Weitreichende Änderungen im Bereich der Fernwärme- und Fernkälteversorgung

Aktuelle Änderungen betreffen sowohl die AVBFernwärmeV und sehen darüber hinaus die Schaffung einer neuen Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung – FFVAV vor.

Mit der neuen „Verordnung zur Umsetzung der Vorgaben zu Fernwärme und Fernkälte in der Richtlinie (EU) 2018/2002 sowie in der Richtlinie (EU) 2018/2001“ sind Anfang Oktober umfangreiche Änderungen im Bereich der Fernwärme- und Fernkälteversorgung in Kraft getreten. Die Verordnung beinhaltet in Artikel 1 die „Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung – FFVAV)“ und in Artikel 2 eine „Änderung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)“.

Die als Verordnung erlassene AVBFernwärmeV wird im Falle von Fernwärme oder -kältelieferungen Bestandteil des Liefervertrages. Für Industrieunternehmen gilt diese nach § 1 Abs. 2 grds. zunächst einmal nicht, sie kann aber ganz oder teilweise im Individualvertrag einbezogene werden. 

Tiefgreifende Änderungen gibt es insbesondere bei der AVBFernwärmeV. Gemäß des neuen § 1a der AVBFernwärmeV unterliegen Fernwärmeversorgungsunternehmen nunmehr der Pflicht zur Veröffentlichung der Versorgungsbedingungen und der Netzverluste. Noch bedeutender dürften allerdings die Vorgaben des neuen § 3 der AVBFernwärmeV sein. Danach müssen Versorgungsunternehmen ihren Kunden die Möglichkeit einräumen, die vereinbarte Wärmeleistung ohne Nachweise einmal jährlich mit einer Frist von vier Wochen anzupassen, sofern sich die Leistung nicht um mehr als 50 Prozent reduziert. Sofern der Kunde belegt, dass die Leistung durch den Einsatz erneuerbarer Energien ersetzt werden soll, kann er die vereinbarte Leistung sogar um mehr als 50 Prozent reduzieren oder den Versorgungsvertrag mit einer zweimonatigen Frist kündigen. Bisher konnte der Kunde in solch einem Fall lediglich die Vertragsanpassung verlangen.

Die alte Fassung der AVBFernwärmeV ermöglichte es Fernwärmeversorgungsunternehmen zudem, den im Wärmeliefervertrag vereinbarten Preisanpassungsmechanismus durch öffentliche Bekanntgabe einseitig anzupassen. Nunmehr ist § 24 AVBFernwärmeV durch den Zusatz ergänzt worden, dass die Änderung der Preisänderungsklausel nicht einseitig durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen darf. Das hat zur Folge, dass Preisänderungsklauseln künftig nur durch übereinstimmende Willenserklärungen, also etwa mittels persönlichen Anschreibens des Kunden und dessen Zustimmung, geändert werden dürfen. Diese Anpassung hat allerdings keine Auswirkungen auf Preisänderungen, welche nur die vereinbarte Preisänderungsformel vollziehen. Solche Preisänderungen sind im Rahmen der Vorgaben des konkreten Wärmeliefervertrages weiterhin möglich. 

Mit der neuen Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung – FFVAV werden Vorgaben für die Messung und Abrechnung des Verbrauchs von Fernwärme und Fernkälte durch ein Versorgungsunternehmen normiert. Die FFVAV setzt im Wesentlichen die Vorgaben der Energieeffizienzrichtlinie (EU) 2018/2002 um. Die Energieeffizienzrichtlinie zielt unter anderem darauf ab, Energiekunden durch die Bereitstellung verbesserter Informationen über ihren tatsächlichen Energieverbrauch zu sensibilisieren. Hierzu müssen nunmehr auch Versorgungsunternehmen im Bereich der Fernwärme und Fernkälte Messeinrichtungen verwenden, die nicht nur den mess- und eichrechtlichen Vorschriften entsprechen, sondern auch den tatsächlichen Fernwärme- und Fernkälteverbrauch des Kunden präzise angeben. Eine Verbrauchserfassung mittels Schätzung darf nach dem neuen § 3 FFVAV nur dann erfolgen, wenn das Versorgungsunternehmen aus Gründen, die es nicht zu vertreten hat, an der Messung gehindert ist.

Abgesehen davon müssen Messeinrichtungen, die künftig installiert werden, gemäß des neuen § 3 Absatz 3 FFVAV fernablesbar sein. Bereits installierte, nicht fernablesbare Messeinrichtungen müssen bis Ende 2026 mit dieser Funktion nachgerüstet oder durch fernablesbare Messeinrichtungen ersetzt werden. Die Kosten für die Installation fernablesbarer Zähler können auf den Kunden umgelegt werden, sofern das Versorgungsunternehmen dem Kunden die Kosten unter Berücksichtigung möglicher Einsparungen verständlich darlegt.

Darüber hinaus enthalten die neuen §§ 4 und 5 FFVAV Vorgaben zu den Abrechnungen, welche die Form, das Abrechnungsintervall (mindestens einmal jährlich) sowie den Inhalt und die Transparenz der Abrechnungen betreffen. Neben den Informationen über die für den Kunden geltenden Preise und dem tatsächlich abgerechneten Verbrauch müssen künftig u. a. Informationen über den aktuellen Anteil der eingesetzten Energieträger und der eingesetzten Wärme- oder Kältegewinnungstechnologien im Gesamtenergiemix übermittelt werden. Zudem müssen die mit dem Energiemix verbundenen jährlichen Treibhausgasemissionen angegeben werden. Diese Verpflichtung gilt bei Systemen mit einer thermischen Gesamtleistung unter 20 MW allerdings erst ab Januar 2022. Wenn fernablesbare Messeinrichtungen installiert sind, müssen die Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen dem Kunden auf Verlangen oder wenn der Kunde seine Abrechnung elektronisch erhält, mindestens vierteljährlich und ansonsten mindestens zweimal im Jahr zur Verfügung gestellt werden. Ab Januar nächsten Jahres müssen die Informationen dann monatlich zur Verfügung gestellt werden.

Im Ergebnis lässt sich erkennen, dass die Modalitäten im Bereich der Fernwärmeversorgung damit ein Stück weit den bereits wesentlich ausdifferenzierter und verbraucherorientierter geregelten Bereichen Strom- und Gas angeglichen werden. Die betrifft z.B. die fernablesbaren Messeinrichtungen und die künftig erforderlichen Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen, z.B. zum Energieträgermix, die uns deutlich an § 42 EnWG erinnern. 

Autor: Tanja Körtke (RGC)
            Dr. Franziska Lietz (RGC)