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Europäisches Gericht bestätigt Nichtigkeit der früheren Netzentgeltbefreiung

Die von der EU-Kommission im Jahre 2018 festgestellte Nichtigkeit der Netzentgeltbefreiung in § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV a. F. wurde in erster Instanz gerichtlich bestätigt.

Hintergrund ist die im Jahr 2011 in § 19 Abs. 2 S. 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) geschaffene Möglichkeit, große Stromverbraucher vollständig von den Stromnetzentgelten zu befreien, wenn der Jahresverbrauch 10 GWh und 7.000 Benutzungsstunden überstieg.

Gegen diese Regelung wurde von der EU-Kommission bereits im März 2013 ein europäisches Beihilfeprüfverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Im Mai 2018 hatte die EU-Kommission dann entschieden, dass die Netzentgeltbefreiung der Jahre 2012 und 2013 eine staatliche Beihilfe darstelle, da diese durch die § 19-Umlage finanziert werde (RGC berichtete).

Mehrere betroffene Unternehmen und die Bundesregierung waren vor das Europäische Gericht (EuG) gezogen und hatten den Beihilfecharakter der Netzentgeltbefreiung bestritten. Sie bezogen sich u.a. auf eine Entscheidung des EuG aus dem Jahr 2019, mit welchem das Gericht geurteilt hatte, dass Umlagen aus dem EEG 2012 keine staatliche Beihilfe darstellten und wollten diese Sichtweise auf die Netzentgeltbefreiung übertragen. Das EuG sah den Beihilfecharakter in Bezug auf die Netzentgeltbefreiung aber als gegeben an. Die Entscheidung vom 6. Oktober 2021 finden Sie hier

Die Netzentgeltbefreiung war kurz nach Eröffnung des Beihilfeverfahrens im Jahr 2014 abgeschafft und durch eine Neuregelung von § 19 Abs. 2 S. 2-4 StromNEV ersetzt worden, die nicht Gegenstand des vorgenannten Verfahrens ist. 

Autor Tanja Körtke (RGC)

Studie sieht bestehendes Stromnetzentgeltsystem als Hindernis auf dem Weg zur Klimaneutralität

Die aktuellen Stromnetzentgelte verhinderten Investitionen von Großverbrauchern in den Sektoren Industrie und Verkehr in moderne Technologien

Eine Reform der Netzentgelte für die Nutzung der Stromnetze wird seit Jahren immer wieder diskutiert und stand zuletzt auch als ein Ziel im Koalitionsvertrag. Eine Einigung, in welche Richtung eine solche Reform gehen könnte, gab es bisher jedoch nicht.

Das Institut Agora Energiewende hat untersuchen lassen, welche Hindernisse abgebaut werden müssten, damit die Netzentgeltstruktur Investitionen in z.B. Schlüsseltechnologien für mehr Klimaschutz fördert oder jedenfalls nicht verhindert. Da die Netzentgelte immer weiter steigen, habe deren Höhe Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in strombasierte Prozesse. Die Ergebnisse der Untersuchung hat Agora Energiewende in einem Impulspapier zusammengefasst.

Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die fehlenden örtlichen und zeitlichen Komponenten bei der Festlegung der Netzkosten für Großverbraucher ein wesentliches Hemmnis für Investitionen im Bereich Industrie oder Verkehr geworden sind. Im Rahmen der Energiewende und des Ausbaus erneuerbarer Energien seien u.a. moderne Verbrauchseinrichtungen, die sich an einem flexiblen Stromangebot orientierten, notwendig. Für mehr Klimaneutralität müsste in den Sektoren Verkehr und Industrie z.B. in Elektromobilität, Wärmepumpen oder Wasserstoff-Elektrolyseure investiert werden. Das bestehende Netzentgeltsystem wirke sich jedoch kontraproduktiv aus, da verbrauchsseitige Flexibilität nicht gefördert würde.

Außerdem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Netzentgeltkosten unfair verteilt seien. Denn Verteilernetze mit viel Windkraft hätten aktuell die höchsten Netzentgelte, weil die Anschlusskosten für neue Erzeugungsanlagen nur in dem jeweiligen Verteilnetz anfielen und nicht auf alle Netze gewälzt würden. Dies sei sowohl aus Fairnessgründen, als auch von der Anreizwirkung her falsch. Strom solle dort billig sein, wo er erzeugt wird, so die Studie.

Das Impulspapier enthält Vorschläge für eine Netzentgeltreform. Ob diese von der nächsten Regierung aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten.

Bundesnetzagentur ist nicht unabhängig genug

Europäischer Gerichtshof fordert für die Bundesnetzagentur größere Unabhängigkeit von der deutschen Regierung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 2. September 2021 (Az.: C-718/18) Deutschland aufgefordert, der für die Regulierung der Strom- und Gasnetze zuständigen Bundesnetzagentur (BNetzA) mehr Unabhängigkeit einzuräumen. Die EU-Kommission hatte die Bundesrepublik verklagt, weil diese die europäischen Vorgaben zur Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur missachte und die BNetzA ohne politische Vorgaben handeln können müsse.

Die Richter hoben in der Entscheidung hervor, dass eine völlige Unabhängigkeit der nationalen Regulierer notwendig sei, um zu gewährleisten, dass diese gegenüber Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Einrichtungen unparteiisch und nicht diskriminierend handeln. Die BNetzA untersteht dem Bundeswirtschaftsministerium; sie legt die Regelungen für den Zugang zu den Strom- und Gasnetzen und die dafür erhobenen Netzentgelte auf Basis von verschiedenen Verordnungen fest. Da Verordnungen von der Bundesregierung erlassen werden, befanden die europäischen Richter, dass diese politischen Vorgaben zu eng seien und den Gestaltungsspielraum der Behörde zu stark beschränken würden.

Das Urteil bedeutet also faktisch einen Machtzuwachs für die BNetzA, weswegen befürchtet wird, dass gerichtlich nicht überprüfbare Entscheidungsspielräume für die Behörde entstünden. Zwar hat die BNetzA angekündigt, dass sie ihr Handeln vorerst am bisherigen Rechtsrahmen ausrichten werde. Man werde versuchen, rechtliche Unsicherheiten in der Übergangsphase so weit wie möglich zu reduzieren. Derzeit ist aber völlig unklar, welche konkreten Auswirkungen das EuGH-Urteil auf das Handeln der BNetzA haben wird und wann der deutsche Rechtsrahmen an die Vorgaben des Urteils angepasst sein wird.

Neben der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde adressiert das EuGH-Urteil auch Probleme bei der Umsetzung der europäischen Entflechtungsvorgaben. Bei der Trennung von Erzeugung, Vertrieb und Transport hinke das deutsche Regulierungsrecht den Vorgaben der EU-Richtlinien hinterher. Deshalb werden auch die Entflechtungsvorgaben im Energiewirtschaftsgesetz nachgebessert werden müssen.

BNetzA untersucht erneut mangelhaften Datenaustausch bei Gasverteilnetzbetreibern

Trotz Zusagen der Netzbetreiber stellt die Behörde weiter erhebliche Defizite fest

Der Austausch von Daten zwischen den Netzbetreibern zur Abwicklung der Netznutzung ist in der „Festlegung in Sachen Bilanzierung Gas“ (kurz GaBi Gas 2.0, Az.: BK7-14-020) geregelt worden. Diese Vorgaben sind für die Netzbetreiber in Deutschland verbindlich.

Ein Bestandteil dieser Festlegung ist die sog. Transparenzliste, die vom jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen geführt wird. Dort werden Netzbetreiber aufgeführt, die bei der Datenmeldung nicht die branchenweiten Kriterien einhalten. Die Transparenzlisten finden Sie hier (NetConnectGermany oder Gaspool)
Für die Abwicklung und den Ausgleich der Bilanzkreise ist der reibungslose Datenaustausch unerlässlich. Lieferanten müssen bei der Abwicklung ihrer Lieferungen daher die strengen Vorgaben zur Datenmeldung an die Netzbetreiber einhalten, andernfalls drohen Strafzahlungen.

Im Hinblick auf die Datenmeldungen unter den Netzbetreibern hat die zuständige Beschlusskammer 7 der BNetzA bereits für das Gaswirtschaftsjahr (GWJ) 2018/2019 die Transparenzlisten ausgewertet und erhebliche Verstöße festgestellt. Gegen rund 100 Netzbetreiber hat sie weitere Untersuchungen durchgeführt. Bußgelder wurden nicht verhängt, weil die betroffenen Netzbetreiber die Verbesserung ihrer Datenmeldungen zusagten. 

 
Nun hat die Beschlusskammer erneut die Einhaltung einer ausreichenden Qualität der Datenübermittlungsverpflichtungen für das GWJ 2019/20 anhand der Transparenzliste vorgenommen und festgestellt, dass im Vergleich mit dem vorherigen GWJ auch im GWJ 2019/20 keine grundlegenden Verbesserungen bei der Qualität des Datenaustauschs von Netzbetreibern eingetreten sind.

So beträgt der Anteil der Netzbetreiber, die mindestens einmal auf der Transparenzliste aufgeführt sind, bis zu drei Viertel aller im Marktgebiet registrierten Netzbetreiber. Marktgebietsübergreifend zeigen wiederum rund 90 Netzbetreiber lang andauernde Einträge, d.h. sie sind mindestens sechs Monate mit mehr als 185 Fehlertagen bei einzelnen bzw. mehreren Zeitreihen in der Transparenzliste aufgeführt. Hierunter befinden sich auch 53 Netzbetreiber, die von der Beschlusskammer bereits für das GWJ 2018/19 angeschrieben worden sind.

Die BNetzA hat weitere Untersuchungen angekündigt.

Bilanzausgleichspreis wird um Knappheitskomponente erweitert

Die BNetzA hat den Vorschlag der ÜNB angenommen und beschlossen, dass in bestimmten Situationen der Preis für Bilanzungleichgewichte angepasst wird.

Stromeinspeisungen und -entnahmen werden im deutschen Stromnetz über Bilanzkreise erfasst und müssen stets ausgeglichen sein. Für Ungleichgewichte im Bilanzkreis durch Über- oder Unterspeisungen werden Ausgleichsenergiepreise erhoben. Dieser Ausgleichspreis wird über den Intraday-Markt bestimmt. Grundsätzlich kann ein effizienter Systemausgleich im Stromnetz über diese bereits etablierte Börsenpreiskopplung des regelzonen¬übergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichsenergiepreises (reBAP) erreicht werden. Dennoch waren in jüngster Zeit gravierende Ungleichgewichte in den Bilanzkreisen aufgetreten. Deshalb sahen ÜNB und BNetzA die Notwendigkeit, die Ausgestaltung der Börsenpreiskopplung um eine zusätzliche Absicherung zu ergänzen, die weitere Anrei¬ze zur Vermeidung systemgefährdender Bilanzungleichgewichte setzen soll.

Aufgrund der EU-Verordnung zur „Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem“ ((EU) 2017/2195) sind die deutschen ÜNB ermächtigt, Vorgaben für den Ausgleichenergiepreis zu entwickeln und der BNetzA zur Genehmigung vorzulegen. Das haben die ÜNB im Jahr 2020 getan und einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichsenergiepreises gemacht, wenn eine sog. Knappheitskomponente vorliegt. Diesen Vorschlag hat die BNetzA nun mit Beschluss vom 11. Mai 2021 (Az.: BK6-20-345) festgelegt.

Der Vorschlag für eine Anpassung des reBAP soll insbesondere in Zeitpunk¬ten starker Systemungleichgewichte die Anreize für die Marktteilnehmer erhöhen, für einen ausgeglichenen Bilanzkreis zu sorgen. Dazu dient die sog. Knappheitskomponente: in Viertelstunden, in denen der Saldo des deutschen Netzregelverbundes einen Wert von mehr als 80 % der kontrahierten Regelleistung in der entsprechenden Richtung ausweist, wird im Rahmen der Bilanzkreisabrechnung bei Unter- und bei Überspeisungen der reBAP nach einer neuen Preisformel berechnet, die zu deutlichen Verteuerungen führen kann.

Die Änderungen beim Ausgleichsenergiepreis werden spätestens sechs Monate nach ihrer Genehmigung wirksam.

ÜNBs erhalten die Befugnis, den Strommarkt komplett auszusetzen

BNetzA genehmigt Notfalleingriffe nach dem Systemschutzplan der ÜNBs

Die Betreiber von Übertragungsnetzen (ÜNB) haben im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflichten für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb in ihren Regelzonen zu sorgen. Sie sind außerdem für die Koordination und Kooperation innerhalb des europäischen Verbundnetzes zuständig und müssen Gefährdungen und Störungen der Systemsicherheit durch geeignete Maßnahmen verhindern. Insbesondere besteht gemäß der Verordnung (EU) 2017/2196 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes die Pflicht, einen sog. Systemschutzplan zu erarbeiten.
Dieser Plan sieht u.a. vor, dass bestimmte Marktaktivitäten von den ÜNB zur Gewährleistung der Systemsicherheit herangezogen werden. Dabei kann es – als letztes Mittel – auch zu einer vollständigen Marktaussetzung kommen. Dies gilt, wenn ein kritischer Netzzustand besteht, der Maßnahmen zur Marktaussetzung erforderlich macht, um einen Blackout-Zustand des Netzes noch zu verhindern. Die Aussetzung sämtlicher Marktaktivitäten ist allerdings die letzte Möglichkeit, nach Eintreten des Blackout-Zustands, den Netzwiederaufbau und eine ordnungsgemäße Wiederaufnahme von Marktaktivitäten zu gewährleisten. Bei der Aussetzung   sämtlicher Marktaktivitäten speisen u.a. die Kraftwerke nicht nach Marktnachfrage ein, sondern befolgen die Vorgabe der ÜNB.
Die ÜNBs dürfen den Handel auch dann vollständig aussetzen, wenn es z.B. für mehr als 30 Minuten zu einer Frequenzabweichung von 0,8 Hz kommt oder wenn die notwendigen Kommunikationsmittel zur Weiterführung des Marktes länger als eine halbe Stunde ausfallen.
Der Plan enthält auch Vorgaben zur entsprechenden Kommunikation mit und Information der betroffenen Marktakteure sowie Bestimmungen für die sachgerechte Abrechnung zwischen den Beteiligten.
Die ÜNB hatten den Systemschutzplan aufgestellt und im Markt konsultiert. Nach einigen Anpassungen wurde der Plan nun von der BNetzA am 4. August 2020 genehmigt (Az.: BK6-18-289).

BNetzA eröffnet Bußgeldverfahren nach REMIT-Verordnung

Ermittlungen laufen gegen drei Marktteilnehmer

Die BNetzA ist die zuständige Behörde in Deutschland für den Vollzug der REMIT-Verordnung. Die Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (kurz: REMIT) hat das Ziel, die Transparenz und Stabilität der europäischen Energiemärkte zu erhöhen, wobei insbesondere der Insiderhandel und die Marktmanipulation bekämpft werden.

Nun hat die BNetzA offiziell Bußgeldverfahren gegen drei Unternehmen eröffnet, die im Verdacht stehen, falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots von Strom gesendet und damit den Preis beeinflusst zu haben. Dafür hat die BNetzA über Einhundertmillionen Handels- und Bilanzkreisdaten aus drei Tagen im Juni 2019 ausgewertet.

Die Bußgeldverfahren nach der REMIT-Verordnung beruhen auf Erkenntnissen, die die BNetzA im Rahmen von weiteren Aufsichtsverfahren gewonnen hat, die parallel zu den REMIT-Verfahren laufen. Gegenstand dieser Aufsichtsverfahren sind Verstöße gegen die Pflicht zur ausgeglichenen Bewirtschaftung von Bilanzkreisen. Im Juni 2019 kam es an drei Tagen zu massiven Ungleichgewichten im deutschen Stromnetz. Die Übertragungsnetzbetreiber mussten an diesen Tagen ihre vollständige Regelenergie über längere Zeiträume einsetzen und weitere Maßnahmen ergreifen, um das System stabil zu halten.

In Folge dieser massiven Beeinträchtigungen hatte die BNetzA nicht nur die v.g. Aufsichts- und Bußgeldverfahren eröffnet. Es wurden u.a. auch die Regelungen zur Bilanzkreistreue angepasst (RGC berichtete).

Weitere Informationen finden Sie hier.

BNetzA plant Kostenerleichterung für Gasnetzbetreiber bei der Konvertierung von H- zu L-Gas

Die Versorgungslücke bei L-Gas erfordert die Konvertierung von H-Gas zu L-Gas durch Beimischung von Stickstoff. Ob und welchem Umfang die hierbei anfallenden Kosten für die Netzbetreiber genehmigungsfähig sind, ist Gegenstand einer angelaufenen Konsultation zur Festlegung „KOKOS“.

Derzeit gibt es in Deutschland (noch) zwei unterschiedliche Gasqualitäten, die über jeweils eigene, nicht miteinander verbundene Leitungssysteme transportiert werden: H-Gas und L-Gas. Da die L-Gas-Kapazitäten aufgrund des Produktionsrückgangs in Deutschland und in den Niederlanden zurückgehen, wurde die Umstellung der Gasqualität L-Gas auf H-Gas bereits vor Jahren beschlossen und geplant. Diese sog. Marktraumumstellung hat bereits begonnen (RGC berichtete).

Sofern ein Kunde an das L-Gassystem angeschlossen ist, kann er grundsätzlich nicht einfach mit H-Gas beliefert werden, bevor nicht seine Verbrauchsgeräte und Anlagen entsprechend technisch umgerüstet wurden. Um die Versorgung der L-Gaskunden bis zu dieser Umrüstung zumindest zu einem gewissen Teil sicherzustellen, kann H-Gas durch Beimischung von Stickstoff auf L-Gasqualität konvertiert werden.

Nun gehen die L-Gas-Kapazitäten jedoch schneller und stärker zurück, als geplant. Bis zur Umstellung sämtlicher Netze auf H-Gas wird daher die Konvertierung von H- nach L-Gas nicht nur weiterhin erforderlich sein, sondern wohl auch in einem größeren Umfang. Wird der nötige Stickstoff vor Ort durch eine Zerlegung von Luft hergestellt, ist Energie erforderlich. Die Höhe dieser Energiekosten unterliegt starken Schwankungen und diese Kosten konnten bisher von den Netzbetreibern nur eingeschränkt im Rahmen der Entgeltregulierung geltend gemacht werden. Anders gesagt, waren diese Kosten nicht vollständig in den Netzentgelten enthalten.

Die zuständige Beschlusskammer der BNetzA hat nun die Konsultation eines Festlegungsentwurfs mit dem Titel „KOKOS“ gestartet, der die Anerkennung der durch diese Maßnahmen entstehenden Kosten im Rahmen der Netzentgeltregulierung zum Inhalt hat. Betroffene Wirtschaftskreise und Verbraucher können noch bis zum 26. August 2020 zu dem Festlegungsentwurf Stellung nehmen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Neue Regelungen für die Netznutzung Strom umfasst auch Ladepunkte für E-Autos

Die BNetzA eröffnet ein Konsultationsverfahren für die Festlegung einheitlicher Vertragsbedingungen.

Die Nutzung des Stromnetzes und die Kommunikation zwischen den daran beteiligten Vertragspartnern ist in verschiedenen Festlegungen zur Marktkommunikation, zum Messstellenbetrieb und auch in dem einheitlich festgelegten Lieferantenrahmenvertrag Strom (Netznutzungsvertrag) geregelt. Diese Regelwerke wurden in den letzten Jahren immer wieder angepasst, u. a. um Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) umzusetzen oder den Rollout intelligenter Messsysteme abzubilden.

Nachdem diese Punkte abgearbeitet sind, ergreift die BNetzA die Gelegenheit weitere Optimierungen im Rahmen der Netzzugangsabwicklung auf den Weg zu bringen. Dies betrifft z. B. die Einführung eines elektronischen Preisblattes für Netzentgelte, das eine automatisierte Rechnungsprüfung im Massengeschäft ermöglichen soll. Auch weitere Änderungen und Anpassungen, die nun geplant sind, sollen im Gesamtkontext der Netznutzungsabwicklung die Automatisierung und Digitalisierung vorantreiben und bei allen Akteuren die Effizienz und auch die Abwicklungsgeschwindigkeit erhöhen.

Die zuständige Beschlusskammer 6 der BNetzA hat daher gerade ein Festlegungsverfahren zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen im Strombereich eröffnet. Betroffen von den Änderungen sind die vier Prozessdokumente zur Marktkommunikation, zum Messstellenbetrieb und zur Bilanzkreisabrechnung (GPKE, WiM, MPES und MaBiS), sowie der einheitlich festgelegte Lieferantenrahmenvertrag bzw. Netznutzungsvertrag Strom.

Außerdem hat die Beschlusskammer einen neu erarbeiteten Netznutzungsvertrag Elektromobilität vorgelegt, der an allen Ladepunkten im öffentlichen Netz und in Kundenanlagen künftig die technische Möglichkeit eines bilanziellen Lieferantenwechsels schaffen soll.

Marktbeteiligte können sich an der Konsultation bis zum 22. Juli 2020 beteiligen. Weitere Informationen zur Beteiligung an der Konsultation und die einzelnen Dokumente finden Sie auf der Internetseite der zuständigen Beschlusskammer.

OLG Düsseldorf weist weitere Beschwerden gegen einheitlichen Netznutzungsvertrag Strom zurück

Beschwerden von Industriekunden ohne Erfolg

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 16. Januar 2019 mehrere Beschwerden gegen den von der BNetzA festgelegten einheitlichen Muster-Netznutzungsvertrag Strom abschlägig beschieden. Den Beschlüssen lagen Beschwerden von Industriekunden gegen die BNetzA-Festlegung von einheitlichen Bedingungen zur Netznutzung im Bereich Strom (Az.: BK6-13-042) bzw. der Überarbeitung (BK6-17-168) zugrunde. Mit diesen Festlegungen hatte die BNetzA einen verbindlichen Mustervertrag für die Netznutzung im Bereich Strom sowohl für Lieferanten (Lieferantenrahmenvertrag) als auch für Letztverbraucher vorgegeben, der ab 1. Januar 2016 (bzw. ab 1. April 2018 für die Überarbeitung) von allen Netzbetreibern verwendet werden muss.
In den Entscheidungen sah das OLG Düsseldorf (Az.: VI-3 Kart 118/18 [V] u.a.) die detaillierten Vorgaben der BNetzA für die vertragliche Regelung der Netznutzung als rechtmäßig an. Insbesondere die Regelung, wonach Netzbetreiber eine Anpassung der Netzentgelte vornehmen könnten, soweit sich dies aus gesetzlichen, behördlichen oder gerichtlichen Vorgaben ergebe, sei zulässig. Das OLG Düsseldorf betonte, dass sichergestellt sein müsse, dass Veränderungen der Rechtslage oder Entscheidungen der Regulierungsbehörde und Gerichte nicht vom Netzbetreiber als eigenes Risiko getragen würden, sondern an den Vertragspartner durchgereicht werden könnten.
Auch die fristlose und ankündigungslose Unterbrechung der Stromentnahme bzw. des Netzanschlusses im Falle einer fehlenden Bilanzkreiszuordnung hält das OLG für sachgerecht. Es entspräche der gesetzgeberischen Wertung, dass der Netznutzer selbst dafür Sorge trage, dass seine Entnahmestelle einem Bilanzkreis zugeordnet ist. Auch wenn er diese Aufgabe einem Dritten (z.B. Lieferant) übertrage, bleibe er dafür verantwortlich. Für Letztverbraucher in Niederspannung habe der Gesetzgeber die Ersatzversorgung vorgesehen, weil er diese Kunden als besonders schutzwürdig ansehe. Zugunsten der Letztverbraucher in höheren Spannungsebenen habe der Gesetzgeber dagegen kein vergleichbares Auffangnetz geregelt, so dass diese selbst dafür verantwortlich blieben, alle Voraussetzungen für die Netznutzung sicherzustellen. 
Auch die weitgehende Haftungsbegrenzung sei angesichts der enormen finanziellen Belastung für den Netzbetreiber im Schadensfall der Höhe nach und auch unter Berücksichtigung von Zumutbarkeitskriterien der Letztverbraucher sachlich gerechtfertigt.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf war in der Form zu erwarten, da in anderen Beschwerdeverfahren ähnlich entschieden wurde (RGC berichtete). Die Entscheidungen sind aber vor allem deshalb problematisch, weil sie den ohnehin verhandlungsmächtigeren Netzbetreibern ein großes Schutzbedürfnis zusprechen und den Letztverbrauchern eine Verhandlungsmacht unterstellen, die in der Praxis nicht gegeben ist.