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BMWK stellt Entwurf einer Photovoltaik-Strategie vor: Handlungsfelder zur Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus

Das BMWK hat einen Entwurf seiner Photovoltaik-Strategie veröffentlicht. Es soll der Ausbau der Photovoltaik (PV) beschleunigt werden, um die ehrgeizigen deutschen Klimaziele zu erreichen.

Die Ziele sind ambitioniert: Treibhausgasneutralität im deutschen Stromsektor bis 2035; ein Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von 80% bis 2030.

Um dies zu erreichen, muss der Ausbau der PV massiv beschleunigt werden. Im Jahr 2022 wurden 7 GW an PV ausgebaut, dieser Ausbau muss auf 22 GW mehr als verdreifacht werden. Wie dies gelingen kann (und soll), stellt das BMWK in einem Entwurf seiner PV-Strategie dar. Die Strategie soll zum einen zur Optimierung des Gesamtsystems der Energieversorgung beitragen, als auch Handlungsfelder mit Maßnahmen aufzeigen, durch die der Ausbau der PV beschleunigt werden kann. Den Entwurf finden Sie hier. Das Papier ist allerdings nicht abschließend. Deutschlands PV-Strategie wird laufend evaluiert und aktuellen Entwicklungen angepasst werden müssen.

Das BMWK stellt für jedes Handlungsfeld sein strategisches Zielbild vor, gibt einen Überblick über bereits umgesetzte Maßnahmen und stellt dann die nächsten Schritte und Maßnahmen vor.

Die wichtigsten Handlungsfelder sind:

        1.  Freiflächenanlagen weiter ausbauen

  • Ziel ist der jährliche Zubau von 11 GW PV-Freiflächenanlagen ab 2026
  • Hierfür sollen neue Flächen erschlossen (z.B. durch Privilegierung im Außenbereich nach § 35 BauGB) und Fertigungskapazitäten geschaffen werden

        2.  Photovoltaik auf dem Dach erleichtern

  • Ziel: jährlicher Zubau von 11 GW PV-Dachanlagen ab 2026
  • Das BMWK schlägt folgende Anreize bzw. Abbau von Hemmnissen vor:

            o Grenze der Direktvermarktung von 100 kWp so gestalten, dass sie nicht zur Hemmschwelle wird

            o Anlagenzusammenfassung bei Dachanlagen lockern: Keine/weniger Abhängigkeit von nachbarlichen Anlagen und dadurch nachteilige Auswirkungen auf Schwellenwerte vermeiden.

            o Gebäude im Außenbereich für Dachvergütung zulassen

            o Bürokratieabbau beim Parallelbetrieb von zwei Anlagen auf einem Dach: Streichung von Meldepflichten.

        o Weiterentwicklung zur Vermeidung von Pönalisierungen: u.a. durch Setzung von Anreizen zur Einhaltung der Pflichten nach § 52 EEG

  •  Außerdem prüft das BMWK u.a.  gegenwärtig:

            o Verbesserte Dachnutzung durch geringere Abstandsvorgaben in den BauOen

            o Technische Anforderungen der Direktvermarktung für Kleinanlagen absenken

            o Repowering bei Dachanlagen

            o Wechselrichterverbräuche von Volleinspeiseanlagen mit eigenständiger Netzverknüpfung bürokratiearm                 abrechnen

            o Lösung Wechselwirkung von Denkmalschutzbelangen und PV

        3.  Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung erleichtern

  • Gemeinschaftliche Versorgung innerhalb eines Gebäudes
  • Entbürokratisierung und Weiterentwicklung des bestehenden Mieterstrommodells
  • Finanzielle Mieterbeteiligung („Stadtstrom“)

        4.  Nutzung von Balkonkraftwerken erleichtern

  • Einfache Installation, Aufbau und Inbetriebnahme; Verringerung des Aufwandes für die Meldung

        5. Netzanschlüsse beschleunigen

  • Ziel: Beschleunigung des Netzanschlussverfahrens durch die Einführung massentauglicher Verfahren (flächendeckende Standardisierung und Digitalisierung) sowie verbindlicher Fristen
  • Hierfür sollen zukünftig folgende Maßnahmen getroffen werden:

            o Duldungspflicht für Anschlussleitungen von Freiflächenanlagen 

            o Verkürzung der Frist für den Zähleraustausch auf 1 Monat 

        o Beschleunigung und Vereinfachung der Zertifizierung von Anlagen im Bereich 135-950 kW (dafür u.a. Schaffung einer Datenbank für Einheitenzertifikate)

            o Vereinfachtes Verfahren für Anschluss und Anmeldung kleiner Anlagen  <30 kWp

            o Netzbetreiber sollen Installateure gegenseitig anerkennen – somit sollen Anlagenbetreibern mehr Elektrofachkräfte auch außerhalb ihres Einzugsbereiches zur Verfügung stehen

            o Vereinheitlichung der technischen Anschlussbedingungen und Überprüfung der spezifischen Anforderungen der Netzbetreiber auf Missbräuchlichkeit (z.B. bei Forderung bestimmter Produktmarken oder Gerätetypen)

          6.  Akzeptanz stärken

  • Mehr Akzeptanz und Bürgerbeteiligung, z.B. durch Schaffung von Förderprogrammen 

          7.  Wirksame Verzahnung von Energie und Steuerrecht sicherstellen

  • Für PV-Dachanlagen gab es im Jahressteuergesetz 2022 bereits Erleichterungen
  • Das BMWK will sich für weitere steuerrechtliche Vereinfachungen einsetzen

            o Verlust der Gemeinnützigkeit von Körperschaften bei Stromerzeugung aus PV ausschließen

            o Aufhebung der Pflicht zur Umsatzsteuerjahreserklärung für PV-Kleinunternehmen

            o Gewerbesteuerliche Infizierung der Vermietungseinkünfte durch Lieferung von Strom verhindern

            o Ungleichbehandlung bei der stromsteuerrechtlichen Anlagenverklammerung auflösen

            o Zuordnung von Freiflächen-PV zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ermöglichen

            o Anlagenbetreiber ohne zu versteuernde Strommengen von Anmelde-, Anzeige- und Meldepflichten befreien

            o Wohn-Riester auf PV-Installation, Wärmepumpen-Einsatz und energetische Sanierung

        8.  Lieferketten sichern und wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen

  • Ziel ist die Schaffung einer wettbewerbsfähigen, europäischen Produktion aller (wichtigen) Komponenten von PV-Anlagen sowie des dazugehörigen Intellectual Property.
  • Eine europäische Plattform für Transformationstechnologien soll geschaffen werden. Diese soll helfen, die industriellen Produktionskapazitäten in fünf strategisch wichtigen Technologiebereichen (Windkraft, PV, Elektrolyseure, Stromnetze und Wärmepumpen) in der gesamten EU auszubauen und zu fördern. 

        9.  Fachkräfte sichern

  • Steigerung der Zahl von Fachkräften zur Herstellung, Planung, Installation und Wartung von PV-Anlagen, Stärkung von Ausbildungsangeboten, Fortbildungen und das Fachkräfteangebot (auch aus dem Ausland)

        10. Technologieentwicklung voranbringen

  • Ziel ist, dass durch Forschungsförderung deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen Technologieführer entlang der gesamten Wertschöpfungskette der PV werden.

        11.  Den schnelleren PV-Ausbau auch mit europäischen Instrumenten voranbringen

Dieser Entwurf einer PV-Strategie wurde am 10.03.2023 veröffentlicht. Bis zum 24.03.2023 konnten Stellungnahmen abgegeben werden. Auf Grundlage dieser Rückmeldungen überarbeitet und finalisiert das BMWK nunmehr das Papier. Die finale Strategie wird dann im Mai 2023 vorgestellt. Die enthaltenen Maßnahmen sollen dann in zwei Gesetzespaketen nacheinander umgesetzt werden (Solarpaket I und II).

Autoren: Dr. Franziska Lietz 

                Jan Schlüpmann

Neue Spielregeln bei der Bestimmung der Netzebene?

Gehören Anschlussleitungen zum Netzanschluss oder zum Netz?

Mit der Änderung von § 19 Abs. 3 StromNEV, die am 22. März 2019 wirksam wurde, hat der Verordnungsgeber das singuläre Netzentgelt für Spannungsebenen unterhalb Mittelspannung abgeschafft (RGC berichtete). Fragen wirft jedoch die Begründung der Verordnungsänderung auf (BT Drs. 13/19). Darin hält der Verordnungsgeber das Sonderentgelt nach § 19 Abs. 3 StromNEV für überflüssig, „soweit ein singulär genutztes Betriebsmittel ein Netzanschluss an die vorgelagerte Netzebene ist“.

Ausweislich der Verordnungsbegründung sei der Netzanschluss regulatorisch von dem Verteilernetz zu unterscheiden. Der Netzanschluss verbinde eine elektrische Anlage des Kunden mit dem örtlichen Verteilernetz. Der Netzanschluss werde nach § 6 NAV zwar vom Netzbetreiber hergestellt, sei aber nicht Bestandteil des Verteilernetzes, solange der Netzanschluss allein die Kundenanlage eines Anschlussnehmers mit dem Verteilernetz verbinde. Konsequenterweise geht der Verordnungsgeber deshalb davon aus, dass Netzentgelte der vorgelagerten Netzebene vereinbart werden könnten, wenn ein Betriebsmittel (die Anschlussleitung) singulär dem Anschluss einer Kundenanlage an eine dem Niederspannungsnetz vorgelagerte Netzebene diene und dieses Betriebsmittel als Netzanschluss errichtet und finanziert worden sei. Den „Umweg“ über § 19 Abs. 3 StromNEV bedürfte es in dieser Konstellation nicht.

Soweit ersichtlich haben Netzbetreiber – bis auf wenige Ausnahmen – bisher flächendeckend die Netzebene vom Netzanschlusspunkt abhängig gemacht und diesen Punkt wiederum anhand der Eigentumsgrenze bestimmt. Anders gewendet, war entscheidend, in wessen Eigentum die jeweiligen elektrischen Anlagen standen. Entsprechende Regelungen enthalten die meisten Netzanschlussverträge. Dies führte dann oft zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn der Letztverbraucher z.B. den Bau einer Anschlussleitung bis zur Ortsnetzstation oder zu einem Umspannwerk finanzierte, diese dann aber in das Eigentum des Netzbetreibers überging, der die Leitung seinem Netz zurechnete. Die Eigentumsgrenze verblieb dann quasi am Werkstor mit der Folge, dass weiterhin das Netzentgelt für die Netzebene anfiel, in der am Werkstor der Strom übergeben wurde.

Diese vielfach geübte Praxis der Netzbetreiber steht im Widerspruch zur Betrachtungsweise des Verordnungsgebers, wonach (singulär genutzte und finanzierte) Anschlussleitungen als Teil des Netzanschlusses und nicht des Verteilnetzes angesehen werden. Daher steht die Frage im Raum, ob Netzbetreiber weiterhin die Anschlussnetzebene schlicht anhand der Eigentumsgrenze bestimmen dürfen.

Hieran bestehen erhebliche Zweifel, weil es in der Verordnungsbegründung heißt, dass lediglich klargestellt werde, was seit Inkrafttreten der NAV gegolten habe. Dies unterstellt, hätten zahlreiche Letztverbraucher seit 2006 zu hohe Netzentgelte entrichtet, weil ihre Netzanschlüsse der falschen Netzebene zugeordnet wurden.

Netzbetreiber stützen sich demgegenüber darauf, dass der Netzanschluss Teil des Netzes sei. Aus der Kostentragung für die Herstellung des Netzanschlusses könnten – so die Auffassung der Netzbetreiber – keine Schlüsse über dessen regulatorische Einordnung gezogen werden.

Vor dem Hintergrund der üblichen Praxis von Netzbetreibern, größeren Stromverbrauchern in der Regel einen Netzanschluss nur über eine gesonderte und vom Anschlussnehmer finanzierte Anschlussleitung an die Ortsnetzstation oder das Umspannwerk zu gewähren, stellt die vom Verordnungsgeber beschriebene Einordnung der Netzanschlussebene jedoch eine gerechte Lösung dar. Denn die Kosten für die Errichtung, Unterhaltung und den Ausbau des Netzes werden über die Netznutzungsentgelte finanziert; individuelle Netzanschlüsse sind aber gerade kein Bestandteil des Netzes. Demnach ist der Netznutzer konsequenterweise nicht mit den Netznutzungsentgelten dieser Netzebene zu belasten.

Klarheit in dieser umstrittenen Frage wird aber letztlich wohl nur der Gesetzgeber oder eine obergerichtliche Entscheidung bringen können.