LAG Düsseldorf: Deutliche Kritik an Personalabteilung bei berechtigtem Anlass kein Kündigungsgrund

LAG Düsseldorf, 04. Februar 2020, Az. 8 Sa 483/19

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) hat in dem Rechtsstreit u.a. entschieden, dass eine deutliche Kritik von einem Mitarbeiter an der Personalabteilung in Form einer internen Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand bei berechtigtem Anlass kein Kündigungsgrund ist. 
Relevanz: Das Urteil ist sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von Interesse, wenn Arbeitnehmer mittels interner Dienstaufsichtsbeschwerden Kritik an der Personalabteilung üben und die Arbeitgeber diese im Anschluss deswegen kündigen wollen. 
Hintergrund: Ein Arbeitnehmer (Straßenbahnfahrer) eines Nahverkehrsunternehmens erlitt 2017 während der Arbeit einen Unfall, bei dem er verletzt wurde und seitdem arbeitsunfähig erkrankt war. Eine Tätigkeit als Straßenbahnfahrer kam danach dauerhaft nicht mehr in Betracht. Er ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. 
Der Arbeitnehmer verlangte von seinem Arbeitgeber Ende 2018 die Bezahlung von Mehrarbeitsstunden aus dem Jahr 2017. Anfang März 2019 wurde ihm eine Auszahlung zugesagt. Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte, rief der Arbeitnehmer eine Mitarbeiterin der Personalabteilung an und verlangte die Auszahlung noch am selben Tag. Die Mitarbeiterin teilte mit, dass sie dies mit einem anderen Mitarbeiter abklären müsse. Darauf ließ sich der Arbeitnehmer nicht ein, sondern fragte, was denn passieren würde, wenn der andere Mitarbeiter sterbe; dann müsse ja jemand anderes die Entscheidung treffen. Erhalte er keine Rückmeldung, dann würde er am gleichen Tag Dienstaufsichtsbeschwerde erheben. Am Abend desselben Tages reichte der Mitarbeiter bei seinem Arbeitgeber Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiterin der Personalabteilung und den stellvertretenden Leiter der Personalabteilung ein. Darin stellte er den Sachverhalt der nicht bezahlten Mehrarbeit dar und wies auf eine – aus seiner Sicht mögliche – Strafbarkeit wegen Untreue hin. Im April 2019 bezahlte der Arbeitgeber die Überstunden.
Nach Beteiligung von Inklusionsamt, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zunächst fristlos und anschließend ordentlich. 
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat in erster Instanz u.a. entschieden, dass die Kündigung unwirksam sei. Das LAG hat in der mündlichen Verhandlung der zweiten Instanz mitgeteilt, dass die Berufung des Arbeitgebers keine Erfolgsaussichten habe. Es habe für den Arbeitnehmer ein berechtigter Anlass bestanden, sich über seine Vorgesetzten zu beschweren. Dies durfte er grundsätzlich in Form der internen Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand machen und musste nicht den gerichtlichen Klageweg beschreiten. Es war eindeutig erkennbar, dass es dem Arbeitnehmer wertend um den Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung gegangen sei und nicht darum, Vorgesetzte wider besseren Wissens einer Straftat zu bezichtigen. Aufgrund der rechtlichen Einschätzung des LAG haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich beendet. Ein Urteil des LAG erging somit nicht.