BGH: Zusammenfassung von Windenergieanlagen in Windparks

Urteil vom 14.7.2020, Az. XIII ZR 12/19

In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen dem Betreiber einer Windenergieanlage und einem Netzbetreiber hat der Bundesgerichtshof (BGH) u.a. entschieden, dass Windenergieanlagen in einem Windpark sich in der Regel in unmittelbarer räumlicher Nähe im Sinne des EEG zueinander befinden.

Relevanz:
Das Urteil ist für Betreiber von Windenergieanlagen und Netzbetreiber von Interesse, wenn sich in Windparks mehrere Windenergieanlagen befinden, die zusammengefasst eine installierte Leistung von mehr als 3 MW haben.

Hintergrund:
In einem Windpark befinden sich insgesamt zehn Windenergieanlagen. Der Windpark wurde von demselben Projektierer erstellt, von gesellschaftsrechtlich miteinander verbundenen Unternehmen betrieben und der erzeugte Strom wird gemeinsam über das Einspeiseumspannwerk eines anderen Windparks in das Stromnetz des Netzbetreibers eingespeist. Zu dem Windpark gehören u.a. die seit 2016 betriebene Windenergieanlage des o.g. Betreibers (WEA 10) und eine von einem anderen Betreiber betriebene Windenergieanlage, die Ende 2015 in Betrieb genommen wurde (WEA 9). Die beiden Windenergieanlagen verfügen je über eine Nennleistung von 2,2 Megawatt und befinden sich in einer Entfernung von 614 m auf zwei verschiedenen Grundstücken.

Der Netzbetreiber rechnete die von der WEA 10 in das Stromnetz eingespeisten Strommengen monatlich unter Zugrundelegung der jeweils aktuellen Marktprämie ab. Da der am Spotmarkt für elektrischen Strom gezahlte Börsenpreis mehrfach für über sechs Stunden negativ war, reduzierte der Netzbetreiber für die in diesen Zeiträumen eingespeisten Strommengen die Marktprämie auf null. Nach Auffassung des Netzbetreibers waren die WEA 9 und WEA 10 zusammenzufassen, so dass die Anlagen eine installierte Leistung von mehr als 3 MW hatten.

Gegen diese Zusammenfassung und den damit verbundenen Wegfall der EEG-Vergütung wehrte sich der Betreiber der WEA 10, da nach seiner Auffassung die Voraussetzungen einer Anlagenzusammenfassung der beiden Windenergieanlagen nicht vorgelegen hätten.

Nachdem der Betreiber der WEA 10 in den Vorinstanzen noch obsiegt hat, wurde diese Entscheidung vom BGH aufgehoben und der Netzbetreiber hat Recht bekommen. Nach Auffassung des BGH sind die WEA 9 und die WEA 10 in entsprechender Anwendung von § 32 Abs.1 S. 1 EEG 2014 und § 24 Abs.1 S. 1 EEG 2017 als eine Anlage anzusehen, so dass ihre installierte Leistung daher 4,4 Megawatt beträgt. Der BGH setzt sich in seiner Entscheidung umfassend mit dem Begriff der „unmittelbaren räumlichen Nähe“ auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Anlagen WEA 9 und WEA 10 in eben dieser unmittelbaren räumlichen Nähe zueinander befinden, da sie auf einem zusammenhängenden Areal errichtet worden sind, auf dem sich eine Mehrzahl von Windenergieanlagen befindet, die eine gemeinsame technische Infrastruktur, insbesondere ein gemeinsames Umspannwerk und einen gemeinsamen Verknüpfungspunkt mit dem Netz des Stromnetzbetreibers, nutzen. Nach Auffassung des BGH ist für eine unmittelbare räumliche Nähe nicht erforderlich, dass sich die Anlagen in direkter Nachbarschaft befinden und sich zwischen ihnen keine anderen zu dem Windpark gehörenden Generatoren oder Infrastruktureinrichtungen befinden.