EuG: Nord-Stream-Klagen gegen Änderung der Gasrichtlinie unzulässig
Beschlüsse vom 20. Mai 2020, Az.: T-530/19 und T-526/19 In dem vorstehenden Klageverfahren der Betreiber der Gasfernleitungen Nord Stream 1 und 2 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klagen gegen die Änderung der Gasrichtlinie 2009/73/EG als unzulässig abgewiesen, da die Betreiber der Gasfernleitungen durch die Richtlinie nicht unmittelbar betroffen seien. Erst durch die Umsetzung in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten werden die Betreiber der Gasfernleitungen den Verpflichtungen aus der geänderten Richtlinie unterworfen. Zudem steht es den Mitgliedsstaaten bzw. den nationalen Regulierungsbehörden frei unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von einigen Vorschriften der geänderten Richtlinie, etwa für die neuen großen Gasinfrastrukturen oder für Gasfernleitungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, die bereits vor in Kraft treten der Änderungsrichtlinie am 23. Mai 2019 fertiggestellt waren, zu gewähren.
Relevanz: Die Umsetzung der Vorgaben aus der Änderungsrichtlinie (EU) 2019/692 ist in Deutschland durch das Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/692 erfolgt. Die erforderlichen Änderungen des EnWG hat der Deutsche Bundestag bereits am 13. November 2019 beschlossen. Im Zentrum der Änderung steht neben der Anpassung der Definition der Verbindungsleitung (§ 3 Nr. 34 EnWG) der neu eingefügte § 28b EnWG. Dieser sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine Freistellung für Gasfernleitungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern vor, die bereits vor dem 23. Mai 2019 fertiggestellt wurden. Für diese lief bis zum 24. Mai 2020 ein Verfahren zur Freistellung von den Vorgaben des Regulierungsrechts.
Hintergrund: Durch die am 23. Mai 2019 in Kraft getretene Richtlinie zur Änderung der Gasrichtlinie 2009/73/EG wurden bestimmte Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, u. a. Vorgaben zur Entflechtung der Eigentumsverhältnisse, auch auf Gasfernleitungen aus Drittländern erstreckt. Seit dem Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie müssen Betreiber von Gasfernleitungen bzgl. des Leitungsabschnitts, der sich zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zum Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder im Küstenmeer des Mitgliedstaats befindet, die Richtlinie 2009/73/EG sowie die jeweiligen nationalen Vorschriften zu ihrer Umsetzung beachten. Hieraus resultiert insbesondere die Pflicht, zur Entflechtung der Fernleitungsnetze und der Fernleitungsnetzbetreiber sowie zur Schaffung eines Systems für den nichtdiskriminierenden Zugang Dritter zum Fernleitungs- und Verteilernetz. Die Gasfernleitung Nord Stream 1 dient zur Durchleitung von Gas zwischen dem russischen Wyborg und Lubmin in Deutschland. Die parallel hierzu verlaufenden Gasfernleitung Nord Stream 2 befindet sich seit Januar 2017 in der Errichtung, war aber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsrichtlinie am 24. Februar 2020 zu etwa 95 % abgeschlossen. Mit ihrer Klage begehrten die Betreiber der Gasfernleitungen die Änderungsrichtlinie für nichtig zu erklären.