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Wo spielt Green IT eine Rolle im (Energie- und Klima-)Recht?

Der Begriff Green IT ist nicht neu, da aktuell bei vielen Unternehmen Klimaschutz aber vermehrt auf der Agenda steht, gilt es auch zu prüfen, welche Vorgaben es hinsichtlich „grüner IT“ aktuell gibt und wo diese rechtliche Bedeutung haben können.

Green IT ist schon seit vielen Jahren ein feststehender Begriff. Schon im Jahr 2008 wurde bspw. auf der Cebit in Hannover eine ganze Halle dem Thema gewidmet. Dennoch gibt es keine rechtlich feststehende Definition. Unter Green IT versteht man (unter anderem):

  • Ressourcenschonende Hardware
  • Ressourcenschonende IT-Prozesse (z.B. Thin Clients, Cloud-Nutzung)
  • Softwareeinsatz zum Zwecke der Energieeinsparung (z.B. intelligente Steuerung von Maschinen etc.).

Eine generelle Pflicht zur Ressourcenschonung oder Energieeffizienz bei IT gibt es aktuell nicht. Für Industrieunternehmen kann sich eine solche Pflicht allerdings mittelbar aus bestimmten Tatbeständen ergeben. Das sind insbesondere die Energieeffizienz-Pflicht nach § 5 BImSchG: Diese verpflichtet den Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen ganz umfassend zur Energieeffizienz, also auch im Hinblick auf die IT der Anlage. Zudem ist auch im Rahmen von grds. freiwilligen Zertifizierungen, z.B. ISO 50 001, die bspw. zugleich bindende Grundlage für energierechtliche Privilegien, wie die BesAR oder §§ 9b, 10 StromStG sind, die IT zu berücksichtigen.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist das Thema Green IT im Einkauf, z.B. im Hinblick auf EU-Öko-Design-Vorgaben, Energieverbrauchskennzeichnung (EVK, EnVK) sowie – wenn anwendbar – im Vergaberecht.

Auch auf der abfall- bzw. kreislaufwirtschaftsrechtlichen Seite spielen ressourcenschonende Produkte (Hardware) eine Rolle, maßgebliche Regelwerke sind hier neben dem allgemeinen Abfallrecht z.B. das Batteriegesetz und das Elektro- und Elektronikgerätegesetz.

Nicht zuletzt nimmt das Thema Green IT auch im Vertragsrecht an Bedeutung zu. Auch hier besteht aber grundsätzlich keine Pflicht, diese Fragestellungen zu adressieren. Allerdings verpflichten immer mehr Konzerne Tochterunternehmen und Zulieferer hinsichtlich Umweltpoilitik/-richtlinien. Zukünftig wird zudem die Lieferkettenverantwortung an Bedeutung gewinnen RGC berichtete hier und hier). Damit werden vertragliche Energieeinspar- und -effizienzvorgaben für IT üblicher. Aus der Praxis wissen wir, dass bei Integration solcher Vorgaben in Verträge, in denen es (auch) um IT geht, z.B. über Cloud-Hosting, Rechenzentren oder sonstige IT-Services, vor allem geeignete Regelungen für den Einzelfall wichtig sind. Eine besondere Herausforderung sind die klare Definition von Zielen und Verantwortlichkeiten (z.B. bestimmte Zertifizierung, Einsatz bestimmter Technologien, eindeutige Kennzahlen, eindeutige Bezugnahme auf Vorgaben für den Einkauf oder die Produktkonzeption (z.B. EVK, Öko-Design, Energy-Star etc.), Einsatz von Energiemanagement-Software). Bei allen Regelungen gilt: Diese sollten auf den jeweiligen Zweck möglichst exakt zugeschnitten sein.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Energieversorgung in der Krise – Kündigungen, Insolvenzen, Gasmangel

In unserem Workshop RGC-Fokus zur Energieversorgung in der Krise geben wir Ihnen in 1,5 Stunden einen Überblick über die wichtigsten Rechtsfragen und wichtige Tipps für Industrieunternehmen aus unserer Beratungspraxis.

Seit Monaten steckt der Energiemarkt in der Krise. Mit der gestrigen Ankündigung des Bundeswirtschaftsministeriums, das Verfahren für Nordstream 2 aufgrund der Ukraine-Krise zu stoppen, könnte sich diese Situation noch verschärfen.

Für Industrieunternehmen stellen sich daher aktuell völlig neue Herausforderungen. Wir haben für Sie die wichtigsten Fragestellungen identifiziert und werden diese in unserem RGC-Fokus „Energieversorgung in der Krise – Kündigungen, Insolvenzen, Gasmangel“ am 29.03.2022 von 9:30-11:00 Uhr für Sie einordnen und rechtlich bewerten.

Unseren Themen sind:

  • Energieverträge: Kündigungen, Lieferstopps, Vertrags- und Preisanpassungen:
    Manche Versorger versuchen aktuell, vertraglich ihre wirtschaftlich prekäre Situation – ausgelöst z.B. durch ungünstige langfristige Energieeinkäufe – zu verbessern. In diesem Fall haben sich Unternehmen oft damit auseinanderzusetzen, ob Kündigungen, Lieferstopps, Vertrags- oder Preisanpassungen wirksam sind. Anhand von Praxisbeispielen erläutern wir, welches Vorgehen in typischen Situationen sinnvoll ist.
  • To-Do´s für Industrieunternehmen bei Versorgerinsolvenzen:
    Andere Versorger sind über die Frage von vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten schon hinaus: Sie mussten Insolvenz anmelden, z.B. weil die aktuell extrem hohen Spotmarktpreise für sie nicht mehr zu stemmen sind. Kunden werden von dieser Situation oft überrascht und müssen sich in kürzester Zeit einen neuen Versorger suchen. Preisnachteile sind in diesem Fall die Regel. Wie entsprechende Schadensersatzansprüche verfolgt und ggf. noch nicht ausgezahlte Privilegien „gerettet“ werden können, werden wir ebenfalls im Rahmen der Veranstaltung behandeln.
  • Extremsituation Gasmangel:
    Was passiert, wenn Energieversorgung noch nicht einmal mehr eine Preisfrage ist, sondern die verfügbare Gasmenge nicht mehr zur Versorgung aller Gaskunden ausreicht? Die aktuelle geopolitische Lage macht leider erfoderlich, dass wir auch die Folgen dieses Szenarios einmal juristisch betrachten: Welche Regelungen gelten nach EU- und nationalem Recht für die Gasknappheit? Wer wird noch versorgt, wenn anderen schon das Gas ausgeht? Und was ist Unternehmen in diesen Fällen zu raten?

Hier geht’s zur Veranstaltung, weiteren Infos, Agenda und Online-Anmeldung.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                        Yvonne Hanke
                        Michelle Hoyer, LL.M.

EU veröffentlicht Entwurf für neuen Lieferketten-Rechtsakt

Lange hat es sich angekündigt, jetzt wurde der Entwurf für einen EU-Lieferketten-Rechtsakt vorgelegt, der in einigen Punkten deutlich über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgeht.

Heute, am 23.02.2022, hat die EU einen Lieferketten-Rechtsakt veröffentlicht. Einige Details waren schon im Vorfeld durchgesickert (RGC berichtete).

Der Entwurf einer „DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937“ formuliert in Artikel 2 den Anwendungsbereich für

  • Unternehmen, die im Durchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter und einen weltweiten Umsatz von mehr als 150 Mio. EUR im letzten Geschäftsjahr haben oder
  • Unternehmen, die im Durchschnitt mehr als 250 Mitarbeiter und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Euro Mio. im letzten Geschäftsjahr haben, sofern mindestens 50 % dieses Nettoumsatzes in einer „Risikobranche“ erfolgt.

Besonders genannt werden diesbezüglich die (Risiko-)Branchen:

  • Herstellung von Textilien, Leder und verwandten Produkten (einschließlich Schuhen) und der Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen,
  • Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei (einschließlich Aquakultur),
  • Herstellung von Lebensmittel und Großhandel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen,
  • lebende Tiere, Holz, Lebensmittel und Getränke,
  • Gewinnung von Bodenschätzen, unabhängig davon, wo sie gewonnen werden (einschließlich Erdöl, Erdgas, Kohle, Braunkohle, Metalle und Metallerze sowie alle anderen, nichtmetallischen Mineralien und Steinbruchprodukte),
  • Herstellung von Grundmetallprodukten, anderen nichtmetallischen Mineralprodukten und verarbeitete Metallprodukte (außer Maschinen und Ausrüstung) und Großhandel mit mineralischen Rohstoffen, Grund- und Zwischenmineralien-Produkte (einschließlich Metalle und Metallerze, Baumaterialien, Brennstoffe, Chemikalien und andere Zwischenprodukte).

Zudem gelten die Regelungen unter bestimmten Bedingungen auch für größere Unternehmen, die in einem Drittstaat gegründet wurden und z.B. größere Umsätze in der EU erwirtschaften.

Der Richtlinienentwurf sieht insbesondere die folgenden Pflichten für die erfassten Unternehmen vor:

  • Einbeziehung der Lieferketten-Sorgfaltspflicht in ihre Politik, vgl. Artikel 5;
  • Ermittlung tatsächlicher oder potenzieller nachteiliger Auswirkungen der Aktivitäten des Unternehmens bzw. der Lieferkette auf Menschenrechte und der Umwelt, vgl. Artikel 6;
  • Vermeidung und Minderung potenzieller negativer Auswirkungen und Herbeiführung tatsächlicher negativer Auswirkungen;
  • Beendigung dieser Auswirkungen bzw. Minimierung ihres Ausmaßes, vgl. Artikel 7 und 8;
  • Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Beschwerdeverfahrens, vgl. Artikel 9;
  • Überwachung der Wirksamkeit ihrer Sorgfaltspflichtpolitik und -maßnahmen, vgl. Artikel 10;
  • Öffentliche Kommunikation zur Sorgfaltspflicht, vgl. Artikel 11.

Der Pflichtenkanon und das Vorgehen des Richtlinien-Entwurfes sind daher dem deutschen Lieferkettengesetz nicht unähnlich. Im Detail ergeben sich – nicht nur durch den größeren Anwendungsbereich – aber weitreichende Unterschiede. Wir werden den Entwurf in den nächsten Tagen und Wochen weiter auswerten und an dieser Stelle bei Gelegenheit berichten.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nicht-Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie

Wegen Nicht-Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie droht Deutschland jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren

Zum 17.12.2021 ist die Umsetzungsfrist für die EU-Whistleblowing-Richtlinie abgelaufen. Sämtliche Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Dänemark) haben eine fristgerechte Umsetzung bislang versäumt. So auch Deutschland. Damit findet die Whistleblowing-Richtlinie jetzt zunächst unmittelbare Anwendung für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sowie auch kleinere Unternehmen aus den Branchen Finanzdienstleistung, Verkehrssicherheit und Umweltschutz (RGC berichtete). Für diese Unternehmen besteht damit jetzt direkter Handlungsbedarf.

Die Whistleblowing-Richtlinie betrifft neben anderen Gegenständen auch eine Reihe von Rechtsakten in den Gebieten Umweltschutz, Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit sowie Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, vgl. Art. 2 der Whistleblower-Richtlinie, z.B. die MCP-Richtlinie (in Deutschland umgesetzt durch die 44. BImSchV für Feuerungsanlagen zwischen 1-50 MW), das PRTR-Gesetz, REACH und EU-ETS.

Im Rahmen der Vertragsverletzungsverfolgung seitens der EU hat Deutschland ein Aufforderungsschreiben erhalten, in dem die EU-Kommission eine Art Anhörung vornimmt. Deutschland als umsetzungsverpflichteter Mitgliedstaat wird darin zu den Gründen für die Nichtumsetzung befragt und muss eine ausführliche Stellungnahme übermitteln. Im Anschluss wird die EU-Kommission entscheiden, ob weitere Schritte erforderlich werden, damit der Umsetzung des EU-Rechts Genüge getan wird. Dies könnte dann in Form einer förmlichen Aufforderung an Deutschland erfolgen. Diese Umstände – und vor allem die prompte Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens – zeigen, dass die EU die Umsetzung der Richtlinie und das Thema Hinweisgebung und Hinweisgeberschutz ernst nimmt.

Wir werden für Sie weiterverfolgen, wie die Reaktion Deutschlands ausfällt. Da bereits im Koalitionsvertrag die Umsetzung eines entsprechenden Gesetzes angekündigt wurde, ist vorstellbar, dass nun mit Hochdruck ein Gesetzgebungsverfahren in Angriff genommen wird.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Frist abgelaufen: Whistleblower-Richtlinie gilt jetzt unmittelbar

Weil der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie bislang versäumt hat, gilt diese seit Ende Dezember 2021 nunmehr unmittelbar. Was das mit Energie-, Umwelt- und Klimarecht zu tun hat, erklären wir im Artikel.

EU-Richtlinien richten sich grundsätzlich nur an die Mitgliedstaaten, die diese dann in eigenständige, nationale Gesetze umsetzen müssen, bei denen ihnen grundsätzlich ein großer Umsetzungsspielraum, begrenzt von Mindestanforderungen der Richtlinie, zusteht. Schafft es ein Mitgliedstaat allerdings nicht, eine EU-Richtlinie innerhalb der Umsetzungsfrist in ein Gesetz zu gießen, dann ist die Richtlinie unmittelbar anwendbar, d.h. Bürger und Unternehmen in den Mitgliedstaaten können und müssen aus der Richtlinie nunmehr Rechte und Pflichten ableiten.

So geschehen auch bei der EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern, sog. EU-Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937): Am 17.12.2021 ist die zweijährige Umsetzungsfrist abgelaufen. Viele Unternehmen haben schon freiwillige Formen von Hinweisgebersystemen installiert. Aber seit dem 17.12.2021 sind Unternehmen nunmehr unmittelbar verpflichtet, die Vorgaben zum Schutz von sog. „Whistleblowern“ oder „Hinweisgebern“ aus der EU-Richtlinie umzusetzen.

Wer ist betroffen?

Die Pflichten aus der Richtline bestehen im Grundsatz nur für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern. Für Unternehmen aus den Branchen Finanzdienstleistung, Verkehrssicherheit und Umweltschutz besteht die Pflicht jedoch für alle Unternehmen, unabhängig von der Mitarbeiterzahl. Kleinere Unternehmen zwischen 50 und 249 Beschäftigten haben bei der Umsetzung übrigens etwas mehr Zeit: Für sie gilt eine Übergangsfrist bis zum 17.12.2023.

Aus der Richtlinie ist übrigens nicht ganz eindeutig ersichtlich, ob es ausreicht, einen Meldekanal für alle Unternehmen eines Konzerns vorzuweisen, oder ob jede Konzerngesellschaft eine eigene Einrichtung bedarf. Dies bspw. hätte Gegenstand der Konkretisierung durch den deutschen Gesetzgeber sein sollen.

Was genau ist zu tun?

Die Richtlinie sieht u. a. vor, dass Meldekanäle und Verfahren für Meldungen zu Rechtsverstößen eingerichtet werden müssen. Es sind hierbei Prozesse für interne und externe Meldungen vorgesehen und auch bereits im Rahmen der Richtlinie relativ tiefgehend ausgestaltet geregelt.

Im Rahmen der internen Meldung muss zunächst ein den Richtlinienanforderungen genügender Meldekanal im Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, damit ein Hinweisgeber z.B. telefonisch oder schriftlich melden kann. Diese Meldung ist sodann intern durch eine unparteiische Person oder Abteilung zu prüfen. Zuerst ist eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. So sollen Bagatellen und leicht zu klärende Vorwürfe herausgefiltert werden. Wenn die Vorwürfe fortbestehen, ist eine interne Untersuchung durchzuführen. Es muss zudem sichergestellt werden, dass der Hinweisgeber innerhalb von drei Monaten Rückmeldung zu seinem Hinweis erhält.

Außerdem verpflichtet die Whistleblower-Richtlinie erstmals die Mitgliedstaaten dazu, dass Hinweisgeber neben einem internen Meldekanal auch einen externen behördlichen Kanal nutzen können. Bei diesem externen Meldekanal kann der Hinweisgeber seinen Hinweis auch dann äußern, wenn er den internen Meldekanal seines Unternehmens (noch) nicht genutzt hat. Auch seitens der Behörde muss wieder eine Plausibilitäts-/Stichhaltigkeitsprüfung stattfinden und – sollten sich die Hinweise erhärten – eine Untersuchung angestrengt werden.

Darüber hinaus sieht die Whistlelower-Richtlinie weitereichende Schutzvorschriften für Arbeitnehmer vor (sog. Verbot von „Vergeltungsmaßnahmen“), z.B. Kündigungsschutz und Verbot von sonstigen Maßnahmen, wie Beförderungsverweigerung oder Gehaltskürzung. Ebenfalls bedeutsam ist, dass die Vorgaben des (EU)-Datenschutzrechts auch im Rahmen des Hinweisgebersystems vom Arbeitgeber zwingend zu beachten sind.

Welche Verstöße sind betroffen?

Nach der Richtlinie sind zunächst einmal nur Hinweise zu Rechtsverstößen gegen bestimmte EU-Rechtsakte vom Hinweisgeberschutz umfasst. Aber dem deutschen Gesetzgeber steht es frei, in einem späteren Gesetz auch die Verletzung rein deutscher Regelungen ganz oder teilweise einzubeziehen. Dies war übrigens Hauptstreitpunkt, der letztlich zum Scheitern in der letzten Legislaturperiode geführt hat.

So erfasst die Richtlinie als einen Kernbereich auch gerade eine Reihe von Rechtsakten in den Gebieten Umweltschutz, Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit sowie Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, vgl. Art. 2 der Whistleblower-Richtlinie. In der Anlage sind bspw. genannt:

  • die EU-Vorschriften zu Emissionsnormen für PKW und Kraftstoffe (in Deutschland umgesetzt durch eine Reihe von Regelwerken, z.B. mehrere BImSchVen),
  • Umwelthaftungs- und Umweltschadensrichtlinien (in Deutschland umgesetzt durch das UmweltHG und das USchadG),
  • die sog. PRTR-Richtlinie für ein Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister (in Deutschland geregelt im PRTR-Gesetz),
  • die FCKW-Verordnung (in Deutschland umgesetzt durch die Chemikalien-Ozonschicht-VO),
  • die MCP-Richtlinie (in Deutschland umgesetzt durch die 44. BImSchV),
  • die UVP-Richtlinie (in Deutschland umgesetzt durch das UVPG),
  • die REACH-Verordnung (direkt anwendbar in Deutschland, teilweise konkretisiert in deutschen Regelwerken, z.B. Chemikaliengesetz, Gefahrstoffverordnung),
  • die Regelungen über den EU-Emissionshandel (in Deutschland umgesetzt in diversen Rechtsakten, z.B. im TEHG),
  • die EU-Erneuerbare Energien Richtlinie,
  • die EU-Energieeffizienzrichtlinie

und etliche weitere.


Wie geht es (voraussichtlich) weiter?

Nachdem ein früherer Gesetzesvorschlag bis zum Ende der letzten Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden konnte – auch weil die Anforderungen politisch sehr umstritten waren – ist zu erwarten, dass sich die neue Bundesregierung alsbald mit einem neuen Gesetzesentwurf zurückmeldet. Wir verfolgen die Rechtslage für Sie und berichten von interessanten weiteren Entwicklungen.

Bis dahin müssen Unternehmen die EU-Rechtslage gegen sich gelten lassen und die Vorgaben aus der Richtlinie insoweit umsetzen, dass die Arbeitgeberpflichten im Hinblick auf den Schutz von Hinweisgebern erfüllt sind.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

RGC-Fokus: Was ist eigentlich….das Lieferkettengesetz?

Unser neues und kostenfreies Video aus der Serie „RGC-Fokus“ zum Lieferkettengesetz ist jetzt online.

Am 21.06.2021 hat der Bundestag das finale Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten verabschiedet (RGC berichtete).

Hintergrund dieses Gesetzes sind die oftmals in sogenannten Billiglohnländern vorherrschenden, niedrigen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Das neue Lieferkettengesetz soll diesen Missständen entgegenwirken und dazu führen, dass Unternehmen mehr Verantwortung für Mensch und Umwelt in ihrer Lieferkette übernehmen.

Ab dem 01.01.2023 müssen daher die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden Unternehmen bestimmte Sorgfaltspflichten in ihre geschäftlichen Tätigkeiten integrieren. Bei etwaigen Verstößen können Zwangsgelder, Bußgelder sowie der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren drohen.

Welche Unternehmen die normierten Sorgfaltspflichten einhalten müssen und wie die Umsetzung dieser Pflichten in der Praxis aussehen kann, beantworten wir Ihnen gern in unserem neuen Video:

RGC-Fokus: Was ist eigentlich… das Lieferkettengesetz?

Rückkehr ins Büro: Nur noch ein Viertel der Beschäftigten im Homeoffice

Seit dem Ende der Homeoffice-Pflicht ist die Zahl der Beschäftigten, die wieder im Büro arbeiten, angestiegen.

Nach einer Schätzung des Münchner ifo-Instituts arbeitet derzeit nur noch ein Viertel der Beschäftigten zumindest anteilig im Homeoffice. Die Pflicht der Arbeitgeber, ihren Beschäftigten Homeoffice anzubieten, ist Ende Juni ausgelaufen – seitdem stieg die Anzahl der Beschäftigten im Büro an. Im Juni arbeiteten noch ca. 28 % der Beschäftigten im Homeoffice, im März sogar knapp ein Drittel.

Zu erwarten ist, dass sich zukünftig hybride Arbeitsmodelle durchsetzen: Viele Beschäftigte werden weiterhin zumindest tageweise im Homeoffice arbeiten. 

Lungenkrebs durch Passivrauch und Hüftgelenksarthrose in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen

Am 1. August 2021 tritt die angepasste Berufskrankheiten-Liste in Kraft.

Die Berufskrankheiten-Liste wird auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales regelmäßig angepasst.

Zum 1. August 2021 werden die Hüftgelenksarthrose durch Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Lungenkrebs durch Passivrauchen in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen.

Die Hüftgelenksarthrose kann dann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn:

  • das Krankheitsbild die Diagnose „Koxarthrose“ im Sinne der wissenschaftlichen Begründung erfüllt,
  • die erkrankte Person während ihres Arbeitslebens mindestens zehnmal pro Tag Lasten mit einem Gewicht von mindestens 20 Kilogramm gehandhabt hat und
  • das Gesamtgewicht der im Arbeitsleben bewegten Last mindestens 9.500 Tonnen beträgt.

Lungenkrebs durch Passivrauch kann dann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn

  • das Krankheitsbild die Diagnose „Lungenkrebs“ erfüllt,
  • die erkrankte Person am Arbeitsplatz viele Jahre intensiv Passivrauch ausgesetzt war (Passivrauchexposition) und
  • die erkrankte Person selbst nie oder maximal bis zu 400 Zigarettenäquivalente aktiv geraucht hat. Dabei werden etwa Zigarren, Zigarillos und andere Tabakprodukte entsprechend ihrer Zusammensetzung umgerechnet und Zigaretten gleichgestellt.

ArbG Köln: Außerordentliche Kündigung trotz „Rotzlappenattest“

Urteil vom 17.06.2021, Az. 12 Ca 450/21

In dem vorstehenden Verfahren hat das Arbeitsgericht Köln entschieden, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer im Außendienst nach erfolgloser Abmahnung wegen des Nichttragens eines Mund-Nasen-Schutzes außerordentlich kündigen kann.

Relevanz:
Die Entscheidung hat Relevanz für die Verpflichtung zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz für Beschäftigte im Außendienst mit Kundenkontakt.

Hintergrund: Ein Unternehmen wies aufgrund der Corona-Pandemie all seine angestellten Servicetechniker im Außendienst mit Kundenkontakt an, während der Arbeit bei den Kunden einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Einer der Servicetechniker widersetzte sich der Anweisung und wollte während der Arbeit keine Maske tragen. Der Servicetechniker weigerte sich daher, einen Serviceauftrag bei einem Kunden durchzuführen, der ausdrücklich auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bestand.

Einige Monate später legte der Servicetechniker seinem Arbeitgeber ein als „Rotzlappenbefreiung“ bezeichnetes, auf Blankopapier ausgestelltes Attest vor, ausweislich dessen der Servicetechniker „aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen“. Der Arbeitgeber erkannte das Attest nicht an und verlangte weiterhin das Tragen eines von ihm gestellten medizinischen Mund-Nasen-Schutzes. Der Servicetechniker lehnte weitere Aufträge, bei denen er einen Mund-Nase-Schutz hätte tragen müssen, ab. Der Arbeitgeber mahnte den Servicetechniker zunächst ab und kündigte diesem daraufhin außerordentlich.

Der Servicetechniker legte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Köln ein, welches die Klage abwies und dem Arbeitgeber recht gab. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Köln hat der Servicetechniker durch seine beharrliche Weigerung, eine Maske zu tragen, wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Hierfür gebe es auch keine Rechtfertigung, da es in dem vom Servicetechniker vorgelegten Attest an einer konkreten Diagnose eines Krankheitsbildes fehle. Das Arbeitsgericht äußerte außerdem Zweifel an der Ernsthaftigkeit der medizinischen Einschränkungen des Servicetechnikers, da er selbst Masken als „Rotzlappen“ bezeichnet und das Angebot, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen, nicht wahrgenommen hat.

Lockerung der Corona-Regeln am Arbeitsplatz

Ab Juli entfällt u.a. die derzeit noch geltende Homeoffice-Angebotspflicht durch Arbeitgeber.

Aufgrund der bundesweit rückläufigen Zahl der Corona-Neuinfektionen hat das Bundeskabinett diese Woche Anpassungen an der derzeit noch bis 30. Juni 2021 geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) beschlossen. Die überarbeitete Corona-Arbeitsschutzverordnung soll zum 1. Juli 2021 in Kraft treten und bis zum 10. September 2021 gelten.

Ab 1. Juli 2021 sind Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet, ihren Beschäftigten Homeoffice anzubieten.

Andere Corona-Regeln bleiben jedoch bestehen: Arbeitgeber sind weiterhin verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes unter Berücksichtigung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zu überprüfen und zu aktualisieren. Auch müssen medizinische Gesichtsmasken, sofern diese erforderlich sind, vom Arbeitgeber bereitgestellt werden.

Unternehmen müssen Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, grundsätzlich weiterhin zwei Corona-Tests pro Woche anbieten. Dies ist allerdings ab Juli nicht mehr erforderlich, wenn der Arbeitgeber „durch andere geeignete Schutzmaßnahmen einen gleichwertigen Schutz der Beschäftigten“ sicherstellen oder nachweisen kann, was beispielsweise für vollständig geimpfte oder genesene Beschäftigte zutrifft.