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EU-ETS: Aktualisierter Leitfaden zur Erstellung von Überwachungsplänen und Emissionsberichten veröffentlicht

Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) hat den Leitfaden zur Erstellung von Überwachungsplänen und Emissionsberichten für stationäre Anlagen für die 4. Handelsperiode im europäischen Emissionshandel aktualisiert.

Die DEHSt ist im Rahmen des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) insbesondere für die Genehmigung von Überwachungsplänen und abschließende Bewertung von Emissionsberichten der emissionshandelspflichtigen Anlagenbetreiber zuständig.

Ihren Leitfaden zur Erstellung von Überwachungsplänen und Emissionsberichten hat die DEHSt nun aktualisiert und um Informationen über Emissionen aus Biomasse ergänzt (Kapitel 8). 

In dem aktualisierten Leitfaden sind Vorkehrungen zur Anerkennung nachhaltiger Biomasse dargestellt. Diese ist Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit des Biomasseanteils der Emissionen. Handlungsleitende Fragen für Umsetzungsvorkehrungen sind nach dem DEHSt-Leitfaden insbesondere:

  • Verwendungszweck des Biomasse-Stoffstroms und Anforderungen für eine Reduzierung der Abgabepflicht,
  • Bestimmung des Biomasseanteils im Stoffstrom,
  • Zertifizierungspflichtigkeit der Anlage,
  • notwendige Änderungen im Überwachungsplan,
  • erforderliche Prozessschritte.

Im Leitfaden sind der Rechtsrahmen für die Nachweisführung der Nachhaltigkeit, die beteiligten Akteure und ihre Aufgaben dargestellt. Ein Fokus liegt auf den für die Abzugsfähigkeit des Biomasseanteils nachzuweisenden Kriterien. Auch die Abzugsfähigkeit von Emissionen aus Biomethan aus dem Erdgasnetz wird erläutert. Der Leitfaden enthält auch Hinweise zur Erfassung von Biomasse und Nachhaltigkeitsnachweisen im Überwachungsplan sowie zur Nachweisführung im Emissionsbericht.

Autoren: Sandra Horn
                Judith Zimmermann

Preisbremsen – Missbrauchsverfahren eingeleitet

Das Bundeskartellamt hat erste Missbrauchsverfahren gegen Gasversorger auf Grund der Energiepreisbremsengesetze eingeleitet. Für energieintensive Unternehmen ist das zunächst im Rahmen von Vertragsverhandlungen und bei der Prüfung relevant, ob die Preisbremsen zutreffend vom eigenen Energieversorger auf den Monatsrechnungen entlastet wurden. Sie können aber auch selbst in den Fokus geraten, wenn Sie Erdgas an Dritte verkaufen oder sich dieses z.B. an der Börse „selbst“ beschaffen und gleichzeitig Anträge nach den Preisbremsengesetzen stellen.

Das Bundeskartellamt hat am 15.05.2023 auf seiner Internetseite bekannt gegeben, erste Missbrauchsverfahren gegen Erdgaslieferanten auf Grund des EWPBG eingeleitet zu haben. Weitere Verfahren gegen Strom- und Wärmeversorger sollen folgen.

Zum Hintergrund:

Mit den Preisbremsen übernimmt der Staat in 2023 im Grundsatz einen Teil der Energierechnung für Erdgas, Wärme und Strom, wenn der Arbeitspreis einen bestimmten Referenzwert übersteigt. Um einem Missbrauch zu Lasten des Staates vorzubeugen, verbieten die § 39 StromPBG und § 27 EWPBG u.a. eine sachlich ungerechtfertigte Überhöhung der Energiepreise – die Mehrkosten müsste der Staat tragen. Die Aufsicht hierüber kommt dem Bundeskartellamt zu. Dieses hat nach eigenen Angaben tausende Anträge und Meldungen von Gasversorgern analysiert bevor es nun Missbrauchsverfahren gegen eine zweistellige Zahl von Gaslieferanten eingeleitet hat.

Mit diesem Vorgehen macht das Bundeskartellamt deutlich, dass das vom Gesetzgeber eingeführte Schwert der Missbrauchskontrolle doch nicht so stumpf ist, wie von vielen Seiten zunächst vermutet. Energieintensive Unternehmen, die – ob als „Lieferant“ für weitergeleitete Erdgasmengen oder als „Selbstbeschaffer“ von Erdgas – eigene Anträge auf Erstattung gegenüber dem Staat stellen, unterliegen derselben Missbrauchskontrolle. Sie müssen also damit rechnen, dass auch ihre Erstattungsanträge vom Bundeskartellamt geprüft werden. Entsprechendes gilt für Erstattungsanträge nach den Preisbremsengesetzen für Wärme als Wärmeversorgungsunternehmen und für Strom als Elektrizitätsversorgungsunternehmen bzw. „Sonstiger Letztverbraucher“ von Strom (Direktbezug Börse u.a.).

Autorin: Yvonne Hanke

Energiepreisbremsen – Änderungen treten in Kraft

Die Änderungen der Preisbremsengesetze (StromPBG / EWPBG) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten.

Die Ende März im Bundestag beschlossenen Änderungen der Preisbremsengesetze betreffend die Übertragung der Aufgaben der Prüfbehörden und die Anpassung etwaiger Fristen (RGC berichtete) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten. Im Wesentlichen:

  • Aufgaben der Prüfbehörde können ab sofort im Wege der sog. Beleihung auf eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts übertragen werden.
  • Die Frist zur Übermittlung der Unterlagen betreffend die Arbeitsplatzerhaltungspflicht wird vom 15. Juli 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert (betrifft Unternehmen, die aus den Preisbremen eine Entlastung von mehr als 2 Mio. € erhalten).

    Die Frist zur Übermittlung der Erklärung, dass keine Förderung über 25 Mio. € in Anspruch genommen wird, wird vom 31. März 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert – diese Frist für ein gesetzliches Opt-Out ist relevant für Unternehmen, die eine Entlastungssumme von mehr als 25 Mio. € erwarten, aber nicht von den Einschränkungen betreffend Boni und Dividenden getroffen werden möchten.

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Jacqueline Rothkopf

Industriestrompreis soll endlich kommen

Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz im Wahlkampf die Beschränkung des Industriestrompreises auf 4 ct/kWh als Ziel ausgerufen hatte, geht es nun um die Frage der konkreten Umsetzung eines Industriestrompreismodells. Vizekanzler Robert Habeck bekräftigte Anfang März noch einmal, dass – trotz stark gestiegener Energiepreise – zumindest ein Industriestrompreis von 5-9 ct/kWh angepeilt werden müsse und die Ampelkoalition dies möglichst noch im ersten Halbjahr 2023 in Angriff nehmen wolle.

Bereits Mitte 2022 wurde die Einführung einer Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zur Einführung von Industriestrompreisen beschlossen. Diese findet sich nunmehr in § 96a WindSeeG. Weiterhin herrscht jedoch Unklarheit über die konkrete Umsetzung eines Industriestrompreismodells.

Gleichzeitig verfolgt auch die Europäische Union das Ziel als Industriestandort attraktiver zu werden und daher EU-weit stabile Strompreise zu garantieren.

Die verschiedenen Ansätze und Modelle fassen wir Ihnen nachfolgend kurz zusammen:


1. Vorschlag der EU-Kommission

Am 15.03.2022 machte die EU-Kommission einen Vorschlag, wie die Strompreise möglichst auch in Krisenzeiten stabilisiert werden können. Für Industriekunden wäre das Ziel die Förderung langfristiger Verträge, um so Preisstabilität zu gewährleisten.

Die Staaten könnten entweder PPA-Hindernisse (PPA = Power Purchase Agreement) mit „marktbasierten Garantien“ beseitigen oder aber neue Stromerzeugungsanlagen über zweiseitige Differenzverträge (CfD) fördern. CfDs würden den Stromerzeugern bei niedrigen Preisen dennoch Einnahmen von gewisser Höhe garantieren, bei hohen Preisen würden Überschusserlöse dagegen abgeschöpft und an die Verbraucher zurückfließen. Das Risiko niedriger Preise würde also der Staat tragen.

Jeder Mitgliedsstaat soll – je nach örtlichen Besonderheiten und Marktlage – frei wählen können, welche Lösung er präferiert. Der Vorschlag muss allerdings noch vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten geprüft werden, sodass mit einer Entscheidung erst Ende dieses Jahres, vielleicht sogar erst nach den Europawahlen 2024, gerechnet werden kann.


2. Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums

Die Beratungsunternehmen Consentec, Enervis, Ecologic und das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung haben für das Wirtschaftsministerium dagegen ein etwas anderes Konzept erarbeitet, das aber auch über Differenzverträge funktionieren würde.

Ziel wäre es, Erzeuger von Offshore-Windenergie und industrielle Abnehmer zusammenzubringen. Hierfür solle der Staat – in von der BNetzA organisierten Ausschreibungen – Angebot und Nachfrage über Differenzverträge zusammenführen. Auf der Angebotsseite würde ein Höchstwert für die angebotene Offshore-Windenergie festgelegt. Auf der Nachfrageseite wird eine Auktion durchgeführt. Teilnehmen dürften nur Unternehmen, die gewisse Voraussetzungen – z.B. die der EU-Leitlinien für Energie- und Klimabeihilfen – erfüllen.

Der Staat wäre dann auf Angebots- und Nachfrageseite jeweils zentraler Vertragspartner. Er trüge das Risiko für die Differenz zwischen Vertrags- und Referenzpreis.

Doch die Ersteller des Konzepts sehen selbst bereits die Nachteile ihres Vorschlags. So könne mit der rechtlichen Umsetzung frühestens 2024 gerechnet werden. Das viel größere Problem wäre aber, dass dieses Modell keine bestehenden Offshore-Windparks nutzen würde, sondern nur neu zu errichtende Windparks auf extra ausgewiesenen Flächen. Die Errichtung neuer Windparks würde sich bis mindestens 2029/2030 hinziehen und ob die hier dann generierten Strommengen den industriellen Verbrauch auch nur ansatzweise abdecken, darf bezweifelt werden. Außerdem dürften die Teilnahmevoraussetzungen nicht zu streng sein, da sich sonst praktisch kein Vorteil für Deutschland als Industriestandort ergäbe, wenn ein Großteil der Industriekunden von der Teilnahme ausgeschlossen wäre.


3. Vorschlag der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK)

Deshalb kritisiert auch die DIHK den Vorschlag als realitätsfern. Sie schlägt stattdessen ein Modell vor, das sich am amerikanischen Inflation Reduction Act orientiert. Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen sollten durch Steuervergünstigungen – wie z.B. schnellere Abschreibungen oder steuerliche Förderungen – für den Abschluss langfristiger und somit preisstabiler Stromlieferverträge belohnt werden.

Doch ganz gleich auf welches Modell die Bundesregierung sich am Ende festlegen wird, es tut sich jedenfalls etwas bezüglich der Einführung eines Industriestrompreismodells.

Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang auch eine kleine Anfrage der Union zum Industriestrompreis vom 06.04.2023. Aus den Antworten könnten sich Klarstellungen zum deutschen Industriestrompreismodell sowie zum Fahrplan der Einführung eines solchen ergeben. Über Neuigkeiten – insbesondere eine Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage – werden wir Sie natürlich auf dem Laufenden halten.

Autoren: Dr. Franziska Lietz
                 Jan Schlüpmann

Bundestag verabschiedet MsbG-Novelle: Messkonzepte für Mieterstrom werden vereinfacht

Beim Mieterstrom waren bislang vielfach teure und komplizierte Messkonzepte ein wesentliches Hemmnis. Jetzt wurde eine Änderung des MsbG auf den Weg gebracht, die Vereinfachungen bringen soll.

Die Lieferung von Mieterstrom, gleich ob als EEG-geförderter und oder geförderter Mieterstrom, sollte die Wohnungswirtschaft mehr in die Erreichung der Energiewende-Ziele involvieren. Trotz verschiedener Versuche, Mieterstrom attraktiver zu machen, wie bspw. die Erhöhung der Förderung und den Degressionsstopp im EEG 2023, wird das Konzept in Deutschland bislang noch nicht sehr oft umgesetzt.

Mit der Novelle des MsbG, die am 20.4.23 vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde, aber noch den Bundesrat passieren muss, ergeben sich künftig Erleichterungen für das erforderliche Messkonzept bei Mehrparteienliegenschaften mit eigener Stromerzeugung, (teilweisem) Verbrauch sowie ggf. Überschusseinspeisung.

In diesen Fällen ging man bislang davon aus (Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel), dass eine korrekte Messung und Abrechnung der vor Ort verbrauchten und in das Netz eingespeisten Elektrizität durch einen physischen Summenzähler am Netzverknüpfungspunkt erfolgen musste. Grundsätzlich kann es aber sehr teuer werden, derartige Messeinrichtungen für jeden Verbraucher/jede Wohnung in großer Zahl anzuschaffen.

Mit der Neuregelung in § 20 Abs. 1d S. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und § 60 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 MsbG schafft der Gesetzgeber nun die Möglichkeit, anstelle eines solchen physischen Summenzählers einen so genannten virtuellen Summenzähler (oft auch als virtueller Zählpunkt bezeichnet) über intelligente Messsysteme zu bilden. In den Neuregelungen wird zu diesem Zweck der virtuelle Summenzähler dem bisherigen Summenzähler gleichgestellt. Dies gilt allerdings nur unter der Bedingung, dass intelligente Messsysteme vorhanden sind. Die Zählpunkte müssten zudem stets hinter demselben Netzanschlusspunkt liegen, also über eine sogenannte galvanische Verbindung verfügen. Das MsbG soll künftig außerdem regeln, dass die Anschlussnehmer und Anlagenbetreiber dies vom Messstellenbetreiber binnen einer Frist von vier Monaten verlangen können. Das MsbG regelt außerdem zusätzliche Anforderungen an den Datenaustausch für diesen Fall.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Geplante Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes – kommt eine Aufrechnung der Co² Reduktionen der einzelnen Wirtschaftssektoren?

Die Diskussion in der Ampelkoalition um das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) zeigt sich lebhaft. Nachdem Ende März im Koalitionsausschluss die Novellierung des KSG beschlossen wurde, wollen die Grünen diese unter Umständen im Bundestag blockieren.

Mit dem KSG wurden ambitionierte Klimaschutzziele gesetzlich festgeschrieben und klare Einsparziele für die kommenden Jahre für die einzelnen Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft, Verkehr, Abfallwirtschaft) vereinbart. Gerade die Emissionsbudgets der einzelnen Wirtschaftssektoren sollten für eine genaue Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur Treibhausgasminderung in Deutschland sorgen.

Das Umweltbundesamt veröffentlich dafür jedes Jahr die Entwicklung der Treibhausgasemissionen für die jeweiligen Sektoren. Für 2022 zeigt sich: während die Industrie die im Klimaschutzgesetz festgelegte Höchstmenge unterschritten hat, lagen insbesondere zwei Sektoren deutlich über der Höchstmenge der Jahresemissionen. Der Sektor Gebäude verursachte 14 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente mehr, als für die Jahresemissionsmenge 2022 nach dem KSG zulässig ist. Bei dem Sektor Verkehr waren es rund 9 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente.

Das aktuelle KSG sieht eindeutige Konsequenzen für eine solche Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge vor. Das jeweils für den Sektor zuständige Bundesministerium muss ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen, um die Einhaltung der Werte für die Folgejahre sicherzustellen.

Dieser Mechanismus könnte mit der Novellierung des KSG nun abgeschwächt bis ausgehebelt werden. Der Beschluss des Koalitionsausschlusses tendiert dazu, die bisherige Einzelbetrachtung der Sektoren zu einer Gesamtbilanzierung zu ändern. Damit könnten die Zielverfehlungen in einzelnen Sektoren durch die Übererfüllung in anderen Sektoren ausgeglichen werden. Die Konsequenz des Sofortprogramms für einzelne Sektoren entfällt damit. Stattdessen ist von einer aggregierten Betrachtung aller Sektoren in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Rede, mit der eine Gesamtverantwortung aller Sektoren entstehen würde.

Diese Änderung dürfte im Interesse gerade der Sektoren liegen, denen mit Überschreitung der zulässigen Höchstmenge der Jahresemissionen ein Sofortprogramm droht. Insbesondere die Grünen werfen Kritik an diesen geplanten Änderungen auf. Neben der Frage, wie klimaschutzfördernd die Änderung am „Druckmittel“ Sofortprogramm ist, stellt sich die Frage, wie das Bundesverfassungsgericht eine solche Änderung bewerten würde, hat es doch mit seinem Klimaschutzbeschluss 2021 deutlich gemacht, dass unzureichende Vorgaben der Co² Reduktion verfassungswidrig sein können.

Wie die Änderungen im KSG genau aussehen werden, steht allerdings noch nicht fest. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen gern hier auf dem Laufenden.

Autorin: Jacqueline Rothkopf

Preisbremsen – Weitere Überarbeitungen geplant

Die Bundesregierung hat einen neuen Entwurf einer Änderungsnovelle für die Energiepreisbremsengesetze (StromPBG und EWPBG) verabschiedet. Der Entwurf sieht vor allem Änderungen im Bereich der Gewährung von Boni und Dividenden, der Arbeitsplatzerhaltungspflicht und dem Verfahren zur Feststellung der Höchstgrenzen vor. Daneben ist die Einführung eines Korrekturmechanismus bei atypischen Minderverbräuchen in 2021 – aufgrund der Corona-Pandemie oder der Flutkatastrophe – geplant.

Nachdem das erste Änderungsgesetz, das Ende März Bundestag und Bundesrat passiert hat, neben kleineren Änderungen wie Fristanpassungen lediglich bestimmt, dass die Aufgaben der Prüfbehörde auf eine juristische Person des Privatrechts übertragen werden können (RGC berichtete hier), stehen nun weitergehende Änderungen auf dem Plan der Bundesregierung.

Die Änderungsnovelle sieht neben redaktionellen Korrekturen insbesondere Anpassungen und Ergänzungen hinsichtlich folgender Punkte vor:

Anspruchsberechtigung „großer“ SLP-Gasentnahmestellen:

Als „große“ Erdgas-Letztverbraucher sollen (vorbehaltlicher etwaiger verbrauchsunabhängiger Sonderzuweisungen) Entnahmestellen gelten, die einen Jahresverbrauch von mehr als 1,5 GWh haben – unabhängig davon, ob es sich um eine RLM- oder SLP-Entnahmestelle handelt. Bislang bezog sich der entsprechende § 6 EWPBG nach seinem Wortlaut lediglich auf Entnahmestellen mit registrierender Leistungsmessung, sodass Entnahmestellen mit einem Standardlastprofil auch bei einem Verbrauch über 1,5 GWh nicht erfasst waren. Dieses Versehen will der Gesetzgeber nun reparieren.


Boni und Dividenden:

Es soll klargestellt werden, dass sich das Verbot zur Auszahlung von Boni und Dividenden ab einer Entlastungssumme von 50 Mio. € lediglich auf Boni und Dividenden für das Kalenderjahr 2023 bezieht. Das bedeutet: Für vorhergehende Kalenderjahre gewährte, vor dem 1. Dezember 2022 vereinbarte und nur in 2023 – z.B. für das Kalenderjahr 2022 – zur Auszahlung anstehende Boni und Dividenden sind nicht betroffen.

Als „Unternehmen“ im Sinne der Boni- und Dividendenregelung sollen auch verbundene Unternehmen gelten. Übersteigt die im Konzern erhaltene Entlastungssumme 25 Mio. € bzw. 50 Mio. €, so soll die Einschränkung also bereits greifen.


Korrekturmechanismus bei Minderverbräuchen infolge der Flutkatastrophe oder der Corona-Pandemie:

Für bestimmte Strom- und Gasletztverbraucher sowie Wärmekunden wird ein neuer Teil 3a (EWPBG) bzw. 2a (StromPBG) mit dem Titel „Entlastung für atypische Minderverbräuche“ vorgeschlagen:

Letztverbraucher, die im Jahr 2021 stark von der Corona-Pandemie oder der Flutkatastrophe betroffen waren und hierdurch in 2021 Verbräuche hatten, die 50 Prozent geringer waren als im Kalenderjahr 2019, können unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines zusätzlichen Entlastungsbetrages beantragen. Dies gilt jedoch nur, wenn im Verbund die absolute Höchstgrenze von 2 Mio. € inkl. des zusätzlichen Entlastungsbetrages nicht überschritten wird.

Die Beantragung des zusätzlichen Entlastungsbetrages soll zwischen dem 1. September 2023 und dem 30. September 2023 bei der Prüfbehörde möglich sein.

Höchstgrenzen:

Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die absolute oder relative Höchstgrenze im Unternehmen oder Unternehmensverbund überschritten wurde, so kann die Prüfbehörde auch ohne Antrag ein Verfahren zur Feststellung der einschlägigen Höchstgrenze einleiten und Informationen und Unterlagen anfordern.


Weitere Anpassungen:

  • Es wird klargestellt, wie der Differenzbetrag für die Erdgaspreisbremse bei Spotmarktverträgen (zeitvariable Tarife) zu ermitteln ist. Wie bereits im StromPBG geregelt, soll fortan auch im Rahmen des EWPBG auf den Vormonat abgestellt werden, wenn der Arbeitspreis zum 1. eines Kalendermonats noch nicht feststeht. Sowohl für die Erdgas- als auch für die Strompreisbremse wird gleichzeitig klargestellt, dass in den Fällen, in denen eine Abrechnung erst nach Ablauf des Monats erfolgt, stattdessen auf den gewichteten durchschnittlichen Arbeitspreis des Liefermonats abzustellen ist. Dies ermöglicht eine Entlastung anhand der tatsächlichen Arbeitspreise des abgerechneten Monats und soll Manipulationen vorbeugen.
  • Die Frist zur Mitteilung von in einer KWK-Anlage erzeugten Strom- und Wärmemengen für Dritte (1. März) soll auf den 31. Mai verlängert werden. Wird die Meldung nach Ablauf der Frist abgegeben, so wird diese lediglich für die verbleibenden Monate berücksichtigt; eine Korrektur der Werte der vergangenen Monate findet nicht statt. Zur Erinnerung: Wer die Mengen nicht meldet, läuft Gefahr, dass das gesamte Entlastungskontingent für die KWK-Anlage auf Null reduziert wird.
  • „Kleine“-Stromentnahmestellen (> 30.000 kWh / Jahr), die ausschließlich zum Betrieb von Wärmepumpen oder Stromheizungen genutzt werden, profitieren von einem abweichenden Referenzpreis: Statt 40 ct/kWh soll der Preisdeckel in diesem Fall bei 28 ct/kWh liegen.

Eine Pressemitteilung des BMWK zu dem Vorschlag finden Sie hier. Wir halten Sie über das weitere Gesetzgebungsverfahren wie gewohnt auf dem Laufenden.

Veranstaltungshinweis:

Zu den neuen Erkenntnissen, die sich in den vergangenen Wochen zu den Preisbremsen ergeben haben – insb. durch neue FAQ, neue Verordnungen/Gesetze etc. – sowie zu häufig aufgetretenen Problemfällen veranstalten wir am 26.04.2023 ein „Preisbremsen-Update“. Alle Informationen zu der Veranstaltung finden Sie hier.

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes veröffentlicht

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat den Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes veröffentlicht und in die Anhörung der Länder und Verbände gegeben. Durch das Gesetz sollen Vorsorge und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel auf eine zentrale Rechtsgrundlage gestellt werden.

Hintergrund des Referentenentwurfs des Klimaanpassungsgesetzes sind die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt. Extremwetterereignisse wie Flutkatastrophen erfordern es, dass eine Strategie für den Umgang mit derlei Ereignissen und eine Anpassung hieran auf den Weg gebracht wird. Hier setzt der Referentenentwurf an: Das Klimaanpassungsgesetz soll einen Rahmen für eine gemeinsame und koordinierte Klimaanpassungsstrategie von Bund und Ländern schaffen. Konkrete Maßnahmen sind in dem Entwurf noch nicht vorgesehen.

Der Gesetzesentwurf richtet sich in erster Linie an die Bundesregierung, Träger öffentlicher Aufgaben und die Bundesländer und adressiert Aufgaben für ein abgestimmtes Vorgehen an diese.

Nach der Vorgabe des Entwurfes soll die Bundesregierung eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie vorlegen und umsetzen, die alle vier Jahre auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse evaluiert und fortgeschrieben wird. Innerhalb der Klimaanpassungsstrategie soll die Bundesregierung messbare Ziele und Indikatoren für verschiedene „Cluster“ (Wasser, Infrastruktur, Land und Landnutzung, Gesundheit, Wirtschaft und weitere) festlegen und bereits konkrete Maßnahmen auf Bundesebene zur Erreichung der Ziele vorschlagen.

Um auf landesspezifische Besonderheiten eingehen zu können, soll auch jedes Bundesland eigene Strategien und Maßnahmenpläne entwickeln und umsetzen.

Der Referentenentwurf befindet sich derzeit in der Verbändeanhörung und wird in den kommenden Wochen und Monaten überarbeitet und angepasst.

Autoren: Sandra Horn
                 Jan Schlüpmann

Übererlösabschöpfung nach StromPBG: Neues zur Abwicklung

ÜNB stellen Berechnungstool zur Verfügung

Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben auf ihrer gemeinsamen Internetseite Tools zur monatsweisen Berechnung der Überschusserlöse nach StromPBG zur Verfügung gestellt. Sie ermöglichen Betreibern von Stromerzeugungsanlagen, welche der Überschusserlösabschöpfung unterliegen, erstmals eine Vorab-Ermittlung der Abschöpfungsbeträge im (voraussichtlich) für die Datenmeldung zu verwendenden Format.

Zum Berechnungstool der ÜNB gelangen Sie hier.

Dort findet sich zudem die Ankündigung, dass die ÜNB „ab“ April auf die Anlagenbetreiber zugehen und diese auffordern, sich im jeweiligen ÜNB-Portal zu registrieren bzw. erforderliche Klärungen mit den Verteilnetzbetreibern zu veranlassen. Die Datenmeldungen selbst sollen dagegen voraussichtlich erst ab Juni 2023 möglich sein.

Per Gesetz müssen die Datenmeldungen gegenüber dem regelverantwortlichen ÜNB für den ersten Abschöpfungszeitraum (01.12.2022 – 31.03.2023) bis zum 31. Juli 2023 erfolgt sein, erforderliche Zahlungen an den Anschlussnetzbetreiber bis zum 15. August 2023.

Details des Abschöpfungsprozesses und der für die Abwicklung gegenüber den ÜNB und Anschlussnetzbetreibern maßgeblichen Meldevorgänge, -formvorgaben und -fristen beschreiben die ÜNB auf ihrer gemeinsamen Internetseite hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Shell-Vorstand wird von Aktionären wegen unzureichender Senkung von Emissionen verklagt

Mit der Klage der NGO ClientEarth gegen Shell kommt eine neue Form der Klimaklage zum Einsatz: Erstmals hat ein Aktionär eines Unternehmens eine sog. derivative Haftungsklage eingereicht.

ClientEarth ¬– eine gemeinnützige Umweltorganisation – verklagt den Vorstand von Shell vor dem High Court von England und Wales. Der Klimaplan des Unternehmens sei unzureichend, weil dieser den Risiken des Klimawandels nicht gerecht werde und so den langfristigen Wertgehalt des Unternehmens gefährde.

Es ist das erste Mal, dass gegen einen Vorstand eine derivative Haftungsklage eingereicht wurde. Der Unternehmensvorstand soll durch die Klage persönlich haftbar gemacht werden.

Dem Shell-Vorstand wird vorgeworfen, die Abkehr von fossilen Brennstoffen und den Übergang zur Klimaneutralität nicht in dem Maße zu verfolgen, wie es notwendig wäre, um das Unternehmen vor den Risiken des Klimawandels zu schützen.

Shell will die Produktion fossiler Brennstoffe noch jahrzehntelang fortsetzen, Hierdurch werde – so ClientEarth – das Unternehmen an Investitionen gebunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirtschaftlich werden. Dies gefährde die langfristige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, könne Arbeitsplätze kosten und zu einem Wertverfall führen, durch den Aktionäre und Investoren erhebliche Geldbeträge verlieren. Auch Rentenfonds seien hiervon betroffen. Die Bemühungen um den Schutz des Planeten seien unweigerlich mit dem Ausmaß des wirtschaftlichen Risikos, das das Unternehmen eingeht, verbunden.

ClientEarth ist Anteilseigner des Unternehmens und kann daher im Wege der Aktionärsklage gegen die Verwaltungsratsmitglieder von Shell vorgehen. Diese Klage kann ein Aktionär quasi im Namen des Unternehmens erheben, um den Vorstand für ein vermeintlich gegen das Unternehmen begangenes Unrecht verantwortlich zu machen.

Ziel ist es, den Vorstand zu verpflichten, die Klimapläne zu verschärfen. Die Klage wird auf einen Verstoß des Vorstands gegen seine gesetzlichen Pflichten nach dem englischen Unternehmensgesetz gestützt, wonach dem Klimarisiko des Unternehmens angemessen zu begegnen ist.

Die Klage hat bereits von vielen anderen Investoren Unterstützung erhalten. Der High Court von England und Wales muss nun zunächst über die Zulassung der Klage entscheiden.

Ein Erfolg dieser Klage hätte weitreichende Folgen und würde ein erhebliches Druckmittel auf Vorstände vor allem britischer Unternehmen darstellen.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Sarah Schönlau
                       Lena Ziska