OLG Frankfurt am Main: Zustandekommen eines Versorgungsvertrages in Form einer sog. Realofferte trotz ausdrücklichem Widerspruch

Urteil vom 28. Juni 2019, Az.: 4 U 103/18

In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EltVU) und einem Rennsport-Verein hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass derjenige der die Verfügungsgewalt über einen Stromzähler hat, die Realofferte eines EltVU ungeachtet eines ausdrücklichen Widerspruchs durch den Verbrauch von Strom annimmt.
Relevanz: Das Urteil stärkt – wie bereits mehrfach auch durch den BGH bestätigt – die Position der EltVU. Für diese soll es mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein, nachweisen zu müssen, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt über einen Versorgungsanschluss im Versorgungszeitraum ausübt. Die Grundsätze des konkludenten Vertragsschlusses dienen daher dazu, einen vertragslosen Zustand zu vermeiden.
Hintergrund: Das klagende EltVU hatte den Rennsport-Verein auf Zahlung des Entgelts für Stromlieferungen an das Rennbahngelände in Anspruch genommen. Das Rennbahngelände stand im Eigentum der Stadt Frankfurt und war zunächst an eine Betreibergesellschaft vermietet. Diese hatte einen Stromliefervertrag mit dem EltVU und einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Rennsport-Verein geschlossen. Der Verein war daraus berechtigt, die Büroräume auf dem Gelände zu nutzen und Renntage zu veranstalten. Nachdem der Mietvertrag endete und die Betreibergesellschaft beide Verträge kündigte, begrüßte das EltVU den Rennsport-Verein als neuen Kunden in der Grundversorgung. Der Verein widersprach dem und lehnte die Vergütung der Stromlieferung des EltVU ab. Er hielt der Forderung entgegen, dass er zu dem Raum, in dem sich der belieferte Stromzähler befand, keinen Zugang gehabt habe. Vertragspartner des EltVU sei außerdem trotz Kündigung weiterhin die Betreibergesellschaft gewesen.
Das OLG hat der Klage des EltVU stattgegeben und im Sinne der gängigen BGH-Rechtsprechung festgehalten, dass zwischen EltVU und Rennsport-Verein ein Stromliefervertrag zu Stande gekommen ist. In dem Leistungsangebot eines EltVU sei ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sog. Realofferte zu sehen. Empfänger dieser Realofferte sei typischerweise der Grundstückseigentümer bzw. derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübe. Auch bei entgegenstehender ausdrücklicher Äußerung sei von einer schlüssig erklärten Annahme der Realofferte auszugehen, weil der Abnehmer wisse, dass die Lieferung nur gegen eine Gegenleistung erbracht werde.