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Anlagenbetreiber und Eigenerzeuger aufgepasst: Erste Festlegung der BNetzA zum neuen Redispatch-System (BK6-20-059) im Amtsblatt veröffentlicht

Am 1. Oktober 2021 treten die Neuregelungen zum Redispatch 2.0. in Kraft. Dafür hat die BNetzA die erste finale Festlegung veröffentlicht, die insbesondere für Eigenerzeuger von hoher Relevanz ist.

Die Festlegung der Bundesnetzagentur zum bilanziellen Ausgleich von Redispatch-Maßnahmen sowie zu massengeschäftstauglichen Kommunikationsprozessen im Zusammenhang mit dem Datenaustausch wurde am 25.11.2020 im Amtsblatt bekanntgemacht. Damit liegt die erste finale Festlegung der BNetzA zu den ab 1. Oktober 2021 geltenden Redispatch-Maßnahmen vor. Es ist zu erwarten, dass weitere Festlegungen folgen werden (u.a. zur Informationsbereitstellung für Redispatch-Maßnahmen, Netzbetreiberkoordinierung etc.).

Das Thema Redispatch 2.0 betrifft in unserer Mandantschaft besonders stark die Unternehmen, die Eigenerzeugungsanlagen betreiben. Denn im Wege des Redispatch können Netzbetreiber in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken eingreifen, um die Überlastung einzelner Leistungsabschnitte zu vermeiden. Betroffen hiervon können grundsätzlich alle Betreiber von Erzeugungsanlagen sein. Zu beachten ist hierbei, dass nach den neuen gesetzlichen Vorgaben auch reine Eigenversorgungsanlagen geregelt werden dürfen (wir berichteten) .

Für Betreiber industrieller (Eigen-)Erzeugungsanlagen relevant sind insbesondere die nicht im Tenor, sondern in den Entscheidungsgründen zu findenden Ausführungen zur grundsätzlich vollen Redispatch-Fähigkeit auch wärmegeführter KWK-Anlagen. Zudem äußert sich die BNetzA in der Festlegung dahingehend, dass KWK-Anlagen bei der Abschaltreihenfolge nicht grundsätzlich nachrangig zu berücksichtigen seien. Damit setzt sich die BNetzA über die von Anlagenbetreibern im Konsultationsverfahren geäußerten diesbezüglichen Einwände hinweg. Daher müssen sich alle Betreiber von Stromerzeugungsanlagen grundsätzlich auf netzbetreiberseitige Eingriffe im Wege des Redispatch einstellen. 

Betreiber von Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung unter 100 kW sind nach der Begründung zwar nicht vom Anwendungsbereich der Festlegung erfasst, können jedoch trotzdem von Redispatch betroffen sein. Die Anlagenbetreiber müssen sich aber nicht an die in den Anlagen geregelten Prozesse halten. 

Die Festlegung gilt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erst für Redispatch-Maßnahmen ab dem 01.10.2021.

Betreiber von (Eigen-)Erzeugungsanlagen sollten prüfen, ob sie die Anforderungen der Festlegung ohne Weiteres erfüllen können. Sollte dies nicht der Fall sein, ist zu entscheiden, ob gegen die aktuelle Festlegung der BNetzA Beschwerde eingelegt wird. Zudem ist die Beteiligung an den weiteren laufenden Festlegungsverfahren der BNetzA zum Thema Redispatch zu erwägen.

Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt wird die 1-monatige Beschwerdefrist ausgelöst, die in der Regel spätestens 2 Wochen nach Veröffentlichung beginnt.

Neue Regelungen für die Netznutzung Strom umfasst auch Ladepunkte für E-Autos

Die BNetzA eröffnet ein Konsultationsverfahren für die Festlegung einheitlicher Vertragsbedingungen.

Die Nutzung des Stromnetzes und die Kommunikation zwischen den daran beteiligten Vertragspartnern ist in verschiedenen Festlegungen zur Marktkommunikation, zum Messstellenbetrieb und auch in dem einheitlich festgelegten Lieferantenrahmenvertrag Strom (Netznutzungsvertrag) geregelt. Diese Regelwerke wurden in den letzten Jahren immer wieder angepasst, u. a. um Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) umzusetzen oder den Rollout intelligenter Messsysteme abzubilden.

Nachdem diese Punkte abgearbeitet sind, ergreift die BNetzA die Gelegenheit weitere Optimierungen im Rahmen der Netzzugangsabwicklung auf den Weg zu bringen. Dies betrifft z. B. die Einführung eines elektronischen Preisblattes für Netzentgelte, das eine automatisierte Rechnungsprüfung im Massengeschäft ermöglichen soll. Auch weitere Änderungen und Anpassungen, die nun geplant sind, sollen im Gesamtkontext der Netznutzungsabwicklung die Automatisierung und Digitalisierung vorantreiben und bei allen Akteuren die Effizienz und auch die Abwicklungsgeschwindigkeit erhöhen.

Die zuständige Beschlusskammer 6 der BNetzA hat daher gerade ein Festlegungsverfahren zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen im Strombereich eröffnet. Betroffen von den Änderungen sind die vier Prozessdokumente zur Marktkommunikation, zum Messstellenbetrieb und zur Bilanzkreisabrechnung (GPKE, WiM, MPES und MaBiS), sowie der einheitlich festgelegte Lieferantenrahmenvertrag bzw. Netznutzungsvertrag Strom.

Außerdem hat die Beschlusskammer einen neu erarbeiteten Netznutzungsvertrag Elektromobilität vorgelegt, der an allen Ladepunkten im öffentlichen Netz und in Kundenanlagen künftig die technische Möglichkeit eines bilanziellen Lieferantenwechsels schaffen soll.

Marktbeteiligte können sich an der Konsultation bis zum 22. Juli 2020 beteiligen. Weitere Informationen zur Beteiligung an der Konsultation und die einzelnen Dokumente finden Sie auf der Internetseite der zuständigen Beschlusskammer.

EuG: Nord-Stream-Klagen gegen Änderung der Gasrichtlinie unzulässig

Beschlüsse vom 20. Mai 2020, Az.: T-530/19 und T-526/19 In dem vorstehenden Klageverfahren der Betreiber der Gasfernleitungen Nord Stream 1 und 2 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klagen gegen die Änderung der Gasrichtlinie 2009/73/EG als unzulässig abgewiesen, da die Betreiber der Gasfernleitungen durch die Richtlinie nicht unmittelbar betroffen seien. Erst durch die Umsetzung in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten werden die Betreiber der Gasfernleitungen den Verpflichtungen aus der geänderten Richtlinie unterworfen. Zudem steht es den Mitgliedsstaaten bzw. den nationalen Regulierungsbehörden frei unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von einigen Vorschriften der geänderten Richtlinie, etwa für die neuen großen Gasinfrastrukturen oder für Gasfernleitungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, die bereits vor in Kraft treten der Änderungsrichtlinie am 23. Mai 2019 fertiggestellt waren, zu gewähren.

Relevanz: Die Umsetzung der Vorgaben aus der Änderungsrichtlinie (EU) 2019/692 ist in Deutschland durch das Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/692 erfolgt. Die erforderlichen Änderungen des EnWG hat der Deutsche Bundestag bereits am 13. November 2019 beschlossen. Im Zentrum der Änderung steht neben der Anpassung der Definition der Verbindungsleitung (§ 3 Nr. 34 EnWG) der neu eingefügte § 28b EnWG. Dieser sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine Freistellung für Gasfernleitungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern vor, die bereits vor dem 23. Mai 2019 fertiggestellt wurden. Für diese lief bis zum 24. Mai 2020 ein Verfahren zur Freistellung von den Vorgaben des Regulierungsrechts.

Hintergrund: Durch die am 23. Mai 2019 in Kraft getretene Richtlinie zur Änderung der Gasrichtlinie 2009/73/EG wurden bestimmte Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, u. a. Vorgaben zur Entflechtung der Eigentumsverhältnisse, auch auf Gasfernleitungen aus Drittländern erstreckt. Seit dem Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie müssen Betreiber von Gasfernleitungen bzgl. des Leitungsabschnitts, der sich zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zum Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder im Küstenmeer des Mitgliedstaats befindet, die Richtlinie 2009/73/EG sowie die jeweiligen nationalen Vorschriften zu ihrer Umsetzung beachten. Hieraus resultiert insbesondere die Pflicht, zur Entflechtung der Fernleitungsnetze und der Fernleitungsnetzbetreiber sowie zur Schaffung eines Systems für den nichtdiskriminierenden Zugang Dritter zum Fernleitungs- und Verteilernetz. Die Gasfernleitung Nord Stream 1 dient zur Durchleitung von Gas zwischen dem russischen Wyborg und Lubmin in Deutschland. Die parallel hierzu verlaufenden Gasfernleitung Nord Stream 2 befindet sich seit Januar 2017 in der Errichtung, war aber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsrichtlinie am 24. Februar 2020 zu etwa 95 % abgeschlossen. Mit ihrer Klage begehrten die Betreiber der Gasfernleitungen die Änderungsrichtlinie für nichtig zu erklären.

BGH: Empfänger der Realofferte eines Energieversorgers

Urteil vom 27. November 2019, Az.: VIII ZR 165/18

In dem vorstehenden Rechtsstreit zwischen einem Energielieferanten, der für die Grundversorgung eines bestimmten Gebietes zuständig ist, und dem Eigentümer eines Mehrparteienhauses hat der BGH entschieden, dass sich die in der Bereitstellung von Strom liegende Realofferte eines Versorgungsunternehmens regelmäßig nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter richtet, wenn der Stromverbrauch einer in einem Mehrparteienhaus gelegenen und vermieteten Wohnung über einen Zähler erfasst wird, der ausschließlich dieser Wohnung zugeordnet ist. Der Mieter nimmt dieses Angebot des Versorgungsunternehmens durch die Stromentnahme konkludent an.

Relevanz: Der Eigentümer eines Mehrparteienhauses ist gegenüber einem Strom-Grundversorger nicht zur Vergütung von geliefertem Strom verpflichtet, wenn der Strom von einem Zähler erfasst wurde, welcher einer vermieteten Wohneinheit zuzuordnen ist. Die neue höchstrichterliche Entscheidung bestätigt damit erneut, dass es für den konkludenten Vertragsschluss maßgeblich darauf ankommt an wen sich das in der Bereitstellung von Strom liegende Vertragsangebot nach dem objektiven Empfängerhorizont richtet. In Mehrparteienhäusern ist dies regelmäßig nicht der Eigentümer, sondern der Mieter der jeweiligen Wohneinheit, der den Strom auch tatsächlich entnimmt. Entscheidend hierbei ist, dass der Stromzähler einer einzelnen Wohneinheit zugewiesen ist und nur deren Stromverbrauch erfasst.

Hintergrund: Das klagende Grundversorgungsunternehmen begehrte von dem beklagten Hauseigentümer u.a. die Vergütung gelieferten Stroms. Der streitgegenständliche Stromverbrauch wurde über einen Zähler erfasst, die einer bestimmten Wohnung des Mehrparteienhauses zugeordnet war. Diese Wohnung war zwar an eine dritte Person vermietet, jedoch vertrat die Klägerin die Auffassung, dass es auf die tatsächliche Verfügungsgewalt über den „Netzanschluss“ im Sinne des § 5 der NAV ankäme und wem diese zustehe. Diese Auffassung ist der BGH mit seinem Urteil entgegengetreten und stellt klar, dass der „Übergabepunkt“ vom BGH nicht in diesem Sinne definiert werde. Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages sei vielmehr derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, was auch ein Mieter oder Pächter sein kann, wenn ihm aufgrund des Miet- oder Pachtvertrags die tatsächliche Verfügungsgewalt über die ihm überlassene Miet- oder Pachtsache eingeräumt ist. Das in § 2 Abs. 2 StromGVV genannte Elektrizitätsversorgungsnetz „der allgemeinen Versorgung“, auf das sich die Grundversorgungspflicht erstreckt, ende nicht am Hausanschluss, sondern sei nach § 3 Nr. 17 EnWG gerade ein solches, das für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehe.

Ein Stromlieferungsvertrag ist zwischen den Parteien folglich nicht geschlossen worden. Das konkludente Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrages richtete sich bei der gebotenen Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des Empfängers an den Eigentümer des Mehrfamilienhauses, sondern an den Mieter der über einen eigenen Stromzähler verfügenden Wohnung.

Kundenanlage: Hauptzollämter fragen nach

Hauptzollämter hinterfragen zurzeit im Rahmen von Außenprüfungen den Kundenanlagenstatus bei „kleinen“ Versorgern

Bislang haben sich Unternehmen in erster Linie dann mit dem regulierungsrechtlichen Status ihrer Energieinfrastruktur (Einordnung als Kundenanlage oder Netz) befasst, wenn es um Fragen von Netzanschluss, freie Lieferantenwahl nachgelagerter Letztverbraucher ging etc. Nunmehr befassen sich auch die Hauptzollämter vermehrt mit dieser Fragestellung. 

Hintergrund:

Unternehmen sind dann „kleine“ Versorger i.S.d. § 1a Abs. 6 StromStV und haben stromsteuerrechtliche Pflichten zu beachten, wenn sie 

  • Strom innerhalb einer Kundenanlage in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MWel erzeugen,
  • diesen Strom an Letztverbraucher ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leisten und
  • darüber hinaus ausschließlich vollversteuerten Strom (20,50 Euro/MWel) ausschließlich von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger beziehen und diesen ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leisten.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss ein Unternehmen zunächst einmal eine Anzeige auf amtlichen Vordruck bei seinem zuständigen Hauptzollamt abgeben. Dies muss vor Aufnahme seiner Tätigkeit als „kleiner“ Versorger geschehen. Dabei hat es selbst einzuschätzen, ob sein Betriebsnetz eine Kundenanlage darstellt oder nicht. Eine Erleichterung sieht das Stromsteuerrecht dahingehend vor, dass in Zweifelsfällen zunächst vermutet wird, dass eine Kundenanlage vorliegt (§ 1a Abs. 9 HS. 2 StromStV). 

Die Kriterien einer Kundenanlage werden dem Energiewirtschaftsgesetz (§ 1a Abs. 9 HS. 1 StromStV i.V.m. § 3 Nr. 24a und 24b EnWG) entnommen. Diese sind stark von Rechtsprechung und Behördenpraxis geprägt und stetig im Wandel (zur aktuellen Rechtsprechung des BGH berichtete RGC hier).

Im Rahmen der Außenprüfung hinterfragen nun einige Hauptzollämter die Selbsteinschätzung der Unternehmen bezüglich ihres Kundenanlagenstatus. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dieser Thematik sowie Dokumentation der Ergebnisse und ihrer argumentativen Herleitung ist also unerlässlich. Sollten Sie hierbei Unterstützung benötigen, kommen Sie gern auf uns zu oder besuchen Sie unseren Praxisworkshop, für den Sie sich in Kürze hier anmelden können.

BGH: Zu den Voraussetzungen einer Kundenanlage nach § 3 Nr. 24 a EnWG

Beschluss vom 12. November 2019, Az.: EnVR 65/18

In dem vorstehenden energiewirtschaftlichen Verwaltungsverfahren zwischen der Energiesparte einer Wohnungsbaugesellschaft und einem Verteilnetzbetreiber hat der BGH darüber entschieden, wann eine Infrastruktur zur Stromversorgung (Energieanlage) noch als – regulierungsfreie – Kundenanlage einzustufen ist und wann dagegen von einem der Regulierung unterliegenden Netz auszugehen ist. Maßgeblich dafür ist u.a., ob die Energieanlage sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befindet, und ob die Anlage wettbewerbsrelevant ist. 

Anders als das OLG Düsseldorf in der Vorinstanz, bejahte der BGH die räumliche Zusammengehörigkeit des Versorgungsgebiets. Unschädlich ist nach dem BGH, wenn ein abgegrenztes Gebiet Straßen, ähnliche öffentliche Räume oder vereinzelte, nicht ins Gewicht fallende andere Grundstücke einschließt, welche nicht durch die Anlage versorgt werden (diese Ausführungen bestätigt der BGH mit seinem zweitem Beschluss vom 12. November 2019 zu den Voraussetzungen einer Kundenanlage, Az.: EnVR 66/18).

Dennoch lehnte der BGH letztlich den Kundenanlagenstatus ab, weil eine Wettbewerbsrelevanz vorliege. Unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs im Sinne des § 3 Nr. 24a c) EnWG sei die Anlage nur, wenn sie weder in technischer noch in wirtschaftlicher noch in versorgungsrechtlicher Hinsicht ein Ausmaß erreicht, das Einfluss auf den Versorgungswettbewerb und die durch die Regulierung bestimmte Lage des Netzbetreibers haben kann. Dies scheidet im Regelfall aus, wenn mehrere Hundert Letztverbraucher angeschlossen sind, die Anlage eine Fläche von deutlich über 10.000 m² versorgt, die jährliche Menge an durchgeleiteter Energie voraussichtlich 1.000 MWh deutlich übersteigt und mehrere Gebäude angeschlossen sind. Lediglich wenn mehrere dieser Werte unterschritten werden, könne man im Regelfall von einem Fehlen der Wettbewerbsrelevanz ausgehen. Selbst dann kann aber nach dem BGH eine Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis führen, dass gleichwohl eine Wettbewerbsrelevanz vorliegt.

Relevanz: Das Urteil ist für zahlreiche Betreiber von Industrieparks relevant, wenn sie ihre Energieanlage nicht wegen eines hohen Anteils an selbst verbrauchten Strom (über 90 %) als sog. Kundenanlage zu betrieblichen Eigenversorgung (§ 3 Nr. 24b EnWG) einstufen können. Sie können ihre Infrastruktur nur dann außerhalb der Regulierung betreiben, wenn diese nicht als wettbewerbsrelevant anzusehen ist. 

Der Betrieb eines Netzes ohne Genehmigung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 € geahndet werden kann. Vor diesem Hintergrund sollten Betreiber von Energieanlagen eine (Neu-)Bewertung der Frage vornehmen, wie rechtssicher sie die Selbsteinschätzung, eine Kundenanlage zu betreiben, tatsächlich abgeben können.

Hintergrund: Das antragstellende Tochterunternehmen der Wohnungsbaugesellschaft hatte beabsichtigt, an zwei Standorten jeweils ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit je 140 kW Leistung zu errichten und sodann die an den Standorten befindlichen 22 und 32 Mehrfamilienhäuser über Elektrizitätsleitungen mit Strom zu versorgen. In den angeschlossenen Gebäuden sollten 457 und 515 Letztverbraucher mit einer jährlichen Energiemenge von 1.483 MWh und 1.672 MWh über die Energieanlagen der Wohnungsbaugesellschaft versorgt werden. Die Energieanlagen erstrecken sich auf eine Fläche von 44.631 m² und 53.000 m². Nachdem der Verteilnetzbetreiber den Status der Energieanlagen als Kundenanlage bezweifelte, beantragte die Wohnungsbaugesellschaft ein Missbrauchsverfahren bei der BNetzA mit dem Ziel, die Energieanlagen als Kundenanlagen zu behandeln. Die BNetzA lehnte den Antrag ab. Eine hiergegen erhobene Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf wurde ebenfalls zurückgewiesen. Nunmehr hat der BGH in letzter Instanz bestätigt, dass die von der Wohnungsbaugesellschaft vorgesehenen Energieanlagen keine Kundenanlagen darstellen.

Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Behördenpraxis sowie den praktischen Handlungsoptionen für Betreiber entsprechender Energieanlagen werden wir uns in einem eigenen Praxisworkshop befassen. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie in Kürze hier.

Monitoring Energie 2020 – Meldepflicht für entgeltliche Stromlieferung an Dritte

Daten der Stromkennzeichnung müssen unaufgefordert an die BNetzA gemeldet werden

Wie in jedem Jahr führen die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Bundeskartellamt (BKartA) auch 2020 wieder ein Energie-Monitoring durch. In diesem Jahr wird es vom 23. März bis zum 24. April 2020 stattfinden. Hierzu müssen die Unternehmen, die am Monitoring teilnehmen, bestimmte (nur die für das jeweilige Unternehmen relevanten) Fragebögen beantworten und über die Datenübermittlungsplattform MonEDa übermitteln.

Achtung: Auch Unternehmen, die im Übrigen nicht am Monitoring teilnehmen, müssen eine Meldung im Rahmen des Monitorings an die BNetzA erbringen, wenn sie Strom entgeltlich an dritte Letztverbraucher (auch innerhalb der Kundenanlage) liefern/weiterleiten. Hierbei handelt es sich um die Meldepflicht über Daten der Stromkennzeichnung nach § 42 Abs. 7 EnWG. Die Meldung erfolgt unter Verwendung des (vorläufigen) Fragebogens „Lieferanten Elektrizität“. Da es sich bei § 42 Abs. 7 EnWG um eine Meldepflicht und nicht um eine Abfrage handelt, bedarf es zu dieser Meldung keiner gesonderten Aufforderung durch die Bundesnetzagentur. 

Zu dem vorstehenden sowie zu allen weiteren Fragebögen führt die BNetzA seit dem 20. Januar 2020 und noch bis zum 7. Februar 2020 eine Konsultation durch. Unternehmen, die an der Konsultation teilnehmen möchten, können ihre Stellungnahme per E-Mail an monitoring.energie@bnetza.de mit dem Betreff „Stellungnahme Fragebögen Monitoring 2020“ senden.

Die finalen Fragebögen für das Monitoring (und die Meldepflicht nach § 42 Abs. 7 EnWG) werden dann – unter Berücksichtigung der Konsultationsergebnisse – voraussichtlich ab dem 23. März 2020 auf den Internetseiten der BNetzA und des BKartA bereitgestellt. Zur ordnungsgemäßen Meldung werden dann noch Zugangsdaten zu MonEDa (Betriebsnummer, Kontrollnummer und Verschlüsselung) benötigt. Soweit ein Unternehmen noch keine Zugangsdaten für MonEDa bekommen hat, so wurde es bisher als nicht meldepflichtiges Unternehmen eingestuft. Solche „neuen“ Marktteilnehmer, die bisher noch nicht am Energie-Monitoring teilgenommen haben, müssen sich bei der BNetzA melden, um Zugangsdaten zu der Plattform zu erhalten. Auch für diese Erstregistrierung existiert ein Formular welches ebenfalls an monitoring.energie@bnetza.de zu senden ist.

Netzbetreiber verzichtet auf WP-Testat bei der Konzessionsabgabe

Erleichterung bei der Abgrenzung von Drittmengen

Vor kurzem hatten wir an dieser Stelle über die Aufforderung von Netzbetreibern berichtet, dass Unternehmen für die Abrechnung der Sonderkunden-Konzessionsabgabe sowohl für den Verbrauch von Dritten am Standort als auch für den selbstverbrauchten Strom WP-Testate vorlegen müssten (RGC berichtete).

Diese strikte Forderung nach WP-Testaten scheint nun teilweise gelockert zu werden. Wie in der Branche zu hören ist, gibt es Fälle, in denen der Netzbetreiber die Mengenmeldung in Form einer Eigenerklärung nach dem KWKG doch für die Berechnung der Konzessionsabgaben ausreichen lässt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang die Frage noch nicht geklärt, ob die Abgrenzung der Drittmengen mit geeichten Zählern erfolgen muss oder nicht. In den hier bekannt gewordenen Fällen war jedenfalls die Abgrenzung mittels geeichter Zähler Voraussetzung für die Anerkennung der Eigenerklärung über Drittmengen.

Hintergrund dieser Problematik ist offenbar das Energiesammelgesetz (EnSaG). Dieses hatte neue Kriterien für die Abgrenzung von Strommengen nach dem EEG festgelegt. Da die KAV durch das EnSaG nicht betroffen war, ist es nur folgerichtig, die Vorgaben des EnSaG nicht auf die KAV zu erstrecken.

Bitte beachten Sie aber, dass eine andere Problematik unverändert besteht: Kann an einem als Kundenanlage betriebener Standort, der in Mittelspannung angeschlossen ist, für Dritte überhaupt eine Tarifkunden-Konzessionsabgabe anfallen (RGC berichtete)? Denn die Diskussion über die Forderung von WP-Testaten war ursprünglich deshalb ausgelöst worden, weil Netzbetreiber für die nach KWKG und EEG gemeldeten Dritten die Differenz zwischen der Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden (0,11 Cent/kWh) und Tarifkunden (zwischen 1,32 und 2,39 Cent/kWh) nachfordern. Da die Diskussion über diese Rechtsauffassung noch nicht beendet ist, sollten Letztverbraucher, die Zweifel an der Korrektheit der Forderung ihres Netzbetreibers haben, ihren Lieferanten frühzeitig anweisen, solche Nachforderungen nicht bzw. nicht vorbehaltlos zu bezahlen.

Zu den Fragen rund um das Thema Messen und Schätzen im Rahmen des EnSaG und des neuen Leitfadens der BNetzA bringen wir Sie in unserem Workshop am 28. November auf den aktuellen Stand. Weitere Einzelheiten finden Sie hier.

BNetzA veröffentlicht Leitfaden zur Kostenerstattung bei der Marktraumumstellung

Große Industrieanlagen können anerkennungsfähige Umstellungskosten vorab bewerten lassen

Die Marktraumumstellung bezeichnet die Umstellung von Netzgebieten mit L-Gasversorgung auf die Gasqualität H-Gas. Diese Umstellung ist notwendig, weil die L-Gas-Vorkommen immer weiter zurückgehen. Aufgrund sinkender Fördermengen ist ein sukzessiver Umstieg auf die ausreichend vorhandene Gasqualität H-Gas erforderlich. Sie erfolgt, indem alle Gasanwendungen und alle Gasverbrauchsgeräte in dem jeweiligen Netzgebiet technisch umgerüstet werden.
Die dabei entstehenden Kosten für Material- und Arbeitsaufwand werden gemäß § 19a EnWG über eine deutschlandweite Umlage finanziert (RGC berichtete). Zusätzlich regelt die GasGKErstV eine Kostenerstattung für den Fall, dass ein Gasheizgerät, das im Rahmen einer häuslichen oder vergleichbaren Nutzung eingesetzt wird, nicht umgerüstet werden kann, sondern ersetzt werden muss (RGC berichtete). 
Da die BNetzA die entstandenen Kosten im Nachhinein auf ihre Umlagetauglichkeit prüft, besteht das Risiko, dass einzelne Kostenpositionen dann nicht anerkannt werden und dann der Letztverbraucher diese Kosten selbst tragen muss. Daher hat die BNetzA nun einen Leitfaden zur Umlage von Kosten für die technischen Anpassungen der Netzanschlüsse, Kundenanlagen und Verbrauchsgeräte im Rahmen der Marktraumumstellung veröffentlicht.
Um das Risiko einer nachträglichen Ablehnung der Kosten für die Beteiligten zu minimieren, bietet die BNetzA die Möglichkeit einer informellen ex-ante-Prüfung für Umstellungsmaßnahmen an, wenn die voraussichtlichen Kosten 5.000 € überschreiten. Damit können vor allem größere Industrieanlagen die Unsicherheiten über die Anerkennungsfähigkeit signifikanter Umstellungskosten vorab prüfen lassen, um spätere Kürzungen im förmlichen Prüfungsverfahren zu vermeiden. Daneben enthält der Leitfaden auch Aussagen darüber, welche Material-, Personal- und Planungskosten grundsätzlich anerkennungsfähig sind.

Drittmengenabgrenzung bei der Konzessionsabgabe

Netzbetreiber fordert Vorlage von WP-Testaten für Selbstverbrauch.

In den letzten Tagen haben zahlreiche Unternehmen in Baden-Württemberg von ihrem Netzbetreiber Aufforderungsschreiben im Zusammenhang mit der Höhe der Konzessionsabgabe erhalten. Darin fordert der Netzbetreiber sowohl für den Verbrauch von Dritten am Standort als auch für den selbstverbrauchten Strom die Vorlage von WP-Testaten und droht mit der Nachberechnung von Tarifkunden-Konzessionsabgabe für die gesamten Strommengen, wenn das Testat nicht fristgerecht vorgelegt wird. 
Offenbar wendet dieser Netzbetreiber die Kriterien für die Abgrenzung von Drittmengen nach dem Energiesammelgesetz (EnSaG) an. Dieses hatte neue Kriterien für die Abgrenzung von Strommengen festgelegt, die an dritte Unternehmen am gleichen Standort weitergeleitet werden. Die mit dem EnSaG eingeführte Definition von Drittmengen und deren Nachweis betrifft jedoch ausdrücklich nur das EEG. Die Konzessionsabgabenverordnung (KAV) wurde durch das EnSaG nicht geändert. Daher gibt es auch keine Änderung bei der Bestimmung von Drittmengen bzw. bei den Nachweispflichten für Drittmengen nach der KAV. Deshalb entbehrt die Forderung eines WP-Testats für selbstverbrauchte Strommengen aus unserer Sicht einer rechtlichen Grundlage.
Abgesehen davon dürfte für die selbstverbrauchten Mengen der allermeisten angeschriebenen Letztverbraucher die Tarifkundenkonzessionsabgabe ohnehin nicht in Betracht kommen, da diese in der Regel an das Mittelspannungsnetz angeschlossen sind.   
Hinsichtlich der weiteren Forderung des v.g. Schreibens, mittels eines WP-Testats nachzuweisen, dass die an Dritte weitergeleitete Strommenge die Voraussetzungen der Konzessionsabgabe für Sonderkunden erfüllt, ist dieses Vorgehen ebenfalls rechtlich zweifelhaft. Auch andere Netzbetreiber hatten für Drittmengen bereits im 1. Quartal dieses Jahres WP-Testate als Nachweise gefordert (RGC berichtete). Denn im Rahmen dieser Forderung ist zu beachten, dass ein als Kundenanlage betriebenes Werksnetz kein Netz im (energie-)rechtlichen Sinne und damit in der Regel nicht Grundlage der Konzession des Netzbetreibers ist.
  
Die pauschale Anwendung der nach EnSaG ermittelten und gemeldeten Drittmengen auf andere Tatbestände wie die Konzessionsabgabe ist nicht ohne weiteres möglich. Letztverbraucher müssen daher besonderes Augenmerk auf ihre Stromrechnungen legen, wenn sie ihren Strom im Rahmen einer all-inklusive-Belieferung beziehen. Der Lieferant wird Nachforderungen des Netzbetreibers ungeprüft mit der Stromabrechnung weitergeben, so dass die Gefahr besteht, dass ungerechtfertigte Nachforderungen der Netzbetreiber vorbehaltlos bezahlt werden. Betroffene Letztverbraucher, die Zweifel an der Korrektheit der Forderung ihres Netzbetreibers haben, sollten daher ihren Lieferanten frühzeitig anweisen, solche Nachforderungen nicht zu bezahlen bzw. ihre Stromrechnungen genau prüfen und sich ggf. rechtlich beraten lassen.