Verbot von Glyphosat und Co: Neue Regelungen zum Insektenschutz
Extensive Landwirtschaft und Insektenschutz stehen vordergründig in einem Zielkonflikt. Doch ohne Insekten wird es irgendwann auch keine Landwirtschaft mehr geben. Der Gesetzgeber hat deswegen in diesem Herbst weitreichende Maßnahmen zum Schutz von Insekten geregelt.
Der Gesetzgeber hat sich im Jahr 2021 weitreichend mit dem Thema Insektenschutz befasst:
Mit dem Artikelgesetz zum Insektenschutz (Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 18. August 2021, BGBl. I Nr. 59 vom 30.08.2021 S. 3908) kommt es zu Änderungen am Bundesnaturschutzgesetz (BNatSch): Streuobstwiesen, Trockenmauern und artenreiches Grünland werden als schützenswerte Gebiete ergänzt. So sollen diese typischen Lebensräume für bestimmte Insektenarten erhalten werden.
Weitere Regelungen betreffen die Eindämmung sog. Lichtverschmutzung. Denn Licht, z.B. von Leuchtreklamen und Himmelsstrahlern, kann die Orientierung von Insekten stark beeinträchtigen und damit letztlich sogar deren Population gefährden. Regelungen hierzu fanden sich bislang schon vereinzelt in den Naturschutzgesetzen der Länder, z.B. in Bayern oder Baden-Württemberg. Für Unternehmen bedeutsam ist das neu geschaffene, bundeseinheitliche generelle Verbot neuer Beleuchtungsanlagen im baurechtlichen Außenbereich nach § 23 Abs. 4 BNatSchG, für das jedoch bestimmte Ausnahmen gelten: Das Verbot gilt nicht, wenn es nicht zur Beeinträchtigung des Schutzzwecks kommt oder die Beleuchtung notwendig ist für die öffentliche Sicherheit oder den Verkehr. Ein neuer § 41a BNatSchG trifft weiterreichende Regelungen zum Schutz von Tieren und Pflanzen vor nachteiligen Auswirkungen von Beleuchtungen. Diese sind technisch so auszulegen, dass Insekten nicht beeinträchtigt werden bzw. es kann eine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde entstehen, wenn die Tätigkeit nicht an sich genehmigungspflichtig ist und „wenn die hiervon ausgehenden Lichtemissionen geeignet sind, erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen wild lebender Arten hervorzurufen“.
Darüber hinaus sind Neuregelungen auch in Bezug auf den Einsatz von Chemikalien in der Natur geschaffen worden:
Der neue § 30a BNatSchG verbietet den Einsatz von Biozidprodukten außerhalb geschlossener Räume in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten, Naturdenkmälern sowie in gesetzlich geschützten Biotopen. Dies betrifft den flächigen Einsatz von Biozidprodukten der Produktart 18 (Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden) und das Auftragen von Biozidprodukten der Produktart 8 (Holzschutzmittel) des Anhangs V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 durch Spritzen oder Sprühen. Ausnahmen können von der zuständigen Behörde zugelassen werden.
Die Pressemitteilung des BMU zum Insektenschutzgesetz finden Sie hier.
Speziell auf den Einsatz des sog. Totalherbizids Glyphosat bezieht sich die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (PflSchAnwV) durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, BGBl. I Nr. 62 vom 07.09.2021 S. 4111. Dieses soll ab 2024 deutschlandweit verboten werden. Bereits im Zeitraum davor greifen deutliche Begrenzungen. So besteht zwar in Naturschutzgebieten, Nationalparks und gesetzlich geschützten Biotopen bereits seit vielen Jahren ein Anwendungsverbot. Bislang waren jedoch Ausnahmegenehmigungen möglich, dies wird nun ebenfalls ausgeschlossen. Für die europarechtlich festgelegten Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) verlangt die PflSchAnwV bis 2024 freiwillige Vereinbarungen zum Verzicht auf Glyphosat. Auch in einem Abstand von 10 m zu Gewässern darf das Präparat nicht mehr eingesetzt werden, Ausnahmen sind möglich bei geschlossener, ganzjährig begrünter Pflanzendecke und bei bestimmten kleinen Gewässern. Für Sonderkulturen wie Gemüse- und Obstanbau zum Beispiel Saatgutvermehrung, Hopfen oder Wein, besteht dagegen zunächst noch die Möglichkeit, Glyphosat einzusetzen. Diesen Neuregelungen waren weitreichende Diskussionen vorangegangen, im Ergebnis handelt es sich um einen Kompromiss, der Naturschützern nicht weit genug geht, von Bauernverbänden aber teilweise heftig kritisiert wurde.
Weitere Informationen zum Glyphosatausstieg finden Sie hier auf der Internetseite des BMU.
Autorin: Dr. Franziska Lietz