#RGCfragtnach: Interview mit Johannes Päffgen von Next Kraftwerke zur Bereitstellung von Flexibilität aus Elektrofahrzeugen im niederländischen Stromnetz
In unserer unregelmäßig erscheinenden Interviewserie #RGCfragtnach sprechen wir mit Experten unterschiedlichster Fachgebiete, Innovatoren und Mandanten über spannende Entwicklungen in Energierecht und Energiewirtschaft, aktuelle Forschungsergebnisse und interessante Projekte.
In diesem Teil unserer Interviewserie unterhält sich Dr. Franziska Lietz mit Johannes Päffgen von Next Kraftwerke über ein Pilotprojekt zur Erbringung von Systemdienstleistungen für das niederländische Stromnetz mittels eines Pools von Elektrofahrzeugen.
Lietz: Guten Tag Herr Päffgen. Es freut mich sehr, dass Sie für ein Interview zur Verfügung stehen. Als ich den Artikel auf Ihrer Webseite zu dem Projekt gelesen habe, fand ich es einfach so spannend, dass ich unbedingt mehr dazu hören wollte. Aber erst einmal von Anfang an … Können Sie uns erläutern, wie die Regelenergiebereitstellung mit gepoolten Elektrofahrzeugen funktioniert?
Päffgen: Jedlix hat eine App entwickelt, in der die Fahrer der Elektroautos ihre Ladepräferenzen angeben. Jedlix sammelt diese Informationen und nennt uns dann eine bestimmte Menge an verfügbarer Leistung. Diese Flexibilität bieten wir dann als aFRR-Leistung dem niederländischen Übertragungsnetzbetreiber TenneT an – aFRR ist vergleichbar mit der deutschen Sekundärregelleistung (SRL). Das heißt, sobald größere Netzschwankungen auftreten, stoppen oder starten wir den Ladevorgang der Elektroautos, um einem Stromdefizit oder einem Stromüberschuss entgegenzuwirken. Jedlix ist also quasi ein Vor-Aggregator und wir sind die Schnittstelle zum Übertragungsnetzbetreiber. Wir stellen unsere VPP-Technologie zur Pool-Einbindung zur Verfügung.
Lietz: Wie können die Betreiber der Fahrzeuge daran teilnehmen? Haben sie Wahlmöglichkeiten über die Art der Teilnahme, z.B. ob sie nur kurz oder länger an der Ladeeinrichtung bleiben werden? Können diese Vorgänge auch unangekündigt abbrechen?
Päffgen: Grundsätzlich funktioniert der Prozess so: Die Fahrer der Elektroautos sind Kunden von Jedlix. Sie geben über die Jedlix App ihre Ladepräferenzen an. Jedlix erhält außerdem in Echtzeit die Informationen zum Ladevorgang der Autos. Jedlix gibt diese Informationen an uns weiter und wir bieten für die Regelenergieauktion. In unsere Berechnung der verfügbaren Menge fließen dabei verschiedene Informationen ein: Live-Daten der E-Autos, die Ladepräferenzen, die die Fahrer angeben, und historische Daten zum Ladeverhalten der Autofahrer.
Um die Frage zu beantworten, ob der Ladevorgang unangekündigt abgebrochen werden kann: Ja, das geht. Bricht ein Fahrer den Ladevorgang früher als angegeben ab, passen wir unsere Strategie an. Der Fahrer profitiert dann natürlich weniger von den Erlösen aus der Regelenergieauktion, denn er kann ja nur aFRR bereitstellen, wenn er an der Ladesäule hängt.
Lietz: Wie soll die Vergütung der Fahrzeugbetreiber erfolgen? Ähnelt diese bspw. dem Pooling bei Erzeugungsanlagen und Speichern?
Päffgen: Jedlix bekommt von uns eine Vergütung für die Teilnahme mit ihrem Sub-Pool an unserem Next Pool. Jedlix gibt diese Vergütung an seine Kunden weiter in Form eines Discounts für ihren Strom. Die Teilnehmer der Regelenergieauktion müssen also weniger für den Strom zahlen, den sie zum Laden ihres Autos nutzen.
Lietz: Könnten Sie sich solche Modelle langfristig auch im deutschen Markt vorstellen? Könnte dies für Unternehmen mit großen Fuhrparks langfristig eine Option sein, z.B. am Wochenende, wenn die Fahrzeuge nicht gebraucht werden?
Päffgen: Die Märkte in den Niederlanden funktionieren etwas anders als in Deutschland. Die Regelenergieauktionen laufen zum Beispiel nach dem Marktdesign des Regelarbeitsmarktes. In diesem Marktdesign sind free bids mit einem Vorlauf von 15 Minuten möglich, das heißt man kann sehr kurzfristig noch Regelenergie-Mengen anbieten, auch wenn man nicht an der regulären Ausschreibung teilgenommen hat. Diese kurze Frist erleichtert die Regelenergiebereitstellung mit Elektroautos, denn die Ladepräferenzen der Fahrer sind so sehr genau abbildbar. Um in Deutschland Elektroautos flächendeckend für die Erbringung von Regelenergie einzusetzen, brauchen wir meiner Meinung nach daher unter anderem einen Markt, der noch kurzfristigere Flexibilität zulässt und belohnt. Daher begrüßen wir es, dass auch in Deutschland demnächst der Regelarbeitsmarkt eingeführt wird, der kurzfristigere Gebote zulässt.
Lietz: Was müsste sich in Deutschland ändern, damit solche Modelle auch hier künftig funktionieren könnten?
Päffgen: Ein Marktdesign, dass Flexibilität zulässt und belohnt, ist die eine Sache. Die Erbringung von Regelenergie mit mobilen Assets ist etwas komplexer als mit stationären Assets. Da geht es schnell in sehr kleinteilige Fragestellungen, wie „In welchem Bilanzkreis wird die Regelenergie er-bracht?“ und „Wie kann man Präqualifikationsprozesse für die Ladesäulen ausgestalten?“. Da müssen wir in Deutschland einfach noch ein paar Dinge klären. Projekte, wie das mit Jedlix und TenneT, sind deshalb sehr wertvoll, weil wir viel daraus lernen können.
Lietz: Wirklich ein sehr, sehr spannendes Projekt. Ich hoffe, dass wir künftig noch mehr davon hören werden.
Johannes Päffgen von Next Kraftwerke