Verbot von Wind im Wald ist verfassungswidrig
BVerfG, Beschl. v. 27.9.2022 – 1 BvR 2661/21
Hintergrund: § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes (ThürWaldG) verbietet ohne Einschränkungen die Änderung der Nutzungsart von Waldgebieten, die bei einer Errichtung von Windenergieanlagen erforderlich wird. Damit schließt die Vorschrift jegliche Errichtung von Windenergieanlagen in Waldgebieten Thüringens aus.
Entscheidung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss festgestellt, dass die Vorschrift unvereinbar mit dem Eigentumsgrundrecht aus Artikel 14 Grundgesetz und daher verfassungswidrig sei.
Der Freistaat Thüringen besitze für diesen Eingriff keine Gesetzgebungszuständigkeit, sodass der Eingriff bereits formell verfassungswidrig sei. Weil das in der Vorschrift geregelte Verbot die Nutzung von Waldflächen für die Errichtung von Windkraftanlagen ausnahmslos ausschließe, liege ein Fall der sog. konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit in Bezug auf das Bodenrecht nach. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG vor. Zwar könne der Landesgesetzgeber Waldgebiete unter Schutz stellen, jedoch nur, wenn diese bspw. auf Grund ihrer ökologischen Funktion oder ihrer Lage schutzwürdig und -bedürftig seien.
Dies ließe aber kein generelles Verbot von Windkraft in Waldgebieten zu. Die bodenrechtliche Zulässigkeit von Windkraftanlagen habe der Bund nämlich bereits abschließend im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt. In § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ist geregelt, dass Windkraftanlagen im sog. Unbeplanten Außenbereich, also Flächen, für die kein Bebauungsplan besteht, privilegiert sind. § 249 Abs. 3 S. 1 BauGB sieht vor, dass die Länder in diesem Zusammenhang lediglich das Recht haben, gewisse Mindestabstände vorzusehen.
Das Bundesverfassungsgericht betont abschließend, dass Art. 20a Grundgesetz sowie weitere grundrechtliche Schutzpflichten im Rahmen der Begrenzung des Klimawandels den Ausbau der Windkraft verlangten.
Bewertung: Die Entscheidung zeigt, dass auch das Bundesverfassungsgericht den Ausbau erneuerbarer Energie als wichtigen Belang, der andere Belange verstärkt zurücktreten lässt, erkennt. Dieser Gedanke kommt auch in dem neuen, zum 1.1.2023 wirksam werdenden § 2 EEG 2023, der künftig ebenfalls die Stärkung dieses Belanges in der planungsrechtlichen Abwägung vorsieht, sowie in den zahlreichen, in diesem Jahr in Kraft getretenen Regelungen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, zum Ausdruck. Es ist zu hoffen, dass dies dazu führt, dass die Genehmigung von EE-Projekte damit in der nahen Zukunft vereinfacht und beschleunigt werden kann.
Autorin: Dr. Franziska Lietz