Bauplanungsrechtliche Hürden für PV-Freiflächenanlagen im Gewerbe- und Industriegebiet
Wollen Industrieunternehmen ihr Versorgungskonzept durch eine PV-Freiflächenanlage in unmittelbarer Nähe zum Produktionsstandort ergänzen, können sich bauplanungsrechtliche Schwierigkeiten aufgrund der Festsetzungen eines Gewerbe- oder Industriegebietes ergeben.
Viele unserer Industriemandanten möchten – z.B. angesichts der steigenden Energiepreise bei Netzbezug oder einer zunehmend ökologischen Ausrichtung – ihr Versorgungskonzept durch eine PV-Anlage ergänzen. Hierbei werden oft am Rande von Betriebsgeländen liegende Brach- oder Ackerflächen ins Auge gefasst, die Platz für großflächige PV-Freiflächenanlagen bieten.
Die Errichtung von großen Freiflächen-PV-Anlagen ist – anders als Windenergieanlagen – im baurechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB generell nicht privilegiert. Daher sind Industrieunternehmen, die PV-Freiflächen-Anlagen errichten wollen, in der Regel darauf angewiesen, dass ein geeigneter Bebauungsplan vorliegt. Im idealtypischen Fall setzt der Bebauungsplan gem. §§ 30 Abs. 1; 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. §§ 1 Abs. 2, 3; 11 Abs. 2 BauNVO Sondergebiete für PV fest.
Ist dies nicht der Fall, so stellt sich die Frage, ob eine Freiflächen-PV dennoch ohne entsprechende Flächenausweisung als Sondergebiete oder B-Plan-Änderung in einem ausgewiesenen Gewerbe- oder Industriegebiet genehmigt werden kann. Dies ist seit langem umstritten und wird je nach Kommune sehr unterschiedlich gehandhabt. Einige Genehmigungsbehörden haben in der Vergangenheit Freiflächen-PV-Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten als gänzlich unzulässig eingestuft.
Andererseits haben erfreulicherweise einige Urteile in den letzten Jahren eine Zulässigkeit von PV-Freiflächenanlagen auch ohne Sondergebietsausweisung angenommen: u.a. VGH München (Az.: 15 CS 10.2432), OVG Bautzen (Az.: 1 B 254/12), VG Schwerin (Az.: 2 A 661/13) und VG Halle (Az.: 2 B 217/19 HAL).
Vom VGH München, OVG Bautzen und VG Schwerin werden freistehende PV-Anlagen als „Gewerbebetriebe aller Art“ eingeordnet. Wenn also der Bebauungsplan ein Gewerbe- (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) oder Industriegebiet (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) festsetzt und bei der „Art der baulichen Nutzung“ „Gewerbebetriebe aller Art“ für zulässig erachtet, kann die Freiflächen-PV ohne Planänderung genehmigt werden. Nach dem VG Schwerin gilt dies selbst dann, wenn in einem anderen Baufeld desselben Bebauungsplans ausdrücklich Flächen für Photovoltaikanlagen festgesetzt sind! Dies ist begrüßenswert, zumal der Betrieb einer PV-Anlagen regelmäßig bspw. auch Gewerbesteuerpflichten auslösen kann.
Zum Tragen kommt diese Auffassung auch im § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) EEG 2017/2021. Dieser regelt, dass Freiflächen-PV-Anlagen in Gewerbe- oder Industriegebieten einen Anspruch auf Förderung nach dem EEG haben und setzt damit implizit die Zulässigkeit der Errichtung in diesen Gebieten voraus.
Auch das VG Halle geht ebenso wie die vorgenannten Urteile davon aus, dass eine Freiflächen-PV unter den Begriff „Gewerbebetriebe aller Art“ fällt. Allerdings stellte es dennoch die Unzulässigkeit der PV-Anlage in dem konkret zu entscheidenden Fall fest, weil der gegenständliche Bebauungsplan eben nicht von „Gewerbebetrieben aller Art“ spricht, sondern in einer Anlage ganz konkrete Vorhaben nennt.
Ein weiteres starkes Argument für die Zulässigkeit auch in weniger eindeutigen Fällen dürfte außerdem dann vorliegen, wenn im jeweiligen Bundesland bereits eine PV-Pflicht für Neu- und/oder Bestandsbauten gesetzlich geregelt ist. Denn was der Gesetzgeber vorgibt, kann durch den untergesetzlichen Bebauungsplan in Form der Satzung nicht ohne Weiteres verhindert werden.
Unternehmen, die aktuell in einem Gewerbe- oder Industriegebiet Freiflächen-PV-Anlagen planen, sollten sich daher zunächst die Festsetzungen im geltenden Bebauungsplan genau anschauen. Sollte diese nicht eindeutig sein, weil eben kein Sondergebiet PV oder die Zulässigkeit von „Gewerbebetrieben aller Art“ festgesetzt ist, unterstützen wir Sie gern!
Autorin: Dr. Franziska Lietz