EnWG-Novelle 2021 – Neue vertriebliche Vorgaben
Die EnWG-Novelle 2021 ist Ende Juli in Kraft getreten und hat unter anderem einige wesentliche Änderungen für die Tarifgestaltung und die Anforderungen an Verträge und Rechnungen im Strom- und Gasbereich zur Folge.
Gegenstand der umfangreichen Novelle ist neben der Regulierung der Wasserstoffnetze (RGC berichtete) oder neuen Entflechtungsvorgaben für den Betrieb von Ladeinfrastruktur eine Vielzahl von Neuerungen für Strom- und Gasrechnungen sowie Energielieferverträge mit Letztverbrauchern. Die Regelungen in den §§ 40 ff. EnWG wurden umfassend erneuert und durch sehr detaillierte Vorgaben ergänzt. Hintergrund sind u.a. die Umsetzung der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (Richtlinie EU 2019/944) und Vorgaben zum Verbraucherschutz. Im Einzelnen:
Strom- und Gasrechnungen (§§ 40 ff. EnWG n.F.): Energielieferanten müssen die Verbrauchsermittlung bzw. dessen Darstellung und die Rechnungsinhalte an die neuen Vorgaben anpassen. Vorgeschrieben sind auch weitere Angaben in der Rechnung, wie z.B. Angaben zur Kontaktaufnahme, insbesondere der Kunden-Hotline, die Verbrauchsstellendetails, Vertragsdauer, Zählerstände und Vergleiche des bisherigen Verbrauchs (auch grafisch). Letztverbraucher haben zudem Anspruch auf regelmäßige kostenlose Übermittlung ihrer Verbrauchsdaten bzw. auf die Möglichkeit, elektronisch ihre Verbrauchshistorie einzusehen oder ihre Rechnung elektronisch übermittelt zu bekommen.
§ 40c EnWG n.F. regelt den Zeitpunkt und die Fälligkeit von Strom- und Gasrechnungen. Der Fälligkeitszeitpunkt wird vom Energielieferanten selbst bestimmt, tritt jedoch frühstens zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung ein. Der Energielieferant ist zudem verpflichtet, dem Letztverbraucher spätestens sechs Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraums/nach Beendigung des Lieferverhältnisses eine Rechnung auszustellen und ein mögliches Guthaben zu verrechnen oder auszuzahlen. Dies entsprach auch bisher schon einer weit verbreiteten Praxis, wurde aber nun einheitlich und verbindlich für alle Lieferverhältnisse geregelt.
Auch die Regelung zu den Inhalten und Anforderungen an Energielieferverträge mit Letztverbrauchern (§ 41 EnWG n.F.) wurde umfassend verändert. So enthält die Neuregelung neben einem umfassenden Katalog erforderlicher Inhalte und Angaben u.a. Vorgaben dazu, ob und wie Energielieferanten die Preise oder Vertragsbedingungen einseitig anpassen dürfen.
Die einschneidendste Neuerung ist in § 41a EnWG n.F. zur Gestaltung der Stromtarife zu finden. Denn darin werden Stromlieferanten verpflichtet, lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife (dynamische Tarife) anzubieten. Damit erhofft man sich Anreize für Energieeinsparungen zu setzen bzw. Anreize zur netzdienlichen Nutzung in Bezug auf die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien. Eine Pflicht zum Angebot von dynamischen Stromtarifen trifft die Stromlieferanten, die bis zum 31. Dezember eines Jahres mehr als 200.000 Letztverbraucher beliefern. Ab 2022 trifft diese Pflicht dann auch Lieferanten mit mehr als 100.000 Letztverbrauchern.
Weitere umfangreiche ergänzende Vorgaben sind daneben für Energielieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung aufgenommen worden. Neu ist hier u.a., dass die Bundesnetzagentur dafür sorgen muss, dass Haushaltskunden und Kleinstunternehmen (unter 100.000 kWh/Jahr) ein unabhängiges Vergleichsinstrument für den Vergleich von Stromlieferanten und -tarifen zur Verfügung steht (§ 41c EnWG n.F.).
Zudem wurde noch die Pflicht zur Stromkennzeichnung in Rechnungen an Letztverbraucher leicht angepasst; teilweise ist neben dem Gesamtenergieträgermix dann ggf. auch der Unternehmensverkaufsmix auszuweisen. Die jährliche Meldepflicht des Energieträgermixes an die BNetzA ist unverändert geblieben.
Schließlich wurden mit § 42a EnWG n.F. noch Vorgaben für die Lieferung von Mieterstrom festgeschrieben.
Autoren: Tanja Körtke (RGC)
Katharina Lakisa (RGC)