische Krankheitssymptome
•    Desinfektionsmittel in den Toiletten aufstellen
•    Anweisungen über richtiges Händewaschen anbringen
•    Ärztliche Untersuchung von Beschäftigten, die mit erkrankten Kollegen in Kontakt gekommen sind
•    Freistellung von Beschäftigten, die mit erkrankten Kollegen in Kontakt gekommen sind
bzw. das Anordnen der „Homeoffice-Quarantäne“
•    Vorübergehende Schließung des Betriebes.

Kann ich verlangen, dass meine Beschäftigten im Falle einer Betriebsschließung Urlaub nehmen?
Die Anordnung von Betriebsferien und dem damit einhergehenden Verbrauch von Urlaubstagen ist dem Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Zunächst sind sog. dringende betriebliche Belange im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BurlG erforderlich, hinter denen der individuelle Urlaubsanspruch des Beschäftigten zurückstehen muss. Weiterhin darf der Arbeitgeber nicht den kompletten Jahresurlaub als Betriebsurlaub anordnen und damit festlegen. Das Bundesarbeitsgericht hat eine 3/5 Regelung (3/5 des regulären Jahresurlaubs für Betriebsferien und 2/5 für individuellen Urlaub) als grundsätzlich angemessen erachtet. Allerdings ist die Anordnung von Betriebsferien nur mit einer angemessenen Ankündigungsfrist möglich. Diese Ankündigungsfrist wird in Fällen der kurzfristigen Betriebsschließung wegen Infektionsgefahr nicht zu wahren sein. Sind Sie also gezwungen, Ihren Betrieb kurzfristig zu schließen, wird dies die Urlaubsansprüche Ihrer Beschäftigten nicht berühren.


Kann ich weiterhin Dienstreisen ins Ausland anordnen?

Die Weisung, Dienstreisen im Ausland anzutreten, ist grundsätzlich möglich, wenn sich der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet hat, Dienstreisen ins Ausland und Tätigkeiten im Ausland wahrzunehmen. Unter bestimmten Umständen können sich Arbeitnehmer allerdings sanktionslos weigern, die Dienstreise  anzutreten. Die Weigerung des Arbeitnehmers ist möglich, wenn die Weisung des Arbeitgebers nicht dem „billigen Ermessen“ entspricht, etwa weil die Dienstreise mit einer erheblichen Gefährdung des Arbeitnehmers einhergehen würde. Eine erhebliche Gefährdung ist anzunehmen, wenn für das Ziel der Dienstreise eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt, wie dies z.B. derzeit für Wuhan und andere Städte der Provinz Hubei, der Fall ist.

Weitere Informationen zum Umgang mit dem Corona-Virus finden Sie unter:

Empfehlung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

https://www.baua.de/DE/Angebote/Aktuelles/Meldungen/2020/2020-02-19-Coronavirus.html

Antworten auf häufig gestellte Fragen zum neuartigen Coronavirus
https://www.infektionsschutz.de/fileadmin/infektionsschutz.de/Downloads/Merkblatt-Infektionsschutz-Coronavirus.pdf

Reisewarnungen
https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/10.2.8Reisewarnungen

Ermittlung der zuständigen Gesundheitsbehörde

https://tools.rki.de/plztool/