Leitfäden der BNetzA kommt keine verbindliche Wirkung zu
OLG Düsseldorf äußert sich zur Wirkung von Leitfäden der BNetzA
In seinem erst kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 18. Januar 2017 (Az.: VI-3 Kart 148/15 (V)) kommt das OLG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass den Äußerungen der Regulierungsbehörden in Leitfäden eine rechtlich verbindliche Konkretisierungswirkung nicht zukomme.
In dem entschiedenen Fall begehrte ein Letztverbraucher ein individuelles Netzentgelt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV u.a. für die Jahre 2009 und 2010. Der Netzbetreiber hatte es jedoch abgelehnt, eine entsprechende Vereinbarung vorzulegen, weil er in seinen Berechnungen zum Ergebnis kam, dass das individuelle Netzentgelt über dem regulären Netzentgelt liegen würde. Für die Berechnung hatte der Netzbetreiber den zur damaligen Zeit geltenden Leitfaden für die Berechnung des individuellen Netzentgelts nach § 19 Ab. 2 S. 2 StromNEV angewendet.
Das vom Letztverbraucher angestrengte Missbrauchsverfahren gegen den Netzbetreiber lehnte die BNetzA ab. Sie vertrat die Auffassung, dass der Netzbetreiber dem Letztverbraucher keine Vereinbarung über das individuelle Netzentgelt anbieten musste. Denn die vom Netzbetreiber durchgeführten Berechnungen entsprächen den Vorgaben des seinerzeit geltenden Leitfadens.
Das OLG Düsseldorf trat dieser Auffassung der BNetzA entgegen. Ob der Netzbetreiber rechtmäßig den Abschluss einer individuellen Netzentgeltvereinbarung verweigert habe, hänge nicht davon ab, ob er die Vorgaben des Leitfadens zutreffend umgesetzt und rechnerisch und inhaltlich richtig angewendet habe. Maßgeblich sei allein, ob die Berechnung den materiell-rechtlichen Vorgaben der StromNEV entspreche.
Den Leitfäden der Regulierungsbehörde komme – anders als den Festlegungen – eine rechtlich verbindliche Konkretisierungswirkung nicht zu. Daher durfte sich die BNetzA im Rahmen des Missbrauchsverfahrens nicht darauf beschränken zu überprüfen, ob die Vorgaben des Leitfadens korrekt umgesetzt wurden. Sondern sie hätte prüfen müssen, ob auf Basis des geltenden Rechts bei rechtsfehlerfreiem Verständnis der rechtlichen Vorgaben ein individuelles Netzentgelt anwendbar gewesen wäre. Der Leitfaden binde die BNetzA auch nicht im Rahmen einer sog. „Selbstbindung der Verwaltung“. Eine solche komme nur im Rahmen von Ermessensentscheidungen in Betracht, bei der Frage, ob dem Letztverbraucher ein individuelles Netzentgelt zustehe, komme der Behörde aber weder ein Ermessens- noch Beurteilungsspielraum zu.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf stellt klar, dass Leitfäden der Regulierungsbehörde zwar die Rechtsauffassung der Behörde widerspiegeln und dem Anwender Auslegungsgrundsätze aufzeigen. Die Prüfung, ob ein Anspruch besteht, muss die Behörde jedoch immer anhand der konkreten Rechtsnorm durchführen, unabhängig von den Inhalten eines Leitfadens.