BGH: Zur Frage der EEG-Umlage-Zahlungsverpflichtung nach EEG 2012 bei unentgeltlicher Weitergabe von Strom

Urteil vom 3. März 2020, Az.: XIII ZR 6/19

In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber und drei rechtlich selbständigen Unternehmen der als Care-Energy agierenden Gruppe, die verschiedene Leistungen im Energiebereich anbot, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass dasjenige Unternehmen, das Letztverbrauchern Strom liefert und sich gegenüber diesen Letztverbrauchern vertraglich dazu verpflichtet hat, ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist und daher dem Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage schuldet.

Relevanz: Das Urteil enthält neben einer trickreichen und am Ende doch nicht funktionierenden Konstellation, die auf die Umgehung der EEG-Umlage-Zahlungsverpflichtung ausgelegt war, einige interessante Klarstellungen des BGH zu der Frage, ob die Unentgeltlichkeit einer Stromweitergabe Auswirkung auf die Frage hat, ob nach EEG 2012 eine EEG-Umlage belastete Lieferung von Strom vorliegt oder von einem Selbstverbrauch ausgegangen werden kann.

Hintergrund:
Die aufgrund der im Jahr 2017 angemeldeten Insolvenz zwischenzeitlich bereits abgewickelte Care-Energy-Gruppe war ursprünglich als Anbieter für Billigstrom tätig. Mit fragwürdigen Geschäftsmodellen, die – wie auch im hiesigen Verfahren – darauf ausgerichtet waren, die Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage zu umgehen, stand die Care-Energy-Gruppe immer wieder in der Kritik und waren Gegenstand behördlicher und gerichtlicher Verfahren.

Dem hiesigen Verfahren vor dem BGH lag ein Lieferverhältnis im Zeitraum Juni 2013 bis Juli 2014 zu Grunde. Dieses gestaltete sich derart, dass eine Gesellschaft der Care-Energy mit ihren Kunden – überwiegend Privathaushalten – keine üblichen Stromlieferungsverträge, sondern Verträge über die Versorgung mit Licht, Kraft, Wärme und Kälte schloss. Diese bezeichnete sie zusammenfassend als Nutzenergie. Über eine Beistellungsvereinbarung mit den Kunden über die bei ihnen vorhandenen elektrischen Geräte beabsichtigte die Care-Energy-Gesellschaft als Betreiberin der Geräte anzusehen zu sein, mittels der sie Strom in Nutzenergie umwandelt.

Der Übertragungsnetzbetreiber vertrat die Auffassung dass dieses Geschäftsmodell als „Schein-Contracting“ zu werten sei und erhob Klage gegen die Care-Energy und verlangte die Nachzahlung der EEG-Umlage für die im Juni 2013 bis Juli 2014 an Letztverbraucher gelieferten Strommengen nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 EEG 2012. Nach dieser Regelung können die Übertragungsnetzbetreiber von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefert, anteilig zu dem gelieferten Strom die EEG-Umlage verlangen, wobei der Anteil so zu bestimmen ist, dass jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen für jede von ihm an einen Letztverbraucher gelieferte kWh Strom dieselben Kosten trägt.

Auch nach Auffassung des BGH zielte das Geschäftsmodell der Care-Energy darauf ab, die EEG-Umlage zu vermeiden. Zu diesem Zwecke hatte die Care-Energy zum einen ein undurchsichtiges Mehrpersonenverhältnis ausgestaltet und zum anderen die Versorgungsverträge mit Haushaltskunden derart ausgestaltet, dass der Anschein erweckt wurde, die Vertragsleistung bestehe nicht in der Stromlieferung, sondern in einem Aliud, nämlich der Umwandlung von elektrischer Energie in Nutzenergie.

Im März diesen Jahres hat der BGH zu Gunsten des Übertragungsnetzbetreiber geurteilt und in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die von § 37 Abs. 2 EEG 2012 verwendete Formulierung „Liefern an einen Letztverbraucher“ nicht zwingend ein Vertragsverhältnis in Form eines Kaufvertrags zwischen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und dem den Strom verbrauchenden Abnehmer voraussetzt. Vielmehr seien im allgemeinen wie im juristischen Sprachgebrauch auch rein tatsächliche Transport- und Übergabevorgänge als Lieferung zu bezeichnen. Auch die Gesetzessystematik zwinge nicht zu der Interpretation, dass Lieferant im Sinne des § 37 Abs. 2 EEG 2012 ausschließlich ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen sein kann, welches mit dem Letztverbraucher einen entgeltlichen Stromlieferungsvertrag geschlossen hat. Eine entsprechende Definition des Begriffs des Lieferns enthalte weder das EEG 2012 noch das EnWG. Zwar definiert das EnWG den Begriff des Letztverbrauchers in § 3 Nr. 25 EnWG bereits 2014 – und bis heute in diesem Punkt unverändert – als „natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen“, was der Definition der Endkunden in der Elektrizitätsrichtlinie (RL 2009/72/EG) entspricht. Diese Definition sagt aber nach Auffassung des BGH nichts darüber aus, ob als Stromlieferant im Sinne des EEG 2012 nur ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Betracht kommt, welches den Letztverbrauchern elektrische Energie verkauft