LG Lübeck: Netzbetreiber können Netzentgelte auch noch nach 7 Jahren verlangen
Urteil vom 3. August 2020, Az.:
In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem Netzbetreiber und einem Energielieferanten hat das Landgericht Lübeck entschieden, dass das Zurückweisen einer Forderung nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip der GPKE dem Fällig werden der Forderung entgegensteht, sodass der Verjährungslauf nicht beginnt.
Relevanz: Das Urteil ist von Interesse für die Frage, in welchen Fällen Netzentgeltforderungen mit Ablauf des dritten Jahres nach Zugang der Rechnung verjähren. Nach Auffassung des Gerichtes ist dies nicht der Fall, wenn der Kunde die Forderungen wegen des Vorliegens eines Fehlers gänzlich zurückweist. Die Position der Netzbetreiber wird insoweit durch das Urteil wesentlich gestärkt.
Hintergrund: Der beklagte Energielieferant hatte eine Rechnung des Netzbetreibers aus dem Jahr 2011 über die Abrechnung der Netznutzung nach dem sog. Alles-oder-nichts-Prinzip vollständig zurückgewiesen. Dieses Prinzip sieht gemäß Festlegungen der Bundesnetzagentur rund um die Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE) vor, dass Netznutzungsrechnungen entweder als vollumfänglich richtig zu akzeptieren oder komplett abzulehnen sind. Vier Jahre später – also im Jahr 2015 – versandte der Netzbetreiber eine erneuerte Rechnung. Der Energielieferant berief sich nun aber vorrangig auf die Verjährung der Forderung. Daraufhin erhob der Netzbetreiber im Jahr 2018 Klage gerichtet auf Zahlung der in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte.
Zu der Frage der Verjährung hat das LG Lübeck nun klargestellt, dass es gemäß § 14 Abs. 1 des Lieferantenrahmenvertrages auf den Zugang der Rechnung für die Fälligkeit der Netzentgeltforderung ankomme. Weist der Lieferant die Forderung aber nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip der GPKE zurück, so könne die zurückgewiesene Forderung nicht fällig werden. Der vom Lieferanten angegebene Grund sei hierbei unwirksam. IM Ergebnis konnte sich der Energielieferant damit nicht auf die Verjährung der Forderungen des Netzbetreibers berufen. Das Gericht gab der Klage des Netzbetreibers damit vollumfänglich statt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.