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BMWK stellt Entwurf einer Photovoltaik-Strategie vor: Handlungsfelder zur Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus

Das BMWK hat einen Entwurf seiner Photovoltaik-Strategie veröffentlicht. Es soll der Ausbau der Photovoltaik (PV) beschleunigt werden, um die ehrgeizigen deutschen Klimaziele zu erreichen.

Die Ziele sind ambitioniert: Treibhausgasneutralität im deutschen Stromsektor bis 2035; ein Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von 80% bis 2030.

Um dies zu erreichen, muss der Ausbau der PV massiv beschleunigt werden. Im Jahr 2022 wurden 7 GW an PV ausgebaut, dieser Ausbau muss auf 22 GW mehr als verdreifacht werden. Wie dies gelingen kann (und soll), stellt das BMWK in einem Entwurf seiner PV-Strategie dar. Die Strategie soll zum einen zur Optimierung des Gesamtsystems der Energieversorgung beitragen, als auch Handlungsfelder mit Maßnahmen aufzeigen, durch die der Ausbau der PV beschleunigt werden kann. Den Entwurf finden Sie hier. Das Papier ist allerdings nicht abschließend. Deutschlands PV-Strategie wird laufend evaluiert und aktuellen Entwicklungen angepasst werden müssen.

Das BMWK stellt für jedes Handlungsfeld sein strategisches Zielbild vor, gibt einen Überblick über bereits umgesetzte Maßnahmen und stellt dann die nächsten Schritte und Maßnahmen vor.

Die wichtigsten Handlungsfelder sind:

        1.  Freiflächenanlagen weiter ausbauen

  • Ziel ist der jährliche Zubau von 11 GW PV-Freiflächenanlagen ab 2026
  • Hierfür sollen neue Flächen erschlossen (z.B. durch Privilegierung im Außenbereich nach § 35 BauGB) und Fertigungskapazitäten geschaffen werden

        2.  Photovoltaik auf dem Dach erleichtern

  • Ziel: jährlicher Zubau von 11 GW PV-Dachanlagen ab 2026
  • Das BMWK schlägt folgende Anreize bzw. Abbau von Hemmnissen vor:

            o Grenze der Direktvermarktung von 100 kWp so gestalten, dass sie nicht zur Hemmschwelle wird

            o Anlagenzusammenfassung bei Dachanlagen lockern: Keine/weniger Abhängigkeit von nachbarlichen Anlagen und dadurch nachteilige Auswirkungen auf Schwellenwerte vermeiden.

            o Gebäude im Außenbereich für Dachvergütung zulassen

            o Bürokratieabbau beim Parallelbetrieb von zwei Anlagen auf einem Dach: Streichung von Meldepflichten.

        o Weiterentwicklung zur Vermeidung von Pönalisierungen: u.a. durch Setzung von Anreizen zur Einhaltung der Pflichten nach § 52 EEG

  •  Außerdem prüft das BMWK u.a.  gegenwärtig:

            o Verbesserte Dachnutzung durch geringere Abstandsvorgaben in den BauOen

            o Technische Anforderungen der Direktvermarktung für Kleinanlagen absenken

            o Repowering bei Dachanlagen

            o Wechselrichterverbräuche von Volleinspeiseanlagen mit eigenständiger Netzverknüpfung bürokratiearm                 abrechnen

            o Lösung Wechselwirkung von Denkmalschutzbelangen und PV

        3.  Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung erleichtern

  • Gemeinschaftliche Versorgung innerhalb eines Gebäudes
  • Entbürokratisierung und Weiterentwicklung des bestehenden Mieterstrommodells
  • Finanzielle Mieterbeteiligung („Stadtstrom“)

        4.  Nutzung von Balkonkraftwerken erleichtern

  • Einfache Installation, Aufbau und Inbetriebnahme; Verringerung des Aufwandes für die Meldung

        5. Netzanschlüsse beschleunigen

  • Ziel: Beschleunigung des Netzanschlussverfahrens durch die Einführung massentauglicher Verfahren (flächendeckende Standardisierung und Digitalisierung) sowie verbindlicher Fristen
  • Hierfür sollen zukünftig folgende Maßnahmen getroffen werden:

            o Duldungspflicht für Anschlussleitungen von Freiflächenanlagen 

            o Verkürzung der Frist für den Zähleraustausch auf 1 Monat 

        o Beschleunigung und Vereinfachung der Zertifizierung von Anlagen im Bereich 135-950 kW (dafür u.a. Schaffung einer Datenbank für Einheitenzertifikate)

            o Vereinfachtes Verfahren für Anschluss und Anmeldung kleiner Anlagen  <30 kWp

            o Netzbetreiber sollen Installateure gegenseitig anerkennen – somit sollen Anlagenbetreibern mehr Elektrofachkräfte auch außerhalb ihres Einzugsbereiches zur Verfügung stehen

            o Vereinheitlichung der technischen Anschlussbedingungen und Überprüfung der spezifischen Anforderungen der Netzbetreiber auf Missbräuchlichkeit (z.B. bei Forderung bestimmter Produktmarken oder Gerätetypen)

          6.  Akzeptanz stärken

  • Mehr Akzeptanz und Bürgerbeteiligung, z.B. durch Schaffung von Förderprogrammen 

          7.  Wirksame Verzahnung von Energie und Steuerrecht sicherstellen

  • Für PV-Dachanlagen gab es im Jahressteuergesetz 2022 bereits Erleichterungen
  • Das BMWK will sich für weitere steuerrechtliche Vereinfachungen einsetzen

            o Verlust der Gemeinnützigkeit von Körperschaften bei Stromerzeugung aus PV ausschließen

            o Aufhebung der Pflicht zur Umsatzsteuerjahreserklärung für PV-Kleinunternehmen

            o Gewerbesteuerliche Infizierung der Vermietungseinkünfte durch Lieferung von Strom verhindern

            o Ungleichbehandlung bei der stromsteuerrechtlichen Anlagenverklammerung auflösen

            o Zuordnung von Freiflächen-PV zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ermöglichen

            o Anlagenbetreiber ohne zu versteuernde Strommengen von Anmelde-, Anzeige- und Meldepflichten befreien

            o Wohn-Riester auf PV-Installation, Wärmepumpen-Einsatz und energetische Sanierung

        8.  Lieferketten sichern und wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen

  • Ziel ist die Schaffung einer wettbewerbsfähigen, europäischen Produktion aller (wichtigen) Komponenten von PV-Anlagen sowie des dazugehörigen Intellectual Property.
  • Eine europäische Plattform für Transformationstechnologien soll geschaffen werden. Diese soll helfen, die industriellen Produktionskapazitäten in fünf strategisch wichtigen Technologiebereichen (Windkraft, PV, Elektrolyseure, Stromnetze und Wärmepumpen) in der gesamten EU auszubauen und zu fördern. 

        9.  Fachkräfte sichern

  • Steigerung der Zahl von Fachkräften zur Herstellung, Planung, Installation und Wartung von PV-Anlagen, Stärkung von Ausbildungsangeboten, Fortbildungen und das Fachkräfteangebot (auch aus dem Ausland)

        10. Technologieentwicklung voranbringen

  • Ziel ist, dass durch Forschungsförderung deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen Technologieführer entlang der gesamten Wertschöpfungskette der PV werden.

        11.  Den schnelleren PV-Ausbau auch mit europäischen Instrumenten voranbringen

Dieser Entwurf einer PV-Strategie wurde am 10.03.2023 veröffentlicht. Bis zum 24.03.2023 konnten Stellungnahmen abgegeben werden. Auf Grundlage dieser Rückmeldungen überarbeitet und finalisiert das BMWK nunmehr das Papier. Die finale Strategie wird dann im Mai 2023 vorgestellt. Die enthaltenen Maßnahmen sollen dann in zwei Gesetzespaketen nacheinander umgesetzt werden (Solarpaket I und II).

Autoren: Dr. Franziska Lietz 

                Jan Schlüpmann

„Unternehmen in Schwierigkeiten“ – Änderung der Verwaltungspraxis zu Nachrangdarlehen als Sicherungsmittel

Die bisherige Verwaltungspraxis zur Einordnung als Unternehmen in Schwierigkeiten wurde aufgrund einer neuen Auffassung der EU-Kommission zum Nachrangdarlehen geändert.

Unternehmen, die als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (UiS) gelten, dürfen keine Beihilfen erhalten. Das Beihilfeverbot besteht, wenn ein Unternehmen ohne staatliche Unterstützung so gut wie sicher zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeiten gezwungen sein wird und bestimmte Voraussetzungen der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (R&U-LL) erfüllt sind. Die Einstufung als UiS wird überall relevant, wo Beihilfen beantragt werden.

Bislang war die Einordnung als UiS für Unternehmen nicht einschlägig, wenn sie über ein Nachrangdarlehen in Form eines Gesellschafterdarlehens mit Rangrücktritt verfügt haben. Ein solches Darlehen wurde sogar explizit als Beispiel unter Punkt 7.2 des Formulars 1139 zur Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen nach dem Energie- und Stromsteuerrecht aufgeführt.

Nachdem die EU-Kommission ihre Auffassung zur Einordnung des Nachrangdarlehens geändert und sich die Zollverwaltung dieser angeschlossen hat, wird die bisherige Verwaltungspraxis aufgegeben. Nach aktueller Auffassung werden Gesellschafterdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt nämlich nicht mehr als Eigen-, sondern ausschließlich als Fremdkapital angesehen. Dies gilt auch unabhängig davon, ob es sich um ein Nachrangdarlehen eines Gesellschafters oder eines Dritten handelt. Grund hierfür ist, dass Nachrangdarlehen nach den internationalen sowie deutschen Rechnungslegungsgrundsätzen eine zurückzuzahlende Verpflichtung darstellen.

Die Änderung der Verwaltungspraxis hat damit für antragstellende Unternehmen die weitreichende Folge, dass ein Nachrangdarlehen nicht mehr ausreicht, um im Rahmen der Selbsterklärung den Ausschlussgrund UiS entfallen zu lassen. Es besteht das Risiko, dass keine Entlastung gewährt wird.

Die Fachmeldung zur aktuellen Auffassung der EU-Kommission finden Sie hier. Zudem ist die Änderung in der Verwaltungspraxis unter Punkt 3.3 des Merkblattes 1139a zu staatlichen Beihilfen im Energie- und Stromsteuerrecht aufgeführt.

Autorinnen: Lena Ziska
                       Jacqueline Rothkopf

Spitzenausgleich Antrag 2023: Umsetzung von Energieeinsparmaßnahmen statt Erreichung des Energieeinsparungsziels

Anstelle des allgemeinen Energieeinsparungsziels besteht die Pflicht zur Umsetzung von unternehmensindividuellen Energieeinsparmaßnahmen.

Mit dem Spitzenausgleichsverlängerungsgesetz, welches im Referentenentwurf vorliegt, wird der sog. Spitzenausgleich um ein weiteres Jahr verlängert und besteht somit für das Antragsjahr 2023 fort. (RGC berichtete)

Dabei steht ein Wechsel in den Antragsvoraussetzungen an. Bislang musste ein mit der deutschen Wirtschaft vereinbarter Zielwert für eine Reduzierung der Energieintensität erreicht werden. Dieser Zielwert lässt sich aufgrund der Kurzfristigkeit nicht mehr vereinbaren. Auf die Erreichung des Wertes wird deshalb im Antragsjahr 2023 verzichtet. Dies sei gerechtfertigt, weil die Minderungsziele ohnehin jedes Jahr übererfüllt wurden.

An die Stelle des allgemeinen Zielwerts tritt die unternehmensindividuelle Verpflichtung, alle im Energiemanagementsystem als wirtschaftlich vorteilhaft identifizierten Maßnahmen umzusetzen. Diese Form der Gegenleistung findet sich inzwischen in fast allen energiebezogenen Privilegierungstatbeständen wieder.


Veranstaltungstipp:
Wann die ökologischen Maßnahmen umzusetzen sind, welche Nachweise erforderlich sind und wie sich die Gegenleistungen der Strompreiskompensation mit den Gegenleistungen anderer Privilegien vertragen, beleuchten unsere Kolleginnen Lena Ziska und Sandra Horn gemeinsam mit Mark Jüttner (cp energie) und Martin Ahlert (BP) in ihrem Workshop zur „Projektierung ökologischer Gegenleistungen als neue Voraussetzung für energierechtliche Privilegien am 9. November 2022 (online).

Autorin: Lena Ziska

Unser Herbst-Veranstaltungsprogramm ist online und buchbar!

Unsere Praxisthemen: Industrielle PV-Projekte, Projektierung von Ökologischen Gegenleistungen, Energieträgerwechsel (Fuel Switch), vom EnUG zum EnFG (energierechtliche Umlagen/Privilegien), Einkauf von grünem Strom (PPA´s) und neues, vierteljährliches Compliance-Update

Wir schwärmen immer noch von unserem 17. RGC-Kanzleiforum, das mit über 200 Vertretern energieintensiver Unternehmen am 9. September 2022 bei uns in Hannover stattgefunden hat. Die Wiedersehensfreude nach der Corona-Pause war groß, die Stimmung trotz des bedrückenden Themas der Energiekrise RGC-typisch locker/familiär, wir sind viele Praxistipps losgeworden und es gab ein – herzlichen Dank! – großartiges Feedback.

Viele Teilnehmer haben Themenwünsche für zukünftige Veranstaltungen an uns gerichtet und die Bitte geäußert, dass wir neben unseren Online-Veranstaltungen wieder vermehrt Live-Veranstaltungen in unser Programm aufnehmen. Das haben wir natürlich gern aufgegriffen und uns sofort an die Planung von Herbstveranstaltungen gemacht, die ab heute buchbar sind.

Viele Mandanten haben darüber hinaus das Bedürfnis geäußert, regelmäßig kurz und knapp über die praxisrelevanten Neuigkeiten aus dem Energie- und Klimarecht informiert zu werden, da es fast täglich, nicht mehr allein zu managende Neuregelungen gibt. Auch hierauf haben wir reagiert und starten ab dem 1. Januar 2023 mit unserem neuen Compliance Update Energie und Klima.

Hier der Überblick über unsere Herbstveranstaltungen mit den passenden Links für mehr Infos:

Seien Sie dabei. Es lohnt sich!

Ihr RGC-Team

BNetzA äußert sich zur Sicherheitsplattform Gas und möglichen Anordnungen als Bundeslastverteiler

Die BNetzA hat diese Woche (14.09.22) eine online-Veranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas abgehalten.

Das Video können Sie hier herunterladen:

Bundesnetzagentur – Infoveranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas

Dort stellt die BNetzA im Detail den aktuellen Stand der Sicherheitsplattform Gas dar. Sie äußert sich aber auch erstmals konkret zu möglichen Anordnungen von Gasverbrauchsreduktionen als Bundeslastverteiler – u.a. auch zum möglichen Referenzwert einer solchen Anordnung.

Wir halten Sie an dieser Stelle informiert.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Gasbeschaffungsumlage: Änderungen sollen noch im September beschlossen werden

Das Kabinett soll sich bereits am 14. September mit Änderungen der Gaspreisanpassungsverordnung (GasPrAnpV) befassen.

Der politische Druck hatte den Bundeswirtschaftsminister Habeck bereits veranlasst, eine Überarbeitung der Gasbeschaffungsumlage anzukündigen (RGC berichtete). Die Änderungen werden derzeit durch das BMWK entworfen. Die Umlage selbst soll aber zunächst erhalten bleiben.

Den aktuellen Stand finden Sie hier. Über die Änderung der Gaspreisanpassungsverordnung (in ihr ist die Gasbeschaffungsumlage geregelt) soll hiernach voraussichtlich am 14. September im Kabinett beschlossen werden.

Auch vor diesem Hintergrund gilt: Zahlungen auf die neue Umlage sollten lediglich unter Vorbehalt erfolgen. Sprechen Sie uns gern an, wenn wir Sie bei Fragen hierzu unterstützen können.

Ergänzender Hinweis: Bei der Gasbeschaffungsumlage handelt es sich um die sog. „saldierte Preisanpassung“ nach § 26 EnSiG i.V.m. der GasPrAnpV, nicht um die individuelle Preisanpassung über die Lieferkette nach § 24 EnSiG. Der Gesetzgeber hat den Weg einer (der EEG-Umlage vergleichbaren) Umlage auf den Gasverbrauch gewählt. Daneben ist § 24 EnSiG nicht anwendbar.

Und selbstverständlich gehört auch der Umgang mit den neuen Umlagen und gestiegenen Energiepreisen zu den Themen, die wir mit Ihnen auf unserem 17. Kanzleiforum zum Thema „Gas in der Krise“ (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier) diskutieren wollen.

Autorin: Yvonne Hanke

Ein ereignisreiches Wochenende – Teil 3: EU plant Notfallpaket sowie Überarbeitung des Strommarktdesigns

Angesichts der angespannten und sich verschärfenden Situation auf den Energiemärkten haben die deutschen wie die europäischen Entscheidungsträger verschiedene Maßnahmenpakete angekündigt, welche die Auswirkungen der zuletzt dramatisch gestiegenen und teilweise stark schwankenden Börsenpreise auf die Strom- und Gasverbraucher begrenzen sollen. Hier berichten wir über den Stand der Überlegungen auf EU-Ebene.


EU kündigt Sofort-Maßnahmen und Überarbeitung Strommarktdesign an.

Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigte in der letzten Woche ein Notfallpaket und eine Strukturreform des Strommarktes auf europäischer Ebene an. Die EU-Kommission hat hierfür erste Maßnahmenvorschläge in einem informellen Non-paper formuliert:

Einführung Preiskappungssystem: Im Fokus steht die europaweite Ermöglichung einer Preisgrenze für Stromverkäufe am Day-ahead-Markt (nicht langfristig eingekaufte Energiemengen) für alle Energien, die günstigere Grenzpreise als Gaskraftwerke haben. Hintergrund ist insbesondere das an den europäischen Strommärkten geltende Merit-Order-Prinzip. Nach diesem Prinzip bestimmt der zuletzt „eingekaufte“ – und damit der am teuersten produzierte Strom den Preis. Das ist derzeit der aus Erdgas erzeugte Strom. Dies hatte zuletzt zu extremen Preissprüngen am Strommarkt gesorgt.

Hierüber erzielte „Zufallsgewinne“ von Energieunternehmen, die günstiger Strom produzieren (also nicht aus Gas, sondern z.B. aus erneuerbaren Energien, Kohle oder Kernkraft) sollen „abgeschöpft“ werden und dann den Verbrauchern zufließen. Auf welchem Weg dieser Rückfluss erfolgen soll (es werden verschiedene Ansätze diskutiert), ist noch genauso offen, wie die Frage, inwieweit hier eine europaweite Lösung erreichbar ist. Deutschland hat bereits angekündigt, diesen Weg anderenfalls auch allein zu beschreiten (RGC berichtete).

Eher zurückhaltend wird aktuell die von einigen Mitgliedstaaten vorgeschlagene Senkung der Strompreise durch Entkopplung von den Gaspreisen über eine Abschaffung des Merit-Order-Prinzips von der Kommission bewertet. Das gleiche gilt für eine (Quer-)Subventionierung der Energieproduzenten, weil beides den Wettbewerb zu nachhaltig beeinträchtige.

Dringend abgeraten wird seitens der Kommission von einer Aussetzung der Stromgroßhandelsmärkte, einer Übernahme der Märkte durch den Staat oder einer generellen Kappung der Strompreise im Großhandel. Dies berge eigene große Risiken für die Versorgungssicherheit, schade dem Elektrizitätsbinnenmarkt und den Dekarbonisierungs-Bemühungen.

Erste Hinweise zu weiteren Schritten der EU werden am 14. September 2022 in der Rede von Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union erwartet. Das Non-paper dürfte aber bereits am kommenden Freitag auf dem kurzfristig anberaumten Sondertreffen zu steigenden Energiepreisen am 9. September 2022 direkt unter den EU-Energieministern diskutiert werden.

Dass der Termin auf den Tag gelegt wurde, an dem auch unser 17. Kanzleiforum zum Thema „Gas in der Krise“ (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier) stattfindet, ist Zufall. Es zeigt aber die Aktualität der Themen, die wir mit Ihnen diskutieren wollen.

Autorin: Yvonne Hanke

Ein ereignisreiches Wochenende – Teil 2: Koalition beschließt 3. Entlastungspaket

Angesichts der angespannten und sich verschärfenden Situation auf den Energiemärkten haben die deutschen wie die europäischen Entscheidungsträger verschiedene Maßnahmenpakete angekündigt, welche die Auswirkungen der zuletzt dramatisch gestiegenen und teilweise stark schwankenden Börsenpreise auf die Strom- und Gasverbraucher begrenzen sollen. Hier berichten wir zunächst über das von Deutschland geplante Maßnahmenpaket.

Koalition beschließt 3. Entlastungspaket

Am Wochenende (03.09.2022) hat der Koalitionsausschuss getagt und ein 65 Mrd.-schweres Entlastungspaket beschlossen, um die „erwarteten hohen Preissteigerungen“ abzufedern. Die angekündigten Maßnahmen sind vielfältig. Für energieintensive Unternehmen dürften insbesondere folgende von Relevanz sein:

  • Strompreisbremse „für den Basisverbrauch“ / Reduzierung des Kostenanstieges bei den Netzentgelten / Abschöpfung von sog. Zufallsgewinnen bei Energieunternehmen / Überarbeitung Strommarktdesign:

    Unter den vorstehenden Stichworten werden verschiedene Maßnahmen diskutiert. Geplant ist eine Strompreisbremse „für den Basisverbrauch“ und eine Reduzierung (des erwarteten Anstiegs) der Netzentgelte. Finanziert werden soll das über eine Abschöpfung von „Zufallsgewinnen“ bei Energieunternehmen. Hintergrund ist insbesondere das an den europäischen Strommärkten geltende Merit-Order-Prinzip. Nach diesem Prinzip bestimmt der zuletzt „eingekaufte“ – und damit der am teuersten produzierte Strom den Preis. Das ist derzeit der aus Erdgas erzeugte Strom. Dies hatte zuletzt zu extremen Preissprüngen am Strommarkt gesorgt.

    Die Koalition strebt nun an, hierüber erzielte „Zufallsgewinne“ bzw. „Übergewinne“ von Energieunternehmen, die günstiger Strom produzieren (also nicht aus Gas, sondern z.B. aus erneuerbaren Energien, Kohle oder Kernkraft), „abzuschöpfen“. Hierfür sollen Höchstwerte für Erlöse aus dem Verkauf von nicht aus Gas produzierten Strommengen am Spotmarkt festgelegt werden. Die Differenz zwischen Großhandelspreis und Erlösobergrenze soll nach den aktuellen Überlegungen über eine „umgekehrte EEG-Umlage“ unter Beteiligung der Netzbetreiber vereinnahmt und an die Endverbraucher verteilt werden. Wenn kurzfristig eine europäische Einigung nicht erzielt werden kann, soll auch eine rein deutsche Umsetzung erwogen werden.

    Aber Achtung:
    Zum einen ist aus Unternehmenssicht noch unklar, wer überhaupt von den geplanten Entlastungen (Strompreisbremse „für Basisbedarf“ und Dämpfung des Anstiegs bei den Netzentgelten) profitieren kann. Angekündigt ist dies neben den Haushaltskunden lediglich für kleine und mittelständische Unternehmen „mit Versorgertarif“.

    Zum anderen müssen sich auch energieintensive Unternehmen, die PV- oder Windenergieanlagen betreiben / planen und den (Überschuss-)Strom verkaufen (wollen), auf (erneute) Änderungen der Rahmenbedingungen einrichten. Denn eine „Erlösobergrenze für Anlagen der Stromerzeugung mit geringer Kostenbasis“ soll nach den aktuellen Plänen auch für Energieerzeuger außerhalb des Strommarktes entwickelt werden.

  • Entlastungen beim CO2-Preis: Die für den 1. Januar 2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne im Brennstoffemissionshandel soll um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben werden. Entsprechend sollen sich die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 um ein Jahr verschieben.
  • Wärmemarkt: Mit Hilfe einer Expertenkommission sollen preisdämpfende Modelle (EU / Deutschland) untersucht werden. 
  • Unternehmenshilfen: Die bereits bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen sollen bis zum 31.Dezember 2022 verlängert werden. Das entspricht der momentanen Laufzeit des beihilferechtlichen Rahmens der Europäischen Kommission (kurz: TCF). Dazu gehört insbesondere das Energiekostendämpfungsprogramm zur Entlastung von besonders energie- und handelsintensiven Unternehmen, kurz EKDP (RGC berichtete hier und hier). Darüber hinaus soll das Programm für weitere Unternehmen, die nicht auf der KUEBLL-Liste stehen, mithilfe erweiterter Kriterien, die die Belastung durch hohe Energiepreise zur Grundlage haben, geöffnet werden. Sobald diese feststehen, lohnt es sich also nochmals zu prüfen, ob man den nicht rückzahlbaren Zuschuss in Anspruch nehmen kann. Hierbei unterstützen wir Sie. Sprechen Sie uns gern an.

    Auch eine Ausweitung des KfW-Programms soll geprüft werden, mit dem Ziel zukunftsfähige Unternehmen zu stabilisieren, die aufgrund von Gasmangellage bzw. nicht tragfähiger Energiepreise sonst temporär ihre Produktion einstellen müssen.

    Darüber hinaus soll ein (noch nicht näher konkretisiertes) Programm für energieintensive Unternehmen, welche die Steigerung ihrer Energiekosten nicht weitergeben können, neu aufgelegt werden.

    Zudem soll der Förderrahmen für Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen erweitert werden (ebenfalls noch nicht näher konkretisiert).

  • Spitzenausgleich energieintensive Unternehmen: Um die energieintensiven Unternehmen angesichts der hohen Preise zu unterstützen, wird der sogenannte Spitzenausgleich bei den Strom- und Energiesteuern um ein weiteres Jahr verlängert. Auch hier hält das Gegenleistungsprinzip Einzug: Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren.
  • (Dauerhafte) Abschaffung EEG-Umlage: Die bereits seit dem 1. Juli 2022 nicht mehr zu zahlende EEG-Umlage (RGC berichtete) soll ab 1. Januar 2023 dauerhaft abgeschafft werden.
  • Zudem sind Erleichterungen bei der Insolvenzantragspflicht geplant.
  • Zur Finanzierung der Mehrausgaben soll die globale Mindeststeuer vorzeitig eingeführt werden. Wie hoch diese ist und wer sie zahlen muss, erklärt das BMF hier.

Die (offiziellen) Ergebnisse des Stresstests für den Strommarkt, anhand derer die deutsche Regierung entscheiden will, ob bzw. inwieweit ein Weiterbetrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke angestrebt wird, liegen laut Auskunft des BMWK demgegenüber noch nicht vor.

Was für Ihr Unternehmen jetzt zu tun ist, diskutieren wir mit Ihnen am kommenden Freitag während unseres Kanzleiforums (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier). Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich auch hier informiert.

Autorin: Yvonne Hanke

Ein ereignisreiches Wochenende – Teil 1: Kein Gas über Nord Stream 1

Am Wochenende wird bekannt, dass zunächst kein Gas über Nord Stream 1 nach Deutschland fließen wird.

Nach der neuerlichen, ursprünglich nur für 3 Tage anberaumten Wartung der Gas-Pipeline Nord Stream 1 hat Russland am Samstag (03.09.2022) angekündigt, den Gashahn zunächst nicht wieder aufzudrehen. Inwieweit die Mengen durch andere Fernleitungen ausgeglichen werden, bleibt offen.

Die BNetzA hob in ihrer letzten Szenarienberechnung hervor, dass nach ihrer Einschätzung – auch wenn diese 20 % kontinuierlich fließen – weitere Einsparungen in Höhe von mindestens 20 % (Haushalte und Industrie) deutschland- und europaweit erforderlich wären, um (teilweise) über diesen (!) Winter 22/23 zu kommen. Diese 20 % fehlen nun erstmal.

Das BMWK meldet derweil, dass bereits große Erfolge zur Unabhängigkeit von russischem Gas und zur Sicherstellung der Gasversorgung Deutschlands erreicht seien (z.B. in Sachen Gas-Speicherstände, LNG-Beschaffung und Flüssiggasterminals, u.a.; zum Überblick). Auch die BNetzA hält die Versorgungslage derzeit noch für stabil. Sie schließt eine kurzfristige Verschlechterung jedoch nicht aus und warnt vor weiter steigenden Energiepreisen.

Was Sie nun erwarten müssen und wie Sie Ihr Unternehmen hierauf bestmöglich vorbereiten, diskutieren wir mit Ihnen am kommenden Freitag während unseres Kanzleiforums (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier). Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich auch hier informiert.

Autorin: Yvonne Hanke

Bundesrat erteilt Zustimmung für zahlreiche Gesetze

Der Bundesrat hat insgesamt 12 Gesetze aus dem Bundestag bewilligt. Damit werden zahlreiche Entlastungsmaßnahmen für Bürgerinnen und Bürger genehmigt.

Am 20. Mai 2022 hat der Bundesrat insgesamt 12 Gesetzen, die zuvor vom Bundestag beschlossen wurden, zugestimmt. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen.

Zum einen hat der Bundesrat der Entlastung der Stromkunden und damit der vorzeitigen Absenkung der EEG-Umlage (RGC berichtete) zugestimmt. Somit wird ab dem 1. Juli 2022 die EEG-Umlage von ursprünglichen 3,72 Cent pro Kilowattstunde auf null reduziert. Damit die Absenkung der EEG-Umlage auch bei den Letztverbrauchern ankommt, werden Stromanbieter im Zuge dessen verpflichtet, die Absenkung in vollem Umfang an die Verbraucher weiterzugeben. Die damit verbundenen Ausfälle werden vom Bund aus dem Sondervermögen Energie- und Klimafonds erstattet. Ab Januar 2023 soll die EEG-Umlage dann vollständig entfallen.

Um Bürgerinnen und Bürger von den gestiegenen Energiekosten zu entlasten, hat der Bundesrat weitere verschiedene Gesetze genehmigt. Für das Jahr 2022 sollen aktiv tätige Erwerbspersonen eine einmalige steuerpflichtige Pendlerpauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Zusätzlich wurde auch dem Vorschlag des 9-Euro-Tickets zugestimmt. Mit diesem Ticket können Bürgerinnen und Bürger in den Monaten Juni, Juli und August den öffentlichen Nahverkehr für monatlich 9 Euro nutzen. Auch die dreimonatige Steuersenkung für Kraftstoffe wurde bewilligt. Somit wird sich der Preis für Benzin um 29,55 ct/Liter und für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter reduzieren.

Außerdem stimmte der Bundesrat den Änderungen im Energiesicherungsgesetz (EnSiG) zu (RGC berichtete). Somit können Betreiber kritischer Infrastrukturen beziehungsweise Energieversorger unter (temporäre) Treuhandverwaltung gestellt werden, wenn sie ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen. Als letzte Möglichkeit ist zudem eine (dauerhafte) Enteignungsmöglichkeit vorgesehen. Ergänzend hierzu wird auch ein gesetzliches Preisanpassungsrecht eingeführt. Energieversorgungsunternehmen können einseitig ihre Preise auf ein „angemessenes Niveau“ anpassen, wenn die Alarm- oder Notfallstufe ausgerufen wurde und die Bundesnetzagentur eine „erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland“ festgestellt hat.

Weiterhin wurde dem beschleunigten Ausbau der Flüssiggasversorgung in Deutschland zugestimmt. Um die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, soll die Versorgungssicherheit zukünftig insbesondere durch sogenanntes Liquefied Natural Gas (LNG) gesichert werden. Da jedoch hierfür aktuell keine Importinfrastruktur in Deutschland vorhanden ist, sollen schnelle Genehmigungsverfahren ermöglicht werden. Insbesondere im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung sollen Behörden unter bestimmten Voraussetzungen auf verschiedene Verfahrensanforderungen verzichten können.

Neben der Erteilung von zahlreichen Zustimmungen hat sich der Bundesrat ebenfalls zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geäußert. Hintergrund ist, dass die zukünftige Stromversorgung in Deutschland auf erneuerbaren Energien basieren soll. Um den Ausbau von erneuerbaren Energien dementsprechend zu fördern, plant die Bundesregierung das gesamte EEG grundlegend zu überarbeiten. Im zukünftigen Gesetzgebungsverfahren sei daher zu prüfen, inwieweit die auf Wärmepumpen beschränkte Privilegierung auch auf Technologien im Bereich Power-to-Heat ausgedehnt werden kann.

Außerdem wurde ein Vorschlag für eine Überarbeitung des Windenergien-auf-See-Gesetzes und der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des EnWG im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm thematisiert.

Autorinnen: Michelle Hoyer
                       Jana Lotz