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RGC zu Gast im Podcast „Recht. Einfach. Erklärt“.

Pierre Daniel Wittmann hat sich in seinem Podcast „Recht. Einfach. Erklärt.“ mit RGC zum Thema „Die Energiepreiskrise – Worauf Unternehmen und Verbraucher aktuell achten sollten“ ausgetauscht.

Derzeit ist die Energiepreiskrise in vollem Gang. Seit September 2021 steigen für Unternehmen und Verbraucher die Preise für Strom und Gas spürbar an. Ursache für diesen Anstieg sind die anwachsenden Preise an den Strom- sowie Gasbörsen.

Diese Entwicklung führte bereits so weit, dass zuvor erfolgreiche Geschäftsmodelle von sogenannten „Energiediscountern“ auf die Probe gestellt wurden und im Zuge dessen erste Energieversorgungsunternehmen die Insolvenz anmelden mussten (RGC berichtete).

In seinem Podcast „Recht. Einfach. Erklärt.“ hat Pierre Daniel Wittmann den Dialog mit unseren Kolleginnen Franziska Lietz und Michelle Hoyer zum Thema „Die Energiepreiskrise – Worauf Unternehmen und Verbraucher aktuell achten sollten“ gesucht. Für Unternehmen und Verbraucher stellen sich vor allem die Fragen, wie man auf mögliche Vertragsanpassungen oder die Insolvenz des eigenen Energieanbieters reagieren sollte. Zu diesen und vielen anderen im Zuge der Energiepreisekrise aufkommenden Fragen geben unsere Kolleginnen wichtige Praxistipps.

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Ihr RGC-Team

LG Bayreuth: Keine gesamtschuldnerische Haftung des Bilanzkreisverantwortlichen für EEG-Umlage

Urteil vom 22.06.2021, Az.: 3 O 433/19

In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen als Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) und einem Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) hat das LG Bayreuth entschieden, dass für die Zahlung der EEG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen allein das Unternehmen gegenüber dem ÜNB haftet.


Relevanz:
Das Urteil ist für stromkostenintensive Unternehmen interessant, da das LG Bayreuth allein das stromkostenintensive Unternehmen als Zahlungspflichtigen für die EEG-Umlage gegenüber dem ÜNB einstuft. Damit wird die Rechtsprechung des OLG München (Az 3 U 873/20) bestätigt (RGC berichtete).


Hintergrund:

Der beklagte ÜNB hatte das klagende Elektrizitätsversorgungsunternehmen als BKV zur Zahlung der EEG-Umlage für ein insolventes stromkostenintensives Unternehmen aufgefordert. Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen zahlte zunächst die EEG-Umlage und fordert die Summe im vorliegenden Verfahren zurück. Nach Auffassung des ÜNB hafte der BKV gesamtschuldnerisch für die EEG-Umlage gem. §§ 60 Abs. 1, 60a Satz 2 EEG 2017.

  • Das LG Bayreuth verneint die gesamtschuldnerische Haftung des BKV. Es liege weder ein vertragliches, noch ein gesetzliches Schuldverhältnis aus § 60 Abs. 1 Satz 6 EEG 2017 i.V.m. § 60a Satz 2 EEG 2017 vor. Zu diesem Schluss kommt das Gericht nach einer umfassenden Auslegung der streitentscheidenden Normen:

  • Aus dem Wortlaut der §§ 60 Abs. 1, 60a Satz 2 EEG 2017 lässt sich keine Zahlungspflicht ableiten. Die Vorschiften finden nur im Verhältnis zwischen dem stromkostenintensiven Unternehmen und dem ÜNB Anwendung, nicht auch im Verhältnis zum BKV.
  • Eine gesamtschuldnerische Haftung folgt auch nicht aus der Systematik. Die Wertungen der §§ 60 und 60a EEG 2017 stehen selbstständig nebeneinander.
  • Aus der Gesetzeshistorie weist das Gericht auf die Genese der §§ 60, 60a EEG 2017 hin. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung der Normen den Anwendungsfall vor Augen gehabt, in dem BKV und EEG-Umlageschuldner auseinanderfallen. In Folge ist für den ÜNB nicht ersichtlich, wer der EEG-Umlageschuldner ist. Im Falle des § 60a EEG hat der ÜNB jedoch aufgrund des BAFA- Begrenzungsbescheides Kenntnis vom EEG-Umlageschuldner. Ein Identifizierungsproblem besteht somit nicht.
  • Nach dem Sinn und Zweck liege ebenfalls keine gesamtschuldnerische Haftung vor. Nach Ansicht des Gerichts habe der Gesetzgeber keine Umverteilung des Insolvenzrisikos vornehmen wollen.

Die Entscheidung des LG Bayreuth erging ebenso wie die Entscheidung des OLG München zum EEG 2017, der Wortlaut in den aktuellen §§ 60 Abs. 1 Satz 5 und 6, 60a EEG 2021 ist zum EEG 2017 unverändert.

Autoren: Pia Weber
                Joel Pingel

Der neue Trading Hub Europe – Ein deutschlandweites Gasmarktgebiet

Seit dem 1. Oktober dieses Jahres gibt es in Deutschland ein einheitliches Marktgebiet für Gas. Ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Gaswirtschaft in Deutschland beginnt und bringt einige Veränderungen.

Auf Grundlage der Novellierung der Gasnetzzugangsverordnung im Jahr 2017 wurde an der Bildung eines einheitlichen Marktgebietes in Deutschland gearbeitet (RGC berichtete). Mit der Zusammenlegung der bisherigen Marktgebietsverantwortlichen GASPOOL Balancing Services GmbH (GASPOOL) und NetConnect Germany GmbH & Co. KG (NCG) wurde nun der finale Schritt getan.

Seit dem 1. Juni 2021 sind die beiden Unternehmen bereits gesellschaftlich in der GASPOOL aufgegangen und in Trading Hub Europe GmbH (THE) umbenannt worden. Die THE betreibt nun seit dem 1. Oktober 2021 das gesamte Marktgebiet.

Für die Marktteilnehmer erhofft man sich dadurch insbesondere Vorteile im Hinblick auf einen vereinfachten Netzzugang und vereinfachte Prozesse. Diese sollen beispielsweise dadurch gewährleistet werden, dass sich Kunden-, Daten- und VHP-Portale an den Marktpartner orientieren werden.

Da es nur noch einen Marktgebietsverantwortlichen gibt, werden Abstimmungsprozesse vereinfacht und Bilanzkreisverantwortliche müssen zukünftig nur noch einen Bilanzkreisvertrag abschließen. Zudem sollen einheitliche deutschlandweite Preise, zum Beispiel für Entgelte und Umlagen, realisiert werden. Ein Abschluss neuer Bilanzverträge ist nicht notwendig, da bestehende Vertragsbeziehungen auf die THE übergegangen sind. Dennoch können sich Änderungen in den Verträgen, insbesondere im Hinblick auf Bezüge zu den Marktgebieten und den Bilanzkreisen ergeben.

Der THE wirbt mit einer möglichen Preissenkung durch das einheitliche Marktgebiet. Kritische Stimmen halten jedoch auch einen weiteren Preisanstieg für möglich. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Preissituation tatsächlich entwickelt.

Als Folge der Änderung fordern immer mehr Gaslieferanten die Unterzeichnung von Vertragsnachträgen durch ihre Kunden. Diese Vertragsnachträge sollten Sie jedoch keinesfalls voreilig unterzeichnen. Vergewissern Sie sich zunächst, dass Sie vollumfänglich mit allen Inhalten des Nachtrags einverstanden sind. Selbstverständlich unterstützen wir Sie gern bei der Prüfung solcher Vertragsnachträge.

Deutschlandweites Marktgebiet Gas gestartet

Trading Hub Europe löst die beiden bisherigen Marktgebiete NetConnect Germany und Gaspool ab.

Bereits im Jahr 2017 wurde durch eine Änderung der Gasnetzzugangsverordnung angeordnet, dass die bestehenden Marktgebiete zusammenzulegen sind. Beim Start der Regulierung im Gasbereich im Jahr 2006 gab es ca. 40 Gas-Marktgebiete in Deutschland. Diese Anzahl wurde durch rechtliche und regulatorische Vorgaben immer weiter reduziert. Seit 2011 gab es noch zwei große Marktgebiete: Gaspool und NetConnect Germany. 

Nun ist das neue einheitliche Marktgebiet mit dem Namen „Trading Hub Europe“ (kurz: THE) am 1. Oktober 2021 an den Start gegangen. Das Hochdruckleitungssystem von THE verfügt über eine Gesamtlänge von rund 40.000 km und verbindet mehr als 700 nachgelagerte Netze. Damit werden der Markteintritt und der deutschlandweite Handel mit dem Energieträger Gas vereinfacht: Endverbraucher sind für alle Lieferanten direkt erreichbar, bislang getrennte Netze sind zukünftig bilanziell in einer einzigen Entry- und Exit-Zone verbunden.

Mit dem operativen Start des neuen Marktgebietes waren Änderungen verbunden, die teilweise auch die Mitwirkung der Transportkunden und Bilanzkreisverantwortlichen erforderlich machte, z.B. für Datenmeldeprozesse. Die Bilanzkreisbezeichnungen der alten Bilanzkreise wurden zum Starttermin auf die neue Nomenklatur von Trading Hub Europe migriert. Der Start des einheitlichen Marktgebietes ist nach Angaben von THE ohne Schwierigkeiten verlaufen; die überwiegende Anzahl der Kunden und nachgelagerter Netzbetreiber hatte im Vorfeld die notwendigen Maßnahmen ergriffen. 

Da die Zusammenlegung zu einer erheblichen Reduktion der (technischen) festen, frei zuordbaren Einspeisekapazität führen könnte, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 25. März 2020 eine Festlegung beschlossen, mit der ein Überbuchungs- und Rückkaufsystem zur Realisierung des Angebots zusätzlicher Kapazitäten im deutschlandweiten Marktgebiet vorgegeben wird (BK7-19/037 – „KAP+“). In bestimmten Situationen kann THE sog. marktbasierte Instrumente (MBI) einsetzen, wie das VIP-Wheeling, die Drittnetznutzung oder ein Spread Produkt. Falls diese Produkte nicht ausreichen, können gebuchte Kapazitäten zurückgekauft werden.

Weitere Informationen finden Sie hier

ÜNBs starten Netzsaldo-Ampel

Das digitale Tool soll Erleichterung für Teilnehmer am Regelenergiemarkt bringen

Die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben eine sog. Netzsaldo-Ampel entwickelt und stellen diese den Teilnehmern am Regelenergiemarkt zur Verfügung. Die Ampel soll es den Marktakteuren ermöglichen, schneller als bisher auf Ungleichgewichte in ihren Bilanzkreisen zu reagieren.

Die ÜNBs optimieren gemeinsam die Vorhaltung und den Einsatz von Regelenergie im deutschen Stromnetz. Bislang wurden entsprechende Daten kurz nach Ablauf einer Viertelstunde veröffentlicht. Mit der neuen Ampel wird das Monitoring schneller, weil sie die Situation viertelstundengenau abbildet.

Die neue Netzsaldo-Ampel zeigt dabei die Situation in der Systembilanz in drei Stufen an: Bei unkritischem Saldo wird ein grünes Ampelsignal übermittelt. Bei erhöhten oder angespannten Saldi wird ein gelbes oder rotes Ampelsignal gesendet. Dabei wird auch angezeigt, ob zu viel Strom im System ist (Überdeckung) oder Strom fehlt (Unterdeckung). Die Marktteilnehmer können somit ihre eigenen Positionen bzw. Ungleichgewichte schneller erkennen und am Markt ausgleichen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Bilanzausgleichspreis wird um Knappheitskomponente erweitert

Die BNetzA hat den Vorschlag der ÜNB angenommen und beschlossen, dass in bestimmten Situationen der Preis für Bilanzungleichgewichte angepasst wird.

Stromeinspeisungen und -entnahmen werden im deutschen Stromnetz über Bilanzkreise erfasst und müssen stets ausgeglichen sein. Für Ungleichgewichte im Bilanzkreis durch Über- oder Unterspeisungen werden Ausgleichsenergiepreise erhoben. Dieser Ausgleichspreis wird über den Intraday-Markt bestimmt. Grundsätzlich kann ein effizienter Systemausgleich im Stromnetz über diese bereits etablierte Börsenpreiskopplung des regelzonen¬übergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreises (reBAP) erreicht werden. Dennoch waren in jüngster Zeit gravierende Ungleichgewichte in den Bilanzkreisen aufgetreten. Deshalb sahen ÜNB und BNetzA die Notwendigkeit, die Ausgestaltung der Börsenpreiskopplung um eine zusätzliche Absicherung zu ergänzen, die weitere Anrei¬ze zur Vermeidung systemgefährdender Bilanzungleichgewichte setzen soll.

Aufgrund der EU-Verordnung zur „Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem“ ((EU) 2017/2195) sind die deutschen ÜNB ermächtigt, Vorgaben für den Ausgleichenergiepreis zu entwickeln und der BNetzA zur Genehmigung vorzulegen. Das haben die ÜNB im Jahr 2020 getan und einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichsenergiepreises gemacht, wenn eine sog. Knappheitskomponente vorliegt. Diesen Vorschlag hat die BNetzA nun mit Beschluss vom 11. Mai 2021 (Az.: BK6-20-345) festgelegt.

Der Vorschlag für eine Anpassung des reBAP soll insbesondere in Zeitpunk¬ten starker Systemungleichgewichte die Anreize für die Marktteilnehmer erhöhen, für einen ausgeglichenen Bilanzkreis zu sorgen. Dazu dient die sog. Knappheitskomponente: in Viertelstunden, in denen der Saldo des deutschen Netzregelverbundes einen Wert von mehr als 80 % der kontrahierten Regelleistung in der entsprechenden Richtung ausweist, wird im Rahmen der Bilanzkreisabrechnung bei Unter- und bei Überspeisungen der reBAP nach einer neuen Preisformel berechnet, die zu deutlichen Verteuerungen führen kann.

Die Änderungen beim Ausgleichsenergiepreis werden spätestens sechs Monate nach ihrer Genehmigung wirksam.

BNetzA eröffnet Bußgeldverfahren nach REMIT-Verordnung

Ermittlungen laufen gegen drei Marktteilnehmer

Die BNetzA ist die zuständige Behörde in Deutschland für den Vollzug der REMIT-Verordnung. Die Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (kurz: REMIT) hat das Ziel, die Transparenz und Stabilität der europäischen Energiemärkte zu erhöhen, wobei insbesondere der Insiderhandel und die Marktmanipulation bekämpft werden.

Nun hat die BNetzA offiziell Bußgeldverfahren gegen drei Unternehmen eröffnet, die im Verdacht stehen, falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots von Strom gesendet und damit den Preis beeinflusst zu haben. Dafür hat die BNetzA über Einhundertmillionen Handels- und Bilanzkreisdaten aus drei Tagen im Juni 2019 ausgewertet.

Die Bußgeldverfahren nach der REMIT-Verordnung beruhen auf Erkenntnissen, die die BNetzA im Rahmen von weiteren Aufsichtsverfahren gewonnen hat, die parallel zu den REMIT-Verfahren laufen. Gegenstand dieser Aufsichtsverfahren sind Verstöße gegen die Pflicht zur ausgeglichenen Bewirtschaftung von Bilanzkreisen. Im Juni 2019 kam es an drei Tagen zu massiven Ungleichgewichten im deutschen Stromnetz. Die Übertragungsnetzbetreiber mussten an diesen Tagen ihre vollständige Regelenergie über längere Zeiträume einsetzen und weitere Maßnahmen ergreifen, um das System stabil zu halten.

In Folge dieser massiven Beeinträchtigungen hatte die BNetzA nicht nur die v.g. Aufsichts- und Bußgeldverfahren eröffnet. Es wurden u.a. auch die Regelungen zur Bilanzkreistreue angepasst (RGC berichtete).

Weitere Informationen finden Sie hier.

BNetzA verschiebt Start der neuen Regelungen für Fahrplanmeldungen im Strombereich

Umsetzungsfristen für neue Vorgaben zum Bilanzkreisvertrag Strom wegen Corona-Pandemie verlängert

Bereits im April 2019 hatte die BNetzA neue Vorgaben für die Bilanzkreisverträge gemacht und die entsprechende Festlegung geändert (Az.: BK6-18-061). Eine der Änderungen betrifft den Bilanzkreisvertrag Strom; dieser sollte ab 1. Mai 2020 zwischen den Marktbeteiligten verbindlich vereinbart werden.

Der neue Standardbilanzkreisvertrag sieht u. a. umfassende Neuregelungen zu den Fahrplanmeldungen vor.  Das Fahrplanmanagement dient der Abwicklung von Energielieferungen. Der Bilanzkreisverantwortliche muss die beabsichtigten Energielieferungen beim Übertragungsnetzbetreiber für den folgenden Tag verbindlich anmelden und seinen Bilanzkreis möglichst ausgeglichen halten. Wegen des hohen Aufwands bei der Umsetzung der neuen Vorgaben hat die BNetzA die Einführung des neuen Bilanzkreisvertrages nun vom 1. Mai auf den 1. August 2020 verschoben.

Zudem müssen im Rahmen der ebenfalls geänderten Festlegung zur Marktkommunikation 2020 (Az.: BK6-18-032) die Marktbeteiligten zukünftig die Fahrpläne verschlüsselt austauschen. Diese Neuerung war zum 1. Juli 2020 vorgesehen und wird ebenfalls verschoben. Die Verschlüsselung muss danach erst ab 1. Oktober 2020 umgesetzt werden.  

Einzelheiten zu den coronabedingten Verschiebungen beim Fahrplanmanagement finden Sie hier.

BNetzA ändert Vorgaben für Bilanzkreisausgleich

Drei neue Festlegungen sollen für mehr Bilanzkreistreue und besseren Datenaustausch sorgen

Am 11. Dezember 2019 hat die BNetzA auf die erneuten Engpässe im Stromnetz reagiert und drei Festlegungen erlassen, um Bilanzkreisverantwortliche zu einer sorgfältigeren Bewirtschaftung ihrer Bilanzkreise anzuhalten. Offenbar mussten im Juni diesen Jahres die ÜNBs zu umfangreichen Maßnahmen greifen, um einen Blackout in Deutschland zu verhindern. Daher ist ein Ziel des neuen Maßnahmenpaketes der BNetzA, eine schnelle Aufklärung von Bilanzungleichgewichten zu ermöglichen. 

Bereits ab dem 15. Januar 2020 dürfen Bilanzkreisverantwortliche die Energiemengen in ihren Bilanzkreisen im potentiell systemkritischen Zeitraum der letzten 15 Minuten vor dem Erfüllungszeitpunkt nur noch ausgeglichen bewirtschaften. Auch die Berechnungsmethode für den regelzonenübergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreis (reBAP) wird geändert. Ab Februar wird zusätzlich ein Zuschlag bzw. Abschlag auf den reBAP in Höhe von 50 %, mindestens jedoch 100 €/MWh fällig. Dies gilt anders als bisher bereits dann, wenn der Saldo des Netzregelzonenverbundes einen Wert von mehr als 80% der kontrahierten Regelleistung ausweist. 

Schließlich wird zum 1. April 2020 die Datentransparenz erhöht, indem die Übertragungsnetzbetreiber künftig für viertelstündlich gemessene Einspeiser und Verbraucher einzelzählpunktscharfe Messwerte am folgenden Werktag erhalten sollen. Auf dieser Basis soll den ÜNBs eine schnelle Plausibilisierung der eingereichten Forward-Fahrpläne sowie eine kurzfristige Einschätzung über unausgeglichene Bilanzkreise ermöglicht werden.

Weitere Einzelheiten und die jeweiligen Festlegungen hat die Beschlusskammer 6 auf Ihrer Internetseite veröffentlicht.

BNetzA-Workshop zu Hinweis Messen und Schätzen am 05.12.2019

Eine gelungene Veranstaltung mit diversen Zwischenergebnissen

Die BNetzA hat im Rahmen ihrer Konsultation des Hinweises Messen und Schätzen am 05.12.2019 einen Workshop durchgeführt. Unterstützt wurde die BNetzA durch das BMWi und das BAFA. Teil nahmen rd. 200 Vertreter von zumeist energieintensiven Unternehmen, Netzbetreibern, Verbänden, Energiedienstleistern, Wirtschaftsprüfern und Anwaltskanzleien. Unter den Teilnehmern waren natürlich auch RA Prof. Kai Gent und RAin Annerieke Walter für RGC sowie RAin Eva Schreiner und GF Christian Otto für den VEA.

In dem Workshop präsentierte die BNetzA die Inhalte ihres Hinweises und der eingegangenen Stellungnahmen. Über die Inhalte wurde in offener und konstruktiver Weise diskutiert. Zudem ließ die BNetzA einige Zwischenergebnisse ihrer weiteren Überlegungen zur möglichen Modifikation des Hinweises anklingen. Betont wurde jedoch ausdrücklich, dass es sich um vorläufige und unverbindliche Einschätzungen handelt.

Hier einige ausgewählte Highlights:

  • Die Endfassung des Hinweises soll im 1. Quartal 2020 veröffentlicht werden. 
  • Es wird daran gearbeitet, den Hinweis in Abstimmung mit BMWi und BAFA zu finalisieren, um eine einheitliche Auslegungshilfe zu schaffen. 
  • Die BNetzA betonte, dass diejenigen, die sich um eine Drittmengenabgrenzung auf Grundlage des Hinweises bemühen, das sog. Infektionsrisiko regelmäßig nicht fürchten müssen. Als Infektionsrisiko wird das Risiko bezeichnet, dass auch geringe Fehler bei der Drittmengenabgrenzung EEG-Privilegien für die Gesamtstrommengen eines Unternehmens entfallen lassen können. Die BNetzA stellte aber auch zugleich klar, dass sich jeder EEG-Begünstigte dringend um das Thema kümmern sollte!
  • Besonders plastisch hat die BNetzA auch ihre Überzeugung formuliert, dass die Hinweise dazu dienen, Sinnvolles zu tun, aber „Quatsch zu vermeiden“. Darin kann man sie nur bestärken!
  • Das wichtigste Kernstück des Hinweises sind die Beispielsfälle, bei denen grds. ein geringfügiger Verbrauch, also eine Bagatelle, auch bei der Überschreitung eines Haushaltskundenverbrauchs vorliegen soll. Hierzu stellte die BNetzA in Aussicht, die Fälle weiter zu konkretisieren. Es wird wohl weniger Beispiele für Verbrauchsgeräte, aber mehr Verbrauchskonstellationen geben, in denen eine Bagatelle zu unterstellen ist.
  • Die für andere Bagatellfälle relevante Grenze des Haushaltskundenverbrauchs wird wohl nicht angehoben, sondern bleibt bei maximal 3.500 kWh/Jahr.    
  • Erfreulich und besonders praxistauglich ist die neue Überlegung, in einem Jahr geschätzte Werte – ggf. mit Sicherheitsaufschlägen – ohne weitere Darlegungen für andere Jahre verwenden zu können, sofern die Voraussetzungen der Schätzungen in diesen Jahren vorliegen. Das ist sehr zu begrüßen, da Unternehmen, die eine Schätzung für das vergangene Jahr vorgenommen haben, diese Werte in die Vergangenheit und zumindest bis einschließlich 2020 nutzen können. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass es keine wesentlichen Änderungen gab.  
  • Die BNetzA betonte, dass Schätzungen ab 2021 nur noch in den Ausnahmefällen des § 62b Abs. 2 EEG rechtmäßig sind. Wann jedoch eine Messung unvertretbar und wirtschaftlich unzumutbar ist, konnte sie nicht konkretisieren. Sie ermunterte jedoch dazu, ihr Vorschläge für eine praktikable Berechnungsformel zu präsentieren. Ein Angebot, dass insbesondere die Verbände nutzen sollten, um in diesem wichtigen Punkt mehr Rechtssicherheit zu schaffen.
  • Für Verwirrung sorgte die Aussage der BNetzA, dass dauerhafte, geeichte Beispielmessungen, die auf eine Vielzahl von gleichartigen Geräten oder Gerätepools übertragen werden, nicht einer geeichten Messung gleichstehen, sondern (ab 2021) nur unter den Voraussetzungen des § 62b Abs. 2 EEG möglich sind. Das hatten die meisten Teilnehmer, RGC einschließlich, bisher anders im Hinweis verstanden. Rauszuhören war jedoch, dass in diesen Fällen zumindest an die Voraussetzungen des § 62b Abs. 2 EEG keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden müssen. Dies forderte RGC massiv ein.
  • Besonders intensiv wurde diskutiert, ob und ggf. in welchen Fällen die für die Eigenerzeugung und Eigenversorgung benötigten ¼ h-Werte geschätzt werden sollten. In dem aktuellen Hinweis erwähnt die BNetzA als Schätzungsmethoden ausschließlich SLP´s und die gewillkürte Nachrangregelung. RGC hat sich mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass darüber hinaus auch ¼ h-Schätzungen nach denselben Grundsätzen wie bei Schätzungen von Jahresmengen (z.B. für BesAR-Nutzer) ermöglicht werden. Gerade bei der Anerkennung von ¼ h-Schätzungen bis einschließlich 2020 sind wir optimistisch.

Sobald die endgültige Fassung des Hinweises veröffentlicht ist, werden wir Sie selbstverständlich hier wieder informieren und einen Praxisworkshop zur Anwendung der neuen Vorgaben anbieten.