Aktuelle Entscheidungen zum Tarifsplit in der Grundversorgung: LG Köln erteilt Verbraucherschützern eine Absage, Lichtblick setzt sich in Frankfurt durch
Ob ein sog. Tarifsplit, also unterschiedliche Tarife für Neu- und Bestandskunden in der Grund- und Ersatzversorgung, zulässig ist, darüber wird derzeit viel gestritten. Zwei aktuelle gegensätzliche Entscheidungen fassen wir nachfolgend zusammen.
Aufgrund der steigenden Großhandelspreise für Strom und Gas haben viele Versorger Haushaltskunden und Unternehmen in den letzten Monaten gekündigt. Diese sind dann in die Ersatzversorgung gefallen, sodass der örtlich zuständige Grundversorger die Versorgung übernehmen musste. Viele Grundversorger haben mit einem derartigen Zuwachs an Grundversorgungskunden nicht gerechnet und ebenfalls nicht ausreichend Energieeinkäufe getätigt bzw. mussten sich zu den aktuellen höheren Preisen eindecken. Einige Grundversorger haben deswegen für neue Kunden in der Grund- bzw. Ersatzversorgung höhere Preise veranschlagt als für Bestandskunden. Ob und inwieweit diese Preise wirtschaftlich und rechtlich gerechtfertigt sind, beherrscht die aktuelle Diskussion.
Kürzlich sind verschiedene gerichtliche Entscheidungen zu diesem Thema ergangen und in der Presse besprochen worden, die Entscheidungen sowie etwaige Gründe sind jedoch bislang nicht veröffentlicht:
Die Verbraucherzentrale NRW war mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Kölner Versorger Rheinenergie vorgegangen, ebenso gegen die Stadtwerke Gütersloh und WSW Wasser & Energie aus Wuppertal. Den Antrag gegen Rheinenergie hat das Landgericht Köln jedoch Ende Januar als unbegründet zurückgewiesen. Es ging davon aus, dass die unterschiedlichen Preise für Bestands- und Neukunden nicht zu beanstanden seien. Insbesondere sei der der Grundversorgung zugrundeliegende § 36 EnWG nicht so zu verstehen, dass ein Preissplit nicht zulässig sei, auch das EU-Recht, namentlich Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944, der verlange, „dass alle Haushaltskunden das Recht auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu wettbewerbsfähigen, leicht und eindeutig vergleichbaren, transparenten und diskriminierungsfreien Preisen haben“, stünde nicht entgegen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kündigte daraufhin auf Twitter an, Beschwerde zum Oberlandesgericht Köln einlegen zu wollen.
Nach mehreren bislang erfolglosen Abmahnversuchen gegenüber Grundversorgern in anderen Regionen war das Ökostromunternehmen Lichtblick vor dem Landgericht Frankfurt nun gegenüber dem Grundversorger Mainova AG erfolgreich. Mit einer einstweiligen Verfügung wurde Mainova untersagt, von Neukunden in der Grundversorgung höhere Preise zu verlangen als von Bestandskunden.
Damit gehen die Auffassungen der Gerichte zu diesem Thema (noch) deutlich auseinander. Es bleibt abzuwarten, ob eine obergerichtliche Entscheidung hier langfristige Klärung herbeiführen wird.
Autorin: Dr. Franziska Lietz