Kommen jetzt hohe Energieeffizienz-Anforderungen und neue Meldepflichten für Rechenzentren?
Der Entwurf des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) sieht erstmals spezifische und sehr strenge Anforderungen für die Energieeffizienz sowie neue Melde- und Registrierungspflichten für Betreiber von Rechenzentren und Informationstechnik vor.
Bislang sind spezifische Anforderungen für die Energieeffizienz im Zusammenhang mit IT bzw. dem Betrieb von Rechenzentren rar gewesen. Allein die allgemeinen Anforderungen konnten im Kontext „Green-IT“ herangezogen werden (vgl. diesen kurzen Überblick hier).
Dies könnte sich jetzt ändern. Mitte Oktober wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) vorgelegt. Der bislang noch nicht veröffentlichte Referentenentwurf vom 18.10.2022 enthält neben den bereits viel diskutierten geplanten Anforderungen bei der Energieauditpflicht erstmals Anforderungen an die Energieeffizienz von Rechenzentren. Und die im 5. Abschnitt geregelten Effizienzvorgaben für Rechenzentren haben es in sich:
- Energieeffizienzanforderungen in Form der Einhaltung von PUE-Werten und Abwärmenutzung
Neue Rechenzentren, die ab 2025 den Betrieb aufnehmen, müssen einen PUE-Wert von mindestens 1,3 besitzen, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EnEfG-E. Unter PUE versteht man „Power Usage Effectiveness“, es handelt sich um eine technische Kennzahl zur Darstellung der Energieeffizienz von Rechenzentren. Hierbei kann der Einsatz von Wärmepumpen u.U. unberücksichtigt bleiben.
Diese Rechenzentren müssen außerdem einen Anteil an Abwärmenutzung von mindestens 30 % aufweisen; bei Rechenzentren, die ab 2027 den Betrieb aufnehmen, muss dieser Anteil mindestens 40 % betragen, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EnEfG-E.
- Effizienzanforderungen an die Luftkühlung
In § 23 Abs. 2 und 3 EnEfG-E werden detaillierte Anforderungen an die minimale Eintrittstemperatur bei Luftkühlungen geregelt, die unmittelbar für neue und schrittweise für bestehende Rechenzentren greift.
Für neue Rechenzentren, die ab 2024 in Betrieb genommen werden, gilt grundsätzlich für die Luftkühlung von Informationstechnik die minimale Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius; für bestehende Rechenzentren soll zunächst eine minimale Eintrittstemperatur von 24 Grad Celsius gelten, ab dem 1. Januar 2028 dann 27 Grad Celsius.
- Anforderungen an die Vertragsgestaltung
Der Entwurf sieht in § 23 Abs. 4 vor, dass Betreiber keine Verträge abschließen dürfen, die den beiden o.g. Pflichten widersprechen. Auch die Verlängerung bestehender Verträge, die zu diesem Ergebnis führen würde, ist unzulässig.
- Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien
§ 23 Abs. 5 des Entwurfes sieht umfangreiche Pflichten zur Nutzung von ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien in Rechenzentren vor. So sollen Rechenzentren ab 2024 ihren Energiebedarf zu 50 % aus ‚EE-Strom decken. Ab 2025 soll diese Verpflichtung zu 100 % bestehen.
- Pflicht zur Nutzung von Energie- und Umweltmanagementsystemen
Rechenzentrumsbetreiber haben ein Energie- oder Umwelt-Management-System bis Ende 2024 einzuführen. Besitzt das Rechenzentrum eine Nennanschlussleistung ab 1 MW oder steht dieses bei einer Nennanschlussleistung ab 100 kW im Eigentum öffentlicher Träger, muss das EnMS oder UMS ab dem 1. Januar 2025 auch validiert bzw. zertifiziert werden.
Diese Anforderungen sind auch von Betreibern von Informationstechnik zu erfüllen. Ab einer Informationstechnik-Leistung von 500 kW besteht ab 2025 ebenfalls die Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung des EnMS oder UMS, bei Betrieb im öffentlichen Auftrag ab 100 kW.
- Umfangreiche Informationspflicht für Betreiber von Rechenzentren und Informationstechnik
Nach § 25 EnEfG-E soll eine jährliche Informationspflicht jeweils zum 31.3. für Betreiber von Rechenzentren bestehen. Der Inhalt der Informationspflicht ergibt sich aus Anlage 10 EnEfG-E und bezieht sich z.B. auf Standort und Fläche des Rechenzentrums, Gesamtstromverbrauch und Strommix, Angaben zu Abwärme- und Treibhausgasemissionen. Betreiber von Informationstechnik innerhalb eines Rechenzentrums mit einer Informationstechnik-Leistung ab 50 Kilowatt sind jährlich bis 31.3. verpflichtet, Informationen nach Maßgabe von Anlage 11 EnEfG-E mitzuteilen.
- Energieeffizienzregister für Rechenzentren
Darüber hinaus sieht der Entwurf den Aufbau eines Datacenter-Registers vor, in dem die Effizienzkennzahlen öffentlich einsehbar sind, wie dies bereits im Sofortprogramm angekündigt wurde, vgl. § 26 EnEfG-E.
- Informationen zur Wärmeauskopplung auf eigener Webseite
Nach § 27 EnEfG-E haben Unternehmen auf ihrer eigenen Webseite darüber zu informieren, in welchem Umfang Abwärme anfällt. Zudem müssen sie entsprechende Informationen an potentielle Wärmekunden herausgeben.
- Pflichten zur Kundeninformation
Die Betreiber neuer und bestehender Rechenzentren sollen ab dem 1.3.2023 beim Abschluss von Kundenverträgen verpflichtet sein, auszuweisen, welcher Energie-Verbrauchsanteil auf den Kunden entfällt. Eine separate Ausweisung von Energieverbräuchen muss auch beim Angebot einer sog. Co-Location gewährleistet werden.
Die genannten Anforderungen werden von Branchenverbänden als sehr weitreichend angesehen. Die Umsetzbarkeit sei vor allem aufgrund von technischen Hindernissen fraglich, zudem in vielen Fällen unwirtschaftlich. Auch sei die Umsetzungszeit zu knapp: Rechenzentren, die 2024 in Betrieb gehen, sind in der Regel jetzt bereits vollständig geplant und ggf. auch bereits genehmigt. Auch der Eingriff in Kundenverträge sowie die Nutzungspflicht von – in weiterer Zukunft – 100 % erneuerbaren Energie dürfte viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen.
Autorin: Dr. Franziska Lietz