Die Energiepreiskrise und die Folgen: Insolvente Energieversorger
Im Jahr 2021 sind aufgrund der drastischen Veränderungen im Energiemarkt bereits einige Energieversorger in die Knie gegangen, weitere könnten folgen. Was Industrieunternehmen wissen sollten.
Manchmal hat der Energiekunde schon zuvor mitbekommen, dass der Lieferant in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Oft kommt die Ankündigung eines zeitnahen Belieferungsstopps jedoch gänzlich überraschend für ein Industrieunternehmen.
Im Falle der Versorgerinsolvenz fallen Haushaltskunden und kleine Gewerbebetriebe, die in Niederspannung oder Niederdruck angeschlossen sind, erst einmal in die Ersatzversorgung durch den sog. Grundversorger. Nur im Haushaltskundenbereich sind hierbei die Preise gedeckelt, d.h. für gewerbliche Kunde kann die Ersatzversorgung direkt sehr teuer werden.
Typische Industrieunternehmen sind allerdings in der Regel auf höheren Netzebenen, z.B. in Mittelspannung angeschlossen, wo es keine Ersatzversorgung gibt. Bei Belieferungsstopp können diese daher genau genommen überhaupt keinen Strom oder Erdgas mehr aus dem Netz beziehen, der Netzbetreiber kann insoweit sogar den Anschluss sperren.
Folglich heißt es, schnell einen neuen Versorger zu finden. Der Nachteil ist, dass aufgrund der zeitlichen Bedrängnis und der andauernden Energiepreiskrise der Verhandlungsspielraum für das Industrieunternehmen regelmäßig gering ist. In vielen Fällen entsteht also ein deutlicher Schaden durch den überstürzten Versorgerwechsel, der – wie die Praxis zeigt – sogar Millionenhöhe annehmen kann.
Wo ein Schaden ist, besteht oft auch ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten. Diesen gegenüber einem insolventen Unternehmen bzw. dessen Insolvenzverwalter durchzusetzen, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber anspruchsvoll.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass bestimmte energierechtliche Privilegien, z.B. individuelle Netzentgelte oder die Konzessionsabgabenrückerstattung oftmals in beide Richtungen über den Versorger abgewickelt werden. Ist dieser nun insolvent, ist darauf zu achten, dass der Erstattungsbetrag nicht vom Netzbetreiber an den Versorger ausgezahlt wird und damit in die Insolvenzmasse fällt. Hinsichtlich der Erlangung der Rückerstattung ist dann Verhandlungsgeschick gegenüber Netzbetreiber und Insolvenzverwalter gefragt, wobei das zu gebotene Vorgehen (Anspruch gegen Netzbetreiber, Abkaufen der Forderung oder Feststellungsklage) von der konkreten Konstellation im Einzelfall abhängt.
Autorin: Dr. Franziska Lietz