In letzter Sekunde: Gesetzesänderung ermöglicht „Notversorgung“ in Mittelspannung/-druck
Unternehmen, die zum 1.1.2023 keinen neuen Versorger gefunden haben, können (vorerst) aufatmen: Eine neue Regelung ermöglicht die Anschlussversorgung durch den früheren Versorger bis zum 28.2.2023!
Etliche Industrieunternehmen stehen vor der Herausforderung, dass ihr Energieliefervertrag zum Jahresende ausläuft und noch kein neuer Versorger gefunden wurde. Die sog. Ersatzversorgung, also die automatische Weiterversorgung durch den sog. Grundversorger, war bislang den Ebenen Niederspannung und Niederdruck vorbehalten. Wer also bspw. in Mittelspannung angeschlossen war und keinen Versorger vorweisen konnte, der durfte keinen Strom aus dem Netz beziehen, wie auch der BGH kürzlich bestätigte (BGH v. 10.5.2022, EnZR 54/21).
Der Politik war dieses Problem schon länger bekannt, jetzt wurde in letzter Sekunde eine Lösung geschaffen: In einem neuen § 118c EnWG finden sich künftig Regeln für die Anschlussversorgung „versorgerloser“ Kunden in Mittelspannung und Mitteldruck. In höheren Spannungs- bzw. Druckstufen gilt die Regelung allerdings nicht.
Die Regelung „Befristete Notversorgung von Letztverbrauchern im Januar und Februar des Jahres 2023“ findet sich in dem „Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ (S. 57) in der am 16.12.22 vom Bundesrat verabschiedeten Fassung.
Abs. 1 der Vorschrift berechtigt die jeweiligen Verteilnetzbetreiber im Zeitraum vom 1.1.2023 bis 28.02.2023, Kunden, deren Verbräuche ansonsten keinem Bilanzkreis zugeordnet wären, dem Bilanzkreis des bisherigen Versorgers zuzuordnen.
Abs. 2 normiert die korrespondierende Pflicht des Lieferanten, den Kunden entsprechend weiter zu beliefern. Hierbei gelten die zum Ende der vertraglichen Belieferung greifenden Vertragsbedingungen fort. Schließt der Kunde im Laufe des Notversorgungszeitraumes einen neuen Liefervertrag ab, endet die Notversorgung automatisch.
Abs. 3 regelt, in welchem Umfang der Notversorger ein „angemessenes Entgelt“ nehmen darf. Dieses ist in der Höhe begrenzt und darf „nicht höher sein als die Summe
- der Kosten einer kurzfristigen Beschaffung der für die Notversorgung erforderlichen Energiemengen über Börsenprodukte sowie Beschaffungsnebenkosten zuzüglich eines Aufschlags von 10 Prozent,
- der für die Belieferung des betroffenen Letztverbrauchers anfallenden Kosten für Netzentgelte und staatlich veranlasste Preisbestandteile sowie
- sonstiger, in dem bisherigen Liefervertrag vereinbarten Preis- und Kostenbestandteile“.
Abs. 4 bis 6 regeln weitere Einzelheiten, unter anderem eine Mitteilungspflicht des Netzbetreibers gegenüber dem Lieferanten sowie eine Ausnahme von der Verpflichtung in Bezug auf Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit als Energielieferant endgültig aufgeben oder für die die Belieferung unzumutbar ist.
Autorinnen: Yvonne Hanke
Dr. Franziska Lietz