Gericht erklärt Klausel in Stromliefervertrag für unwirksam
Das Recht, die Zahlung einer fehlerhaften Rechnung zu verweigern, darf durch den Energielieferanten nicht in seinen AGB eingeschränkt werden.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler Energielieferanten wird das Recht zur Zahlungsverweigerung bei fehlerhaften Rechnungen ausgeschlossen. Die Kunden müssen dann die Rechnung zunächst bezahlen und einen ggf. zu viel gezahlten Betrag in einem Folgeprozess vom Lieferanten zurückfordern. Nur dann, wenn die Fehlerhaftigkeit der Rechnung völlig offensichtlich ist, darf der Kunde seine Zahlung zunächst zurückbehalten und eine Klärung herbeiführen. Ein weiterer Ausnahmefall von der umfassenden Zahlungspflicht wird eingeräumt, wenn der abgerechnete Verbrauch ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch ist, wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen Abrechnungszeitraum; jedoch muss gleichzeitig eine Zählerprüfung durch den Kunden eingeleitet werden. Diese Regelung hat das Landgericht Düsseldorf im Verhältnis eines Stromlieferanten mit seinem Sondervertragskunden für unwirksam erklärt.
Die streitige Regelung stammt aus den Strom- und Gas-Grundversorgungsverordnungen. Mit diesen Rechtsverordnungen werden die Bedingungen festgeschrieben, zu denen Energieversorgungsunternehmen Haushaltskunden in Niederspannung beliefern müssen. In der Praxis verwenden aber die meisten Lieferanten Regelungen aus diesen Verordnungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auch wenn es nicht um die Belieferung von Haushaltskunden, sondern um die Belieferung von Unternehmen geht. Dies hat seinen Grund darin, dass viele der in den Grundversorgungsverordnungen enthaltenen Regelungen günstig für den Lieferanten sind. Da die Belieferung einer Vielzahl von Haushaltskunden ein Massengeschäft ist, wollte der Verordnungsgeber den Lieferanten vor unvertretbar hohem Aufwand bei der Begründung und Abwicklung von Vertragsverhältnissen schützen. Sonst könnte z. B. der (unberechtigte) Einwand eines Kunden gegen die Stromrechnung zu massiven Verzögerungen bei der Realisierung von Preisforderungen führen, obwohl der Strom bereits geleistet wurde.
Im Verhältnis zu Sonderkunden (z. B. gewerbliche Stromverbraucher) wurde es in der Vergangenheit ebenfalls für zulässig gehalten, Klauseln der Grundversorgungsverordnung vertraglich zu vereinbaren. Eine rechtliche Überprüfung war für Kunden fast nicht möglich. Im Jahr 2013 entschied jedoch der Bundesgerichtshof, dass eine Vertragsklausel in einem Sonderkundenvertrag an den Vorgaben des AGB-Rechts zu messen sein müsse, auch wenn die Klausel aus der Grundversorgungsverordnung stammt.
Das LG Düsseldorf hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 13. November 2019 (Az.: 12 O 14/19) daher die Pflicht, Rechnungen trotz Einwänden zunächst bezahlen zu müssen, einer Prüfung nach AGB-Recht unterworfen und entschieden, dass diese Pflicht eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellt. Die Erwägung, die im Haushaltskundenbereich den Schutz der Lieferanten begründet, sei nicht auf den Bereich der Sonderkundenbelieferung übertragbar. Eine solche Regelung führe dazu, dass eine Rechnung faktisch eine Forderung begründe. Dem sei jedoch nicht so. Eine Rechnung könne zwar Fälligkeitsvoraussetzung für eine Zahlungsforderung sein. Sie könne jedoch nicht die Forderung selbst begründen. Daher müsse der Sondervertragskunde stets die Möglichkeit haben, Einwände gegen eine Rechnung zu erheben und die Zahlung bis zur Klärung zurückzustellen.
Diese Sichtweise des LG Düsseldorf ist erfreulich. Als Kunde können Sie daher eine Zahlung an den Strom- oder Gaslieferanten vorläufig verweigern, wenn Sie einen begründeten Einwand gegen die Rechnung bzw. deren Höhe haben, selbst wenn in einer allgemeinen Geschäftsbedingung ihres Lieferanten etwas anderes steht.