FG Baden-Württemberg: Steuerentlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes

Urteil vom 4. April 2020, Az.: 11 K 1492/19 In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem Unternehmen und dem Hauptzollamt hat das Finanzgericht des Landes Baden-Württemberg entschieden, dass für die Einordnung eines Unternehmens als ein solches des produzierenden Gewerbes i. S. d. § 2 Nr. 3 StromStG in den Fällen, in denen Waren bearbeitet werden, maßgeblich ist, ob das Einwirken auf die Ware deren stoffliche Zusammensetzung nicht nur unerheblich verändert, so dass ein Produkt entsteht, das von den verwendeten Ausgangsstoffen verschieden ist. Werden lediglich die Abmessungen der Ware verändert, wie im Fall der Längs- und/oder Querteilung von Stahlerzeugnissen, liegt darin keine wirtschaftliche Tätigkeit, die dem produzierenden Gewerbe zuzuordnen ist.

Relevanz:
Das Urteil ist von Interesse für die Frage, welcher Umgang mit Eisen, Stahl o. ä. erforderlich ist, um ein Unternehmen in die Branche des produzierenden Gewerbes einzuordnen und wann hingegen lediglich von Handel und damit von einer von den §§ 54, 55 EnergieStG nicht begünstigten Wirtschaftszweig-Klassifizierung zu sprechen ist.

Hintergrund: Die Parteien stritten über einen Steuerentlastungsanspruch nach § 55 EnergieStG für das Jahr 2010 und in diesem Zusammenhang um die Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach der in der genannten Vorschrift – über § 2 Nr. 3 und 2a des StromStG – für maßgeblich erklärten, vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), in ihrem Schwerpunkt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, die dem Produzierenden Gewerbe und nicht etwa dem Handel zuzuordnen ist. Gegenstand des klägerischen Unternehmens war das Längs- und Querteilen von Bändern sowohl aus Stahl als auch aus NE-Metallen, das Schneiden, Zurichten, Profilieren, Be- und Verarbeiten von Feinblechen und Bändern jeder Art sowie der Vertrieb der genannten Produkte. Mit Antrag vom 2. November 2011 hatte die Klägerin für 2010 einen auf § 55 EnergieStG gestützten Anspruch auf Entlastung von der Energiesteuer in Höhe von 57,72 € geltend gemacht. Die Beklagte hatte diesen Antrag mit Bescheid vom 25. Juni 2013 unter Hinweis darauf abgelehnt, dass das Unternehmen nicht dem Produzierenden Gewerbe, sondern vielmehr der Klasse 51.52.2 der WZ 2003 „Großhandel mit Eisen, Stahl, Eisen- und Stahlhalbzeug“ zuzuordnen sei. Diese Auffassung hat das FG nunmehr im zweiten Rechtsgang – nachdem derselbe Senat die Klage mit Urteil im Januar 2018 bereits einmal abgewiesen hatte und die Revision der Klägerin zum BFH führte, welcher die Sache an das FG zurückverwies – bestätigt, dass der Ablehnungsbescheid vom 25. Juni 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2014 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat für das Streitjahr 2010 keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Steuerentlastung nach § 55 EnergieStG, da es sich bei ihr im Kalenderjahr 2009 nicht um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i. S. d. § 2 Nr. 3 des StromStG handelte.